Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sein erster Haushalt birgt viel Zündstoff

Finanzmini­ster Olaf Scholz verteidigt sich gegen Kritik aus der Union

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Eigentlich hat er allen Grund zum Strahlen. Der neue Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) ist für einen Bundeshaus­halt zuständig, der so viel Mehreinnah­men hat wie selten. 46 Milliarden Euro zusätzlich sind zu verteilen. Darum gibt es jedoch Streit. Die Unionsmini­ster Ursula von der Leyen (CDU) und Gerd Müller (CSU) fordern dringend mehr Geld für ihre Ressorts.

Ist es ein Kompliment, mit Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) verglichen zu werden? Für Olaf Scholz wohl eher ja. Denn er ist stolz, wie sein Vorgänger eine schwarze Null schreiben zu wollen. Solide Haushaltsp­olitik ohne neue Schulden, dieses Markenzeic­hen will Scholz von seinem Vorgänger übernehmen. Und als Sozialdemo­krat kann er zudem strahlend verkünden, dass man für mehr soziale Gerechtigk­eit sorgen will. „Die neue Bundesregi­erung investiert in sozialen Zusammenha­lt“, verkündet er. Kindergeld und Kinderfrei­betrag werden erhöht, es werden Milliarden in die Bildung investiert und ein Programm für 150 000 Langzeitar­beitslose geschaffen. Das Wohnkinder­geld soll Familien unterstütz­en und Breitbandn­etze sollen ausgebaut werden.

Zu wenig Investitio­nen

Und doch hagelt es Kritik. Alle voran aus dem eigenen Kabinett. Entwicklun­gsminister Müller und Verteidigu­ngsministe­rin von der Leyen beschweren sich, dass sie nicht genug Geld bekommen. Der Verband der Familienun­ternehmer findet, es sei zu wenig Geld für Investitio­nen da. Und der CDU-Haushälter Eckhart Rehberg spricht von „einigen Lücken“in der Finanzplan­ung. „Dass Scholz die Investitio­nen in 2021 und 2022 deutlich sinken lassen will, bedarf einer Korrektur“, so Rehberg.

Der Bund der Steuerzahl­er meint bereits jetzt, dass „Finanzmini­ster Olaf Scholz alle Mühe haben wird, mit diesen Eckwerten die schwarze Null zu halten.“Die unzähligen Subvention­s-, Förder- und Klientel-Programme des Koalitions­vertrags drohten den Bundeshaus­halt zu ruinieren, betont Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahl­er.

Olaf Scholz ist erst 43 Tage im Amt. Aber er hat sich auch als Hamburger Bürgermeis­ter mit den Finanzen beschäftig­t und ist Fachmann beim Thema Bund-Länder-Finanzen. Jetzt betrachtet er das Ganze von Berlin aus, er hat die Alster gegen die Spree getauscht. 341 Milliarden Euro Ausgaben hat der Bundeshaus­halt

2018, 356 Milliarden Euro soll er 2019 haben. Nettokredi­taufnahme null. Investitio­nen von 37 Milliarden Euro in

2018, 37,9 Milliarden Euro in 2019. Also rund zehn Prozent des Gesamthaus­halts.

Zu wenig? Scholz kontert bei der Vorstellun­g seines Haushalts, dass die Investitio­nsausgaben massiv ansteigen. Ein Teil der Gelder gehe ja an die Länder, die damit zum Beispiel in Schulen investiert­en. „Manche Investitio­n wird nicht unter Investitio­nen verbucht“, belehrt Scholz die Journalist­en und die Öffentlich­keit. Und was den versproche­nen Abbau der kalten Progressio­n angehe, da rechne man noch. Aber für den schrittwei­sen Abbau des Solizuschl­ags ab 2021 sind schon zehn Milliarden Euro eingeplant. Noch nicht klar ist, wie viel Geld Deutschlan­d künftig nach Brüssel geben muss. Wenn man EU-Kommissar Günter Oettingers Vorschlag folge und um ein Prozent erhöhe, dann seien das zehn Milliarden Euro mehr pro Jahr für Deutschlan­d.

Im sozialen Wohnungsba­u hält Scholz die Trendwende für erreicht. Die Förderung hört jetzt nicht 2019 auf, sondern geht in den zwei Folgejahre­n weiter. Mit einer Grundgeset­zänderung eröffnet man dem Bund die Möglichkei­t, weitere zwei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Und anders als in der Vergangenh­eit soll auch gewährleis­tet sein, dass diese Mittel nicht in den Länderhaus­halten verschwind­en können, sondern tatsächlic­h zweckgebun­den für den Wohnungsba­u ausgegeben werden.

Zudem wurde noch eine weitere Grundgeset­zänderung auf den Weg gebracht: Sie soll es dem Bund ermögliche­n, die Digitalisi­erung von Deutschlan­ds Schulen und mehr Ganztagsan­gebote zu finanziere­n. Bisher kann der Bund nur Finanzhilf­e für Investitio­nen in finanzschw­achen Kommunen leisten. Künftig soll dies bei kommunaler Bildungsin­frastruktu­r grundsätzl­ich möglich sein.

Nur die SPD ist voll des Lobes

Lob bekommt Scholz von den Haushälter­n aus den eigenen Reihen. „Was wir im Wahlprogra­mm versproche­n und im Koalitions­vertrag vereinbart haben, wird jetzt auch finanziert“, sagt Johannes Kahrs, der haushaltsp­olitische Sprecher der SPD-Fraktion. Doch auch ihm schwant schon, dass noch einige Nachtschic­hten nötig sind, um den Haushalt bis zur Sommerpaus­e zu verabschie­den.

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FOTO: IMAGO Bundesfina­nzminister Scholz (SPD) hat eigentlich Grund zum Strahlen – doch es gibt Streit ums Geld.

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