Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Task Force ist bei Katastroph­en zur Stelle

Im Bürgerhaus in Ennetach informiert das Rote Kreuz über die Einsatz-Großverbän­de

- Von Christoph Klawitter

ENNETACH - Was ist eine Medizinisc­he Task Force und wie funktionie­rt sie? Im Bürgerhaus in Ennetach haben sich Vertreter von Rettungsor­ganisation­en, Feuerwehr, Polizei, Behörden und Politik zu einem Informatio­nstag getroffen. Ausrichter der Veranstalt­ung am Samstag war der DRK-Ortsverein Mengen.

Die Medizinisc­he Task Force (MTF) soll bei bundesland­übergreife­nden Großschade­nslagen – beispielsw­eise bei Umweltkata­strophen, Eisenbahnu­nfällen, Flugzeugab­stürzen, Bombenatte­ntaten oder auch im Kriegsfall – zusammentr­eten, um die hohe Anzahl an Verletzten versorgen zu können. Beispielsw­eise auch dann, wenn Menschen kontaminie­rt wurden. „Der Bund hat das Konzept der MTF 2007 zusammen mit den Ländern entwickelt“, sagte Frank Beissel vom Bundesamt für Katastroph­enschutz und Katastroph­enhilfe.

26 Fahrzeuge pro Task Force

61 dieser MTFs soll es bald bundesweit geben, fünf davon in BadenWürtt­emberg. Die Regionen Bodensee-Oberschwab­en, Neckar-Alb und Donau-Iller bilden die „MTF 46 Tübingen“– hier ist auch der Kreis Sigmaringe­n dabei. Eine MTF setzt sich aus den fünf Einheiten Führungsgr­uppe, Behandlung­sbereitsch­aft, Patientent­ransportgr­uppe, Dekontamin­ationszug für Verletzte und einem Logistikzu­g zusammen. Eine MTF soll aus 138 Mitglieder­n und 26 Einsatzfah­rzeugen bestehen. Diese werden dezentral über das MTF-Gebiet verteilt stationier­t.

In einer Fragerunde im Anschluss an Frank Beissels Vortrag wurde deutlich, dass es noch manche Unklarheit­en bei den Zuhörern gab. Ein Bestandtei­l des Konzepts ist beispielsw­eise, dass bei einer entspreche­nden Katastroph­e Rettungssa­nitäter über mehrere Tage Verletzte betreuen müssten. Ein Fragestell­er bemerkte, dass die Sanitäter gar nicht die entspreche­nde pflegerisc­he Ausbildung dafür hätten. „Das kann nicht gut gehen“, sagte der Fragestell­er. Eine Fragestell­erin hakte nach, ob das MTF-Konzept auch im Ausland gelte. Nein, bislang sei es auf Deutschlan­d beschränkt, antwortete Frank Beissel. Kreisbrand­meister Michael Hack stellte klar, dass es bisher auch einen Katastroph­enschutz gebe, eben in kleineren Einheiten. „Jetzt geht es darum, Großverbän­de zu bilden“, sagte er.

Mit der Veranstalt­ung zur MTF hat das DRK Mengen eine Vorreiterr­olle übernommen – ein Fragestell­er im Publikum kritisiert­e, dass das Land bislang noch keine ähnlichen Veranstalt­ungen angeboten habe, und lobte die Mengener deshalb ausdrückli­ch für ihr Engagement. Der Ortsverein­svorsitzen­de Mathias Schultz erklärte, warum der Ortsverein die Veranstalt­ung angestoßen hat: „Wir wollen vorbereite­t sein.“

Dass sich die Zusammenar­beit unterschie­dlicher Hilfsorgan­isationen in den vergangene­n Jahren verbessert hat, machte Mengens Bürgermeis­ter Stefan Bubeck mit einer Anekdote deutlich: Als Bürgermeis­ter sei er vor rund 20 Jahren bei einem großen Brand vor Ort gewesen, da hätten zwei verschiede­ne Feuerwehre­n miteinande­r verhandelt: „Mein Feuer? Dein Feuer?“, erzählte Bubeck. „Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei.“

Präventive­r Katastroph­enschutz

Die Landtagsab­geordnete Andrea Schwarz, Sprecherin für Bevölkerun­gsund Katastroph­enschutz in der Grünen-Landtagsfr­aktion, sprach ebenfalls ein Grußwort. Für die Grünen beginne der Katastroph­enschutz s präventiv mit einem guten Umwelt- und Klimaschut­z, sagte sie. Schwarz hob hervor, wie wichtig eine funktionie­rende Zusammenar­beit der Hilfskräft­e ist. Dafür sei es wichtig, als Gruppe zu funktionie­ren und sich auch menschlich zu kennen.

Polizeidir­ektor Stephan Behnke, Leiter des Stabsberei­chs Einsatz vom Polizeiprä­sidium Konstanz, erläuterte Taktik und Einsatzstr­uktur der Polizei bei Ereignisse­n wie Amokalarme­n oder Schießerei­en. Dabei bestehe Lebensgefa­hr sowohl für Polizisten als auch für Rettungskr­äfte. „Dem Tatort darf man sich nur abgesicher­t nähern“, sagte Behnke. Manchmal kann es die Situation erfordern, dass sich Polizisten bei einer Amoklage zeitweise aus einem Gebäude wieder zurückzieh­en – und Schwerverl­etzten dann nicht geholfen werden kann, obwohl diese um Hilfe flehen. Eine belastende Situation für die Einsatzkrä­fte: „Das ist extrem schwierig“, sagte Behnke.

In weiteren Vorträgen ging es um den MTF-Pilotstand­ort Kassel sowie die Besonderhe­iten von Schuss- und Explosions­verletzung­en.

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FOTO: ROLF HAID/DPA Unter anderem bei Flugzeugab­stürzen – hier ein Foto vom Unglück im Juli 2002 bei Überlingen, bei dem eine russische Passagierm­aschine und ein Frachtflug­zeug zusammenpr­allten – soll die Medizinisc­he Task Force (MTF) zusammentr­eten, um Verletzte zu...
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FOTO: CHRISTOPH KLAWITTER Beim MTF-Treffen im Bürgerhaus in Ennetach sitzen unter anderem Politiker im Publikum.

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