Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Task Force ist bei Katastrophen zur Stelle
Im Bürgerhaus in Ennetach informiert das Rote Kreuz über die Einsatz-Großverbände
ENNETACH - Was ist eine Medizinische Task Force und wie funktioniert sie? Im Bürgerhaus in Ennetach haben sich Vertreter von Rettungsorganisationen, Feuerwehr, Polizei, Behörden und Politik zu einem Informationstag getroffen. Ausrichter der Veranstaltung am Samstag war der DRK-Ortsverein Mengen.
Die Medizinische Task Force (MTF) soll bei bundeslandübergreifenden Großschadenslagen – beispielsweise bei Umweltkatastrophen, Eisenbahnunfällen, Flugzeugabstürzen, Bombenattentaten oder auch im Kriegsfall – zusammentreten, um die hohe Anzahl an Verletzten versorgen zu können. Beispielsweise auch dann, wenn Menschen kontaminiert wurden. „Der Bund hat das Konzept der MTF 2007 zusammen mit den Ländern entwickelt“, sagte Frank Beissel vom Bundesamt für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe.
26 Fahrzeuge pro Task Force
61 dieser MTFs soll es bald bundesweit geben, fünf davon in BadenWürttemberg. Die Regionen Bodensee-Oberschwaben, Neckar-Alb und Donau-Iller bilden die „MTF 46 Tübingen“– hier ist auch der Kreis Sigmaringen dabei. Eine MTF setzt sich aus den fünf Einheiten Führungsgruppe, Behandlungsbereitschaft, Patiententransportgruppe, Dekontaminationszug für Verletzte und einem Logistikzug zusammen. Eine MTF soll aus 138 Mitgliedern und 26 Einsatzfahrzeugen bestehen. Diese werden dezentral über das MTF-Gebiet verteilt stationiert.
In einer Fragerunde im Anschluss an Frank Beissels Vortrag wurde deutlich, dass es noch manche Unklarheiten bei den Zuhörern gab. Ein Bestandteil des Konzepts ist beispielsweise, dass bei einer entsprechenden Katastrophe Rettungssanitäter über mehrere Tage Verletzte betreuen müssten. Ein Fragesteller bemerkte, dass die Sanitäter gar nicht die entsprechende pflegerische Ausbildung dafür hätten. „Das kann nicht gut gehen“, sagte der Fragesteller. Eine Fragestellerin hakte nach, ob das MTF-Konzept auch im Ausland gelte. Nein, bislang sei es auf Deutschland beschränkt, antwortete Frank Beissel. Kreisbrandmeister Michael Hack stellte klar, dass es bisher auch einen Katastrophenschutz gebe, eben in kleineren Einheiten. „Jetzt geht es darum, Großverbände zu bilden“, sagte er.
Mit der Veranstaltung zur MTF hat das DRK Mengen eine Vorreiterrolle übernommen – ein Fragesteller im Publikum kritisierte, dass das Land bislang noch keine ähnlichen Veranstaltungen angeboten habe, und lobte die Mengener deshalb ausdrücklich für ihr Engagement. Der Ortsvereinsvorsitzende Mathias Schultz erklärte, warum der Ortsverein die Veranstaltung angestoßen hat: „Wir wollen vorbereitet sein.“
Dass sich die Zusammenarbeit unterschiedlicher Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren verbessert hat, machte Mengens Bürgermeister Stefan Bubeck mit einer Anekdote deutlich: Als Bürgermeister sei er vor rund 20 Jahren bei einem großen Brand vor Ort gewesen, da hätten zwei verschiedene Feuerwehren miteinander verhandelt: „Mein Feuer? Dein Feuer?“, erzählte Bubeck. „Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei.“
Präventiver Katastrophenschutz
Die Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz, Sprecherin für Bevölkerungsund Katastrophenschutz in der Grünen-Landtagsfraktion, sprach ebenfalls ein Grußwort. Für die Grünen beginne der Katastrophenschutz s präventiv mit einem guten Umwelt- und Klimaschutz, sagte sie. Schwarz hob hervor, wie wichtig eine funktionierende Zusammenarbeit der Hilfskräfte ist. Dafür sei es wichtig, als Gruppe zu funktionieren und sich auch menschlich zu kennen.
Polizeidirektor Stephan Behnke, Leiter des Stabsbereichs Einsatz vom Polizeipräsidium Konstanz, erläuterte Taktik und Einsatzstruktur der Polizei bei Ereignissen wie Amokalarmen oder Schießereien. Dabei bestehe Lebensgefahr sowohl für Polizisten als auch für Rettungskräfte. „Dem Tatort darf man sich nur abgesichert nähern“, sagte Behnke. Manchmal kann es die Situation erfordern, dass sich Polizisten bei einer Amoklage zeitweise aus einem Gebäude wieder zurückziehen – und Schwerverletzten dann nicht geholfen werden kann, obwohl diese um Hilfe flehen. Eine belastende Situation für die Einsatzkräfte: „Das ist extrem schwierig“, sagte Behnke.
In weiteren Vorträgen ging es um den MTF-Pilotstandort Kassel sowie die Besonderheiten von Schuss- und Explosionsverletzungen.