Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bei Lesung und Musik wird’s historisch
Archivalien-Lesereihe im Staatsarchiv endet mit Kammermusik und Einblicken in die Geschichte Hohenzollerns
SIGMARINGEN - Das Internationale Kammerensemble der Akademie für Alte Musik in Baden-Württemberg hat zum fünften Mal den Konzertpart der Archivalien-Lesereihe „Zurückgeschaut – Lesung & Musik“im Staatsarchiv Sigmaringen gestaltet, dieses Mal mit Kompositionen aus der Zeit um Arcangelo Corelli (16531713). Unter dem Motto „Hohenzollern. Verfall – Tod – Untergang“gab Volker Trugenberger zwischen den Musikstücken Einblicke in die düsteren Seiten, die mit dem Namen Hohenzollern zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert verbunden sind.
Eingestimmt nach einem Gang durch die Ausstellung saßen die zahlreichen Besucher im sonnendurchfluteten Spiegelsaal, dessen besondere akustische Qualität die Flötistin und Leiterin der Akademie für Alte Musik, Ulrike Engelke, hervorhob.
Zusammen mit dem Leiter des Barockorchesters der Akademie, Simon Standage (Barockvioline), der Cembalistin Hildegund Treiber und dem Barockbratschisten Helmut Engelke an der zweiten Barockvioline begann das Kammerensemble mit einem Concerto von Alessandro Scarlatti. Es folgten unter anderem Kompositionen für ein oder zwei Soloinstrumente in Sonatenform von Giovanni Mossi, Giovanni Benedetto Platti und Jean-Baptiste (John) Loeillet. Dabei ließ die Ausgewogenheit der Solo-Instrumente die Klangfarben von Altblockflöte und Barockvioline an manchen Stellen perfekt verschmelzen. Das Wechselspiel zwischen Ulrike Engelke und Simon Standage mündete in einen ruhigen Dialog.
Die düstere Stimmung zieht sich in den letzten Teil der Lesung
Bei allen Darbietungen blieb nachhaltig der Hörgenuss eines höchst virtuosen Ensembles, das mit seinem homogenen Spiel die Zuhörer in die Welt der ausgewählten Zeit eintauchen ließ. Die vier Barockinterpreten von der Akademie für Alte Musik erzeugten einen vollen Klang, immer einem Concerto grosso ähnlich – der Gattung, die Corelli maßgeblich mitentwickelt hatte. Die meisten der Komponisten bekamen Kompositionsaufträge für den europäischen Adel und Clerus.
Das Adelshaus Hohenzollern war auch ein Teilbereich der Ausstellung, die Volker Trugenberger in seiner Lesung zur Finissage unter den Aspekt der Vergänglichkeit gestellt hatte. In den Ausführungen über das Aussterben der Hechinger Linie des Fürstenhauses Hohenzollern erschien eine Szene sehr makaber. Nach dem Tod von Fürst Friedrich Wilhelm Konstantin von Hohenzollern-Hechingen wurde sein Sarg 1869 aus Schlesien nach Hechingen überführt. Aus Kostengründen konnte bei der Trauerfeier keine Tübinger Musikgruppe bestellt werden. Stattdessen war von der hinzugeholten Musikkapelle aus Schlatt nur ein Hochzeitsoder Fasnachtsmarsch erklungen, eben das, was man im Schlatter Repertoire hatte.
Die düstere Stimmung zog sich auch in den letzten Teil der Lesung über die Verwaltungsgeschichte Hohenzollerns nach 1945 bis zum Untergang der Hohenzollerischen Lande 1973. Die Kreisreform vom 1. Januar habe vorab einen regelrechten Traueraufruhr erzeugt. Über eine letzte Versammlung des Hechinger Kreistags im Dezember 1972 berichtete die „Schwäbische Zeitung“: „Hunderte von flackernden Kerzen beleuchteten den Grafensaal der Burg Hohenzollern, nicht weniger als 13 Ansprachen wurden gehalten und als Finale erklang aus den Kehlen der über 300 Gäste gemeinsam das Hohenzollernlied.“Mit lang anhaltendem Applaus und einer in die Abendstimmung gespielten Flötenzugabe endete die Abschlussveranstaltung der Ausstellung im Staatsarchiv.