Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das tiefe Blech hat ein Imageproblem
Stadtkapelle übernimmt die Hälfte der Unterrichtskosten für Posaune und Co.
SIGMARINGEN - Die Stadtkapelle wirbt aktiv um Nachwuchs beim tiefen Blech in ihren beiden Jugendorchestern – und bezahlt interessierten Nachwuchsmusikern 50 Prozent des Musikschulunterrichts im ersten Jahr. Zudem übernimmt die Stadtkapelle im ersten Jahr auch die Leihgebühr für ein Instrument. Seit drei Jahren gibt es dieses Angebot. „Bislang hat es nur ein Musikschüler angenommen“, sagt Niklas Baumeister, Vorsitzender der Stadtkapelle und ihrer Jugendorchester. Ein weiterer Schüler habe Interesse signalisiert. Schon länger bietet die Stadtkapelle ein weiteres Förderangebot an: 20 Prozent Kostenübernahme beim Musikunterricht, wenn sich der Schüler für vier Jahre verpflichtet, den Ensembles treu zu sein. Das Angebot lässt sich laut Baumeister mit der Kostenübernahme fürs tiefe Blech kombinieren: Im ersten Jahr 50 Prozent Erstattung, in den drei Folgejahren 20 Prozent. Die Bedingung: Die Musiker müssen unter 18 Jahre alt sein.
Drei Orchester formieren sich unter der Stadtkapelle: Die Stadtkapelle und die beiden Nachwuchsensembles FortisSIGmo für Kinder und Jugendliche mit Instrumentenerfahrung und Forte Kids für Neueinsteiger. 45 Jungmusizierer in den JugendEnsembles. „Seit der Gründung des Jugendorchesters 2008 haben wir Defizite beim tiefen Blech“, so Baumeister. Gemeint sind: Horn, Tuba, Posaune und Euphonium. Derzeit spielen nur ein Posaunist, ein Tubist und zwei Hornisten bei den Jungmusikern. Viele Musiker von FortisSIGmo seien bereits im jungen Erwachsenenalter und würden dem Landkreis nicht mehr lange erhalten bleiben, so Baumeister. „Uns liegt die Jugendarbeit sehr am Herzen, die Jugend ist unsere Zukunft“, so Baumeister, der selbst mittlerweile in Tübingen studiert, aber noch in Sigmaringen aktiv ist.
Die Kosten für den Musikunterricht-Zuschuss zahlt die Stadtkapelle aus eigener Tasche. „Wir werden zwar von der Stadt gefördert, die Kosten für den Unterricht zahlen wir aber aus der Vereinskasse.“Das Kon- tingent für diese Plätze sei nicht begrenzt. „Ich kenne es, dass Musikvereine selbst den Unterricht übernehmen. Aber wir wollten das Profis überlassen“, so der 23-Jährige. In der städtischen Musikschule kostet der Unterricht pro Woche für 22,5 Minuten für Schüler, Auszubildende oder Studenten 51,98 Euro ohne Ermäßigung.
Acht Kapellen kooperieren mit der Sigmaringer Musikschule
„Das Phänomen betrifft viele Kapellen“, sagt Ellen Valerius, Leiterin der städtischen Musikschule, in Bezug auf den Nachwuchsmangel beim tiefen Blech. Laut Valerius haben acht Kapellen in der Region solche Kooperationen mit der Musikschule. Die Musikschule selbst sei, was den Nachwuchs im tiefen Blech angehe, gar nicht so schlecht aufgestellt. „Wir sind in der Aufbauphase“, sagt Ellen Valerius. So gibt es sieben Nachwuchsposaunisten an der Musikschule, die sich aber eben auf verschiedene Ensembles verteilen – 2013 war es erst ein Posaunist. Die Hürde, ihr Kind ein Instrument aus diesem Register lernen zu lassen, sei bei Eltern hoch: „Viele assoziieren mit tiefen gleich große Instrumente und somit zu groß für ein Kind“, so Valerius. Dabei gebe es auch Kinderinstrumente wie eine Kinderposaune, mit der man früh beginnen könne. Um diese Vorbehalte abzubauen, bedürfe es vermehrter Vermittlungsarbeit. „Wir sehen musikschulintern eine sehr gute Entwicklung.“
Warum das tiefe Blech in den Augen vieler Kinder nicht mehr attraktiv genug ist? „Saxofon oder Trompete gelten eben als trendig. Wenn Kinder ein Konzert besuchen, fallen ihnen diese Instrumente auf, da ist der Zugang leichter“, stellt Ellen Valerius fest. Niklas Baumeister sieht das auch so: „Populär ist eben, was man so hört. Saxofon, Trompete... da hat es das tiefe Blech schwer.“