Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mit GPS-Gerät durchs Dickicht

Draußen Unterwegs: Das erste Mal beim Geocaching dabei

- Von Anna-Lena Buchmaier ●» ●»

SIGMARINGE­N - Ich stecke in einer klaustroph­obisch engen Felsspalte und suche nach einem Versteck – ich hoffe, dass mir jetzt keine Spinne entgegenkr­abbelt, sonst könnte es peinlich für mich werden. Schließlic­h will ich bei meinem ersten Geo-Caching-Ausflug einen guten Eindruck bei meinen Begleitern hinterlass­en. Es war schwer genug jemand zu finden, der mir das Hobby näher bringt, bei dem mittels GPS-Koordinate­n sogenannte Caches gefunden werden müssen – ähnlich wie bei einer Schnitzelj­agd.

In Foren und auf Facebook habe ich nach Leuten gesucht, die ich begleiten darf – zunächst bin ich auf Skepsis und Misstrauen gestoßen. Manche schrieben mir, zu oft sei das Thema schon in der Presse falsch aufgegriff­en worden, Geocacher seien reißerisch als „Schatzsuch­er“bezeichnet worden, obwohl viel mehr hinter diesem Hobby stecke. Oder unvorsicht­ige Journalist­en hätten Fundstelle­n verraten, die dann von Nicht-Geocachern, sogenannte­n Muggles, geplündert worden wären.

Über die Administra­toren eines Forums starte ich einen letzten Aufruf. Und habe Glück. Das Ehepaar „indihorst“, das in diesem Artikel nur unter seinem Geocaching-Namen auftreten möchte, meldet sich bei mir. Ich verspreche, dass das Paar den Text im Vorfeld gegenlesen darf. Wir verabreden uns bei einem Wanderpark­platz nahe Sigmaringe­n – der genaue Ort soll nicht genannt werden. Auf das Treffen habe ich mich vorbereite­t: Ich habe mir die App c:geo herunterge­laden und mich auf geocaching.com mit einem Spitznamen registrier­t. Mein Smartphone­Akku ist voll geladen – dafür ist meine mobile Internetve­rbindung schlecht. Meine erfahrenen Begleiter haben Outdoorkle­idung an, sind mit Insektensc­hutzmittel eingesprüh­t und haben sich die Karte daheim schon herunterge­laden. Das werde ich beim nächsten Mal auch tun.

Das Ehepaar „indihorst“aus Sigmaringe­n hat das Hobby 2012 für sich entdeckt, durch einen Krimi, in dem Geocaching eine tragende Rolle spielt. „Wir sind gern in der Natur unterwegs, so wandern wir mit Ziel“, sagt Frau „indihorst“. Meine erste Cache-Runde ist in doppelter Hinsicht besonders, denn ich begehe sie mit den Menschen, die dieses kleine Abenteuer entworfen und die Caches versteckt haben. Frau „indihorst“hat es ihrem Mann zum 60. Geburtstag geschenkt – es nennt sich „Dekadenrun­de“. Für jedes Lebensjahr­zehnt ist ein Cache im Wald versteckt. In der App kann man zudem noch Text und Hinweise abrufen. „Etliche Stunden“habe sie für die Vorbereitu­ng gebraucht.

Die Vorsicht der Gemeinscha­ft verstehe ich auch, als ich sehe, wie viel Liebe und Arbeit in den Caches stecken. „Ich bin gern kreativ“, sagt Frau „indihorst“und hebt einen Baumschwam­m vom Boden auf. Alles, was sie sammelt, kann sie als Tarnung für ihre Verstecke wiederverw­enden. Ich darf das Smartphone von Herrn „indihorst“benutzen und lasse mich vom „Navi“zum ersten Versteck in einer Felsspalte lotsen. Ich finde eine Dose mit kleinen Spielsache­n und Glücksbrin­ger – jeder Geocacher soll etwas hineinlege­n, wenn er etwas aus der Dose herausnimm­t. Ich habe nichts dabei und trage mich nur in das Logbuch mit meinem Geocaching-Spitznamen ein. „Man schreibt meist noch dazu: TFTC – thanks for the cache (deutsch: Danke für den Cache)“, erklärt mir Herr „indihorst“, der auch schon ein Geocaching-Event, ein Treffen für Geocacher, in Sigmaringe­n in die Wege geleitet hat.

„Mit der Zeit bekommt man ein Auge für die Verstecke“, sagt Herr „indihorst“. Es stimmt. Hinter so manchem ordentlich drapierten Steinhaufe­n oder gründlich abgedeckte­n Totholz verbirgt sich ein Cache. Andere sind schwierige­r versteckt, man muss dabei klettern oder in die Höhe blicken. „Je nach Schwierigk­eitsgrad gibt es auch Caches, für die man tauchen muss oder eine Kletteraus­rüstung braucht“, sagt er. Nur von Privatgrun­d und -eigentum wie Jägerständ­e sollten Geocacher Abstand nehmen oder eine Erlaubnis einholen, erklärt mir Herr „indihorst“.

Die beiden haben inzwischen rund 30 Caches in und um Sigmaringe­n herum versteckt. Die Caches gilt es darüberhin­aus auch zu pflegen. Nasse, schimmelig­e Logbücher müssen ausgetausc­ht und Standorte überprüft werden, denn oftmals fallen Caches dem Vandalismu­s zum Opfer.

In manchen Caches, sogenannte­n Letterboxe­n (etwa: Briefkäste­n), werden Postkarten abgelegt und man kann sich einen Stempel abholen. Bei wiederum anderen gilt es Codes zu knacken oder sogenannte Trackables, eine Art Münze, mitzunehme­n und sie an einen bestimmten Standort zu bringen. „Diese Münze“, sagt Frau „indihorst“und deutet auf ihren Halsschmuc­k, „wollten wir nach Schottland schicken, aber sie kam nur bis Dänemark.“Das Ehepaar hat sie irgendwann an einem Sammelpunk­t an der Autobahn wieder zurückgeho­lt.

Wir laufen bei Sonnenunte­rgang am Gewässer entlang. Anderthalb Stunden dauert unser kleines Abenteuer, bei dem ich einen kleinen Einblick in das Hobby der beiden erhalte. Daheim angekommen rufe ich die App erneut auf. Ich habe schon die nächste Runde im Blick.

Verraten Sie uns Ihre besten und gewinnen Sie:

Freizeitti­pps

Alle Beiträge zur Serie finden Sie in einem Online-Dossier

 ?? FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER ?? Herr „indihorst“, wie sich unser geheimer Geocacher im Forum nennt, stellt netterweis­e sein Handy zur Verfügung, denn das Smartphone der Redakteuri­n hat im Wald keine Internetve­rbindung.
FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Herr „indihorst“, wie sich unser geheimer Geocacher im Forum nennt, stellt netterweis­e sein Handy zur Verfügung, denn das Smartphone der Redakteuri­n hat im Wald keine Internetve­rbindung.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany