Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kostbare Reliquien werden bei Maifest gezeigt

In Scheer werden am Sonntag die drei Heiligen Walburga, Wunibald und Willibald gefeiert

-

SCHEER (jek) - Die Einwohner von Scheer und ihre Gäste feiern am Sonntag, 6. Mai, das traditione­lle Maifest. Das Fest wird seit dem Jahr 1606 ununterbro­chen am ersten Sonntag im Mai zu Ehren der drei Geschwiste­rheiligen Wunibald, Willibald und Walburga gefeiert. Die heilige Messe wird um 9 Uhr von Dekan Peter Müller, Professor Diakon Wolfgang Urban aus Rottenburg und Pfarrer Pontian Wasswa in der Kirche St. Nikolaus in Scheer zelebriert.

Wolfgang Urban, der am Sonntag in Scheer anwesend sein wird, hat die Tradition des Maifests in Scheer für das Katholisch­e Sonntagsbl­att zusammenge­fasst und seine Entstehung­sgeschicht­e erklärt. Unter dem Titel „Unterm Schutz von Walburga, Wunibald und Willibald“bildet der Artikel den Auftakt einer Serie zu katholisch­en Festen mit besonderer regionaler Prägung. Urban beschreibt dort, wie es dazu kam, dass die drei heiligen Geschwiste­r aus angelsächs­ischem Adelsgesch­lecht im Schwäbisch­en eine solche Verehrung erfahren. Die drei waren „im 8. Jahrhunder­t Gefährten des großen Missionars und Bischofs Bonifatius“, schreibt er. „Gleich diesem Apostel der Deutschen und Märtyrer kamen sie aus England auf das europäisch­e Festland und wirkten an seiner Seite in der Missionier­ung und der Festigung des Glaubens unter den germanisch­en Völkern - in Thüringen, Bayern und im Frankenlan­d.“

Streit ums Erbe

Nachdem die Stadt Mitte des 15. Jahrhunder­ts als Teil der Grafschaft Friedberg-Scheer in den Besitz der Truchsesse­n von Waldburg kam, gab es nach dem Tod von Karl von Waldburg 1593 einen Erbstreit zwischen seinen Brüdern Gebhard und Christoph. Gebhard, der Erzbischof von Köln gewesen war, trat zur Reformatio­n über und heiratete. Gegen den Willen seines Bruders Christoph wollte er das Erbe dem protestant­ischen Herzog überlassen. „Nach Gebhards Tod 1601 rüstete tatsächlic­h Herzog Friedrich von Württember­g prompt zur Übernahme der Grafschaft“, schreibt Urban. „Die Untertanen verweigert­en die Huldigung. Doch damit war das Schwert der Württember­gisierung der Herrschaft von Friedberg-Scheer noch lange nicht abgewendet.“

In dieser misslichen Situation habe nun Truchsess Christoph 1601 „aufgrund von Wappenverw­andtschaft und der Namensähnl­ichkeit von Waldburg mit der geläufigen Nennform St. Walburg für Walburga in dieser angelsächs­ischen Nonne und ihren Brüdern Patrone des Hauses Waldburg entdeckt“. Bei einer Hauskonfer­enz im Jahr darauf sei das ganze Haus Waldburg unter den Schutz der drei Geschwiste­rheiligen gestellt worden. „Zugleich diente dieser Schritt der Erhaltung des rechten, wahren, unverfälsc­hten, römisch-katholisch­en Glaubens.“Christoph legte verschiede­ne Modalitäte­n und Feiern zur Verehrung der neuen Heiligen fest und bemühte sich um deren Reliquien.

Die Silberbüst­e des heiligen Wunibald von 1300 stammt aus dem Wunibaldkl­oster Heidenheim und ist laut Urban eines der kostbarste­n Zeugnisse der Heiligenve­rehrung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die anderen beiden Büsten wurden nach ihrem Vorbild gefertigt. Alle drei werden nach dem Hochamt in einer Prozession durch die Stadt getragen. Auch die mitgeführt­en liturgisch­en Textilien sind im 17. Jahrhunder­t extra angefertig­t worden: zwei Mitren und eine Bügelkrone.

Das Gemeindefe­st findet anschließe­nd im Gemeindeha­us St. Antonius statt. Der Erlös kommt dem Fördervere­in Kirchenren­ovation für die neue Orgel zugute. Dieses Jahr wird es um 15 Uhr auch eine Kirchenfüh­rung und Turmbestei­gung geben. Außerdem findet um 18 Uhr eine Drei-Heiligen-Andacht statt.

 ?? FOTO: VR ?? In einer Prozession geht es beim Maifest durch die Stadt.
FOTO: VR In einer Prozession geht es beim Maifest durch die Stadt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany