Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Eintönig schön

Viele Künstler kommen auch ohne Farben aus – Düsseldorf­er Museum zeigt Kunst in Schwarz und Weiß

- Von Ulrike Hofsähs

DÜSSELDORF (dpa) - Alles ist grau, und das auf 250 Quadratmet­ern: Bibliothek, Sessel, der Flügel, volle Aschenbech­er und zerquetsch­te Getränkedo­sen. Nur die Besucher bringen Farbe in die monumental­e, begehbare Installati­on „The Collector's House“(Das Haus des Sammlers) des Belgiers Hans Op de Beeck.

Die Szene wirkt wie versteiner­t, die Menschen darin völlig fremd. Das große Grau umfängt den Besucher in der Ausstellun­g im Düsseldorf­er Museum Kunstpalas­t. „Black & White. Von Dürer bis Eliasson“handelt von rund 100 Kunstwerke­n in Schwarz und Weiß, vom Mittelalte­r bis heute. Und auch die vielen Töne dazwischen sind natürlich Thema.

Die Ausstellun­g dauert noch bis zum 15. Juli. Zuvor waren weite Teile der Schau bis Mitte Februar in der National Gallery in London unter dem Titel „Monochrome“zu sehen. In Düsseldorf ist die Präsentati­on um Fotografie erweitert.

Arbeiten von 75 Künstlern aus 700 Jahren zeigen Kraft und Wirkung einer reduzierte­n Farbpalett­e. Das Spektrum der Leihgaben reicht von Werken von Rembrandt und Rubens, dem einzig bekannten Grisaille-Gemälde von Edgar Degas „Ballett-Probe auf der Bühne“von 1874, über Bilder von Jackson Pollock bis zu Gerhard Richter und den Zero-Künstlern Otto Piene, Heinz Mack und Günther Uecker. Mit Gemälden, Kirchenkun­st, Glasmalere­i, Fotografie­n und Installati­onen gibt die Schau einen Überblick über Kunst, die (fast) ohne Farbe auskommt.

Ein Hauptwerk dabei ist die nackte „Odaliske in Grisaille“mit ihrem unendlich langen Rücken von Ingres, die vom Anfang des 19. Jahrhunder­ts stammt. Als Neuheit in Düsseldorf hängt genau gegenüber ein FrauenAkt, natürlich in Grau, den Pablo Picasso 1970 mit kräftigem Pinselstri­ch auf die Leinwand gebracht hat. Das Bild stammt aus einer Privatsamm­lung.

Rembrandt tat es, Albrecht Dürer und auch Peter Paul Rubens: Sie schufen Bilder, die auf Farbe nahezu verzichten, mit Licht und Schatten spielen und eine zum Greifen nahe Räumlichke­it schaffen. Im Entwurf für eine Silberscha­le etwa malt Rubens die Geburt der Venus. Die ovale Skizze zeigt zarte beige und graue Abstufunge­n und doch scheint die Szene plastisch. Geradezu frech wirkt ein Gemälde von 1770, das eine Küchenmagd abbildet. Das Glas im Rahmen scheint zersplitte­rt und teils herausgefa­llen. Heute noch fallen Betrachter auf die Illusionsm­alerei von Etienne Moulinneuf herein.

„Ideale Farbe des Schweigens“

Gerhard Richter würdigte das Grau einmal als ideale Farbe des „Schweigens“. Vier Arbeiten des berühmtest­en zeitgenöss­ischen deutschen Malers hängen in der Ausstellun­g. Darunter ist auch das von einem Foto inspiriert­e, verschwomm­ene Porträt „Helga Matura mit Verlobtem“. Die Frankfurte­r Prostituie­rte war 1966 ermordet worden, das Medienecho gewaltig.

Im Gegensatz zur Schwestera­usstellung in London zeigt Düsseldorf auch Schwarz-Weiß-Fotografie. „Es war mir ein besonderes Anliegen“, sagt Felix Krämer, der Generaldir­ektor des Museums Kunstpalas­t. An den Wänden hängen Arbeiten von Karl Blossfeldt, Katharina Sieverding, Robert Mapplethor­pe und Rosemarie Trockel.

Der dänische Künstler Olafur Eliasson setzt den Schlusspun­kt. In seiner Installati­on „Room for one colour“erstrahlt senfgelbes, monofreque­ntes Licht. Das führt dazu, dass jeder Besucher grau aussieht, gleich wie bunt seine Kleidung ist. Fotografie­ren ist ausdrückli­ch erwünscht.

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FOTOS: DPA „Kinematisc­he Scheibe XXVIII“(li.) und „Kinematisc­he Scheibe XXX“stammen vom Künstler Wolfgang Ludwig und wurden im Jahr 1970 geschaffen.
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Der belgische Künstler Hans Op de Beeck präsentier­t in Düsseldorf seine skulptural­en Installati­on „Das Haus des Sammlers“.
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Picasso hat das Bild „Nu couché“1970 in Schwarz und Weiß gemalt.

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