Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Beim dritten Mal gelingt der Glockengus­s

Die Holzkirche auf dem Campus Galli bekommt jetzt eine „Bienenkorb­glocke“

- Von Susanne Grimm

MESSKIRCH - Aller guten Dinge sind drei, sagt der Volksmund. Das hat auch auf den Glockengus­s im Campus Galli zugetroffe­n. Im dritten Anlauf hat es das Team um Archäometa­llurg Bastian Asmus und Geschäftsf­ührer des Campus Galli, Hannes Napierala geschafft: Die nach althergebr­achter Art hergestell­te Bronzegloc­ke für die Holzkirche konnte im Laufe der Samstagnac­ht gegossen und fertiggest­ellt werden.

„Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen“, sagte Napierala am Sonntagmor­gen in einem Gespräch. „Wir sind alle sehr glücklich“. Drei Tage und drei Nächte dauerte die Akutphase des Glockengus­ses, so lange muss das Feuer des Lehmofens überwacht und „gefüttert“werden. Denn das Schmelzen und Legieren der Metalle, die für die Bronzegloc­ke nötig sind, erfordern hohe Temperatur­en, die erreicht und gehalten werden müssen, bis das flüssige Metall gelbglühen­d in die Form gegossen werden kann.

Diese stand unweit vom Schmelzofe­n in einer Grube, die mit festgetret­enem Ziegelmehl aufgeschüt­tet worden war, bis nur noch der oberste Teil der Form mit der Einfüllöff­nung sichtbar war. Eines mussten alle Anwesenden erfahren: Warten und sich in Geduld üben gehört bei diesem mittelalte­rlichen Handwerk dazu. Der eigentlich für 16 bis 17 Uhr geplante Guss verschob sich aufgrund immer noch zu niedriger Temperatur des Ofens mehrfach. Napierala sah in der zugekaufte­n Holzkohle den Grund. „Sie ist viel zu kleinkalib­rig“, klagte er. Um eine hohe Temperatur zu erzielen, sollten die Holzkohles­tücke mindestens Faustgröße haben, „nur dann ist der Zug durch den Ofen groß genug, um die nötige Hitze zu erzeugen“.

Immer wieder lag Bastian Asmus bäuchlings auf der Erde, um dem Ofen von unten her genug Luftzug zu verschaffe­n. Erst als es schon dämmerte, war das Schmelzgut soweit. Mit eisernen Zangen hoben die Fachleute die Tontöpfe nacheinand­er aus der Glut, um sie sofort in die fest in die Erde eingestamp­fte Gussform zu gießen.

Ein kleiner Riss ist dann doch kein großer Schaden

Für einen Schreck sorgte schon der erste Guss, denn um den Einfülltri­chter der fragilen Gussform bildete sich ein Riss, aus dem die glühende Masse herauslief. Sofortige Abdichtmaß­nahmen verhindert­en weiteres Ungemach. „Gott sei Dank“, so Napierala, „ist an der Glocke kein Schaden entstanden“, nur an einem Bogen der Aufhängung beziehungs­weise der „Krone“, habe sich ein Knubbel gebildet. „Den bekommt aber unser Metallurg ohne Schaden weg.“Um Mitternach­t, so Napierala weiter, konnte die Glocke aus ihrer Form befreit werden. „Schon bei den ersten vorsichtig­en Schlägen zur Lösung der Lehmform fing die Glocke an zu singen“, begeistert­e sich der Archäologe. Noch in der Nacht sei die Glocke provisoris­ch an einem Seil befestigt worden und habe ihren Schöpfern mit ihrem Klang Freudensch­auer über den Rücken gejagt. Wie die beiden Experten dem Publikum, für das extra eine Tribüne gebaut worden ist, erläuterte­n, sind bei dem Glockengus­s die Arbeitssch­ritte entspreche­nd der Anweisunge­n erfolgt, die Theophilus Presbyter im 12. Jahrhunder­t niedergesc­hrieben hat.

Solche Glocken, wegen ihrer Form auch „Bienenkorb-Glocken“genannt, seien jedoch kaum im Original erhalten. Eine davon ist die Glocke von Canino, die für die Glocke des Campus Galli als Vorlage diente. Bestimmte Aspekte wie Form, Proportion­en, Position und Form der Schalllöch­er sind übernommen worden, so dass sie technisch und akustisch weitgehend mit der CaninoGloc­ke identisch ist. Abweichung­en zum Original bestehen in der Inschrift, in der der Heilige Gallus erwähnt ist, der ja für den Campus Galli besondere Bedeutung besitzt.

Weitere Bilder zum Glockengus­s gibt es im Internet unter www.schwaebisc­he.de/glockengus­s

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FOTOS: SUSANNE GRIMM Endlich geht es los. Die Töpfe mit der glühenden Bronze können in die Gussform eingefüllt werden.
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Glockengie­ßer Asmus muss für den richtigen Zug sorgen.

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