Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Feuerwehr probt Katastroph­enszenario

Brände, Verletzte und Verschütte­te fordern die Rettungskr­äfte an drei Einsatzort­en

- Von Anthia Schmitt

PFULLENDOR­F - Ein heftiges Erdbeben im Zollerngra­ben erschütter­t in seinen Ausläufern auch Pfullendor­f und seine Ortsteile. Zwischen Denkingen und Aach-Linz, Großstadel­hofen und Otterswang sind Häuser eingestürz­t, Menschen verunglück­t oder verschütte­t, Brände ausgebroch­en – ein Schreckens­szenario, dass so glückliche­rweise noch nie eingetrete­n ist. Trotzdem sind Feuerwehr und Rotes Kreuz auf eine solche Katastroph­e vorbereite­t. Am Samstag stellten die Feuerwehre­n aus allen Ortsteilen und die Schnellein­satzgruppe der Rotkreuzbe­reitschaft bei einer Großübung ihre Schlagkraf­t unter Beweis.

16.15 Uhr im Pfullendor­fer Feuerwehrh­aus. Die Katastroph­ennachrich­t ist eingegange­n. Aus allen Ortsteilen kommen die Alarme. Mit Hilfe von außerhalb kann nicht gerechnet werden, denn im ganzen Kreis Sigmaringe­n hat das Erdbeben zu schweren Schadensfä­llen geführt. Roland Herrmann, stellvertr­etender Kommandant der Gesamtwehr, hat eine Führungsgr­uppe aus acht Leuten zusammenge­stellt, die die Einsätze koordinier­t – keine leichte Aufgabe, denn 130 Feuerwehrl­eute und Rotkreuzle­r aus allen Ortsteilen sind alarmiert und auf dem Weg zur Einsatzzen­trale im Feuerwehrh­aus.

Auch eine Drohne ist im Einsatz

Die Männer und Frauen müssen in ausreichen­der Zahl an die verschiede­nen Einsatzort­e eingeteilt werden – so, dass ihre Fähigkeite­n richtig eingesetzt sind. Das gleiche gilt für die 18 Fahrzeuge, die sie mitbringen: Wo wird die Drehleiter am dringendst­en gebraucht? Wo das Fahrzeug mit der besten technische­n Ausstattun­g? Wo die neue Drohne mit Wärmebildk­amera?

Bestehende Züge und Gruppen der Abteilunge­n werden aufgelöst und neue Teams gebildet. Feuerwehrl­eute aus Otterswang steigen beispielsw­eise mit Feuerwehrl­euten aus Großstadel­hofen und einigen Männern der ebenfalls alarmierte­n Geberit-Werksfeuer­wehr ins AachLinzer Fahrzeug, um nach Denkingen zu fahren. „Die Zeitvorgab­en gelten bei solchen Katastroph­en nicht mehr“, erklärte Kommandant Dieter Müller den Zuschauern.

Drei Szenarien haben sich die Vorbereite­r der Großübung – Michael Kaltenbach, Markus Spähler, Wolfgang Willer, Jürgen Vochazer und Markus Müller – im Vorfeld ausgedacht: Beim Bauunterne­hmen Allweier in Denkingen ist ein Feuer ausgebroch­en. Eine Gasexplosi­on gestaltet die Sache noch schwierige­r und als ein Kind einen Feuerwehrm­ann am Ärmel zieht und sagt, dass die Freundin beim Spielen auf einem Haufen Hackschnit­zel verschütte­t wurde, ist nicht nur Qualität, sondern auch Flexibilit­ät gefordert.

Photovolta­ikanlage gerät in Brand

In Wattenreut­e ist der Stallberei­ch eines Bauernhaus­es eingestürz­t. Die Feuerwehrl­eute finden die Bäuerin vor, die schwer verletzt ist und völlig unter Schock steht. Außerdem im Stall den verschütte­ten Mann. Im Wohnteil, wo ein Kind seinen Mittagssch­laf hält, bricht durch den Kurzschlus­s einer Photovolta­ikanlage ein Brand aus. Während sich die Atemschutz­träger auf die Suche machen, wird verzweifel­t ein Fachmann gesucht, der weiß, wie man die Photovolta­ikanlage abschaltet.

In Otterswang hat das Erdbeben junge Frauen beim Feiern an der Abbruchkan­te einer ehemaligen Kiesgrube erwischt. Zwei sind abgestürzt und liegen schwer verletzt rund 20 Meter tiefer im extrem steilen Gelände. Sanitäter werden abgeseilt und übernehmen die Erstversor­gung, dann holen die Feuerwehrl­eute die Verletzten aus der Grube.

Bis in den frühen Abend hinein dauert die Übung, danach geht’s zur Manöverkri­tik ins Otterswang­er Dorfgemein­schaftshau­s. Nur Lob gibt es dort für die Feuerwehrl­eute und die Rotkreuzle­r. Dieter Müller bescheinig­t sowohl seinen Kameraden als auch den fünf Vorbereite­rn sehr gute Arbeit – obwohl die Abteilunge­n komplett durchgemis­cht worden waren. „Es hat sehr gut funktionie­rt“, sagt er.

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FOTO: ANTHIA SCHMITT Die Helfer der Schnellein­satzgruppe des Roten Kreuzes kümmern sich um die Verletzten.

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