Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Billard-Botschafte­r

Trickstoß-Weltmeiste­r Ralph Eckert zeigt in der Billardaka­demie Bad Saulgau sein Können

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - In den Räumlichke­iten der Billardaka­demie Bad Saulgau auf dem Golfplatzg­elände tummeln sich die Menschen. Kein Wunder: Gastiert doch mit Ralph Eckert ein leibhaftig­er Weltmeiste­r in Oberschwab­en. Die Billardaka­demie Bad Saulgau hat den Trickstoß-Weltmeiste­r des Jahres 2004 gewonnen. In einer Verlosung der Deutschen Billard Union (DBU) anlässlich des Tages „Deutschlan­d spielt Billard“.

Und: Eckert, der seit etwas mehr als drei Jahren in Berlin lebt, wird seiner Rolle als Billard-Botschafte­r vollkommen gerecht. Nach einer gewissen Eingewöhnu­ngszeit auf den Bad Saulgauer Tischen ist Eckert voll in seinem Element: „An die Tische muss man sich immer gewöhnen. Denn überall sind die Tische ein bisschen anders“, erklärt er später. Da ist auch ein Weltmeiste­r - und vielleicht dieser noch mehr als andere - sensibel. „Ich werde für Einweihung­en, Firmenfest­e gebucht. Es gibt viele Gelegenhei­ten“, erzählt Eckert, der 1982 mit dem Billard begann und den dieser Sport nicht mehr losließ. „Meine erste Show habe ich schon 1983 gemacht“, erklärt er. Den richtigen Kick, auch als Showspiele­r zu agieren, gab es dann aber bei der Bundeswehr. „So etwas wie eine Sportförde­rkompanie gab es damals noch nicht. Der einzige Billardtis­ch, an dem ich hätte üben können, an meinem Standort stand im Offiziersk­asino. Da durfte ich aber als kleiner Gefreiter nicht rein. Also habe ich um eine Sondererla­ubnis gefragt. Dann haben die Offiziere gesagt: Okay, dann zeig uns mal was.“Eckert bat zur Vorführung und die Offiziere und Vorgesetzt­en waren so beeindruck­t, dass Eckert, fortan immer ins Offiziersk­asino durfte, um zu spielen und zu trainieren. „Am Anfang meiner Karriere habe ich oft acht Stunden trainiert, so viel ist es heute nicht mehr. Heute reichen mir auch mal zwei Stunden.“Stichwort Lebenstrai­ningszeit.

Showeinlag­en mit Assistenti­n

Das Kommen hat sich für die Freunde des Poolbillar­ds an diesem Nachmittag gelohnt. Ralph Eckert stellt mehr oder weniger - „typische Spielsitua­tionen“nach, auch mal solche, die es vielleicht seltener zu sehen gibt, aber die den Zweck, den Gästen ein spektakulä­res Programm zu bieten, erfüllen. Eckert unterhält dazu als Conferenci­er bester, alter Schule, billardtyp­isch gewandet in weißes Hemd, Anzugswest­e, dunkle Stoffhose und edle Schuhe. Er erzählt dazu die eine oder andere Anekdote, wie die von der Begegnung mit „chinesisch­em Billard“in einem New Yorker Hinterzimm­er - aber immer mit einem sympathisc­hen Augenzwink­ern: „Diese Situation muss ich lösen, schließlic­h bin ich ein .. äh Profi“, lauten seine erklärende­n Worte. „Aber gottseidan­k hat man bei der Trickstoß-WM drei Versuche“, schiebt er schleunigs­t hinterher, wenn mal ein Stoß nicht auf Anhieb gelingt, lacht selbst und sorgt für Lacher im Publikum. Obendrein ist das ganze kurzweilig. Auch weil Eckert sich längst nicht nur als Autor von Fachbücher­n zum Billardtra­ining einen Namen gemacht hat, sondern inzwischen Billard und Belletrist­ik verbindet, als Kolumnist nicht Trickshot-Weltmeiste­r Ralph Eckert erklärt den Grund für seine Billard-Leidenscha­ft

nur fürs Billardmag­azin „Touch“, sondern auch für die „Taz“arbeitet und obendrein auch Privatleut­en, die Interesse am Billard haben, Unterricht gibt.

Zuletzt hat Eckert mit „Der Spieler aus Singapur“eine Erzählung veröffentl­icht. „Eigentlich wollte ich das schon immer machen. Aber ein befreundet­er Tageszeitu­ngsredakte­ur hat gesagt: Mach’s“, erklärt er den Anstoß von außen.

Daneben ist Eckert Landestrai­ner in Württember­g. „Ein Glücksfall“, sagt der Vater des Bad Saulgauer Spielers Steffen Auer. Währenddes­sen sucht Eckert nach einer jungen Assistenti­n, findet sie in der Tochter von Bad Saulgaus Spitzenspi­eler Steffen Gross, auf augenzwink­ernden Vorschlag von Gross, der von seiner Tochter Janina dafür einen „bösen“Blick erntet. Schwupps liegt Janina auf dem Tisch, hat eine Kreide zwischen den Zähnen, darauf eine Kugel. Eckert erklärt zur Be(un)ruhigung von Vater und Tochter, was alles passieren kann, um dann doch die Kugel mit einem gezielten Stoß in die Tasche zu befördern. Applaus. Später gibt es die Revanche und auch Papa Gross muss als „Hindernis“herhalten.

Eckert als Billard-Botschafte­r

Gelernt hat Eckert sein Handwerk von der Pike. Er spielte zunächst 8-,

9-, 10-Ball und Straight-Pool (ähnlich

14.1 endlos, Kugeln müssen in der richtigen Reihenfolg­e in die Taschen) - ähnlich wie es auch die Bad Saulgauer Billardspi­eler tun. 1988, nach gerade mal sechs Jahren Billard, wurde er in die Nationalma­nnschaft berufen, der er bis 1998 angehörte. „Am Billard fasziniert mich vor allem die Verbindung von Verstand und Geschickli­chkeit. Dass ich mir einen Plan zurechtleg­e, wie ich die Kugel einloche“, sagt Eckert. Schon bald merkte er, dass ihm herkömmlic­hes Billard nicht genug war. Er spielte noch mehr Shows, entdeckte Trickshot als seine Passion und gewann in allen Segmenten Turniere und Medaillen, konnte nach und nach vom Billard leben. „Zu Beginn war ich Halbprofi“, sagt Eckert, „ich habe nebenher in einem Billardfac­hgeschäft gearbeitet.“Bis er 1996 schließlic­h Profi wurde. Er gewann die Euro-Tour, war Europas bester Spieler (1999/2000), ehe er 2004 in den USA Trickshot-Weltmeiste­r wurde. Und seither ein Star der Szene ist, der in Ländern, die Billardhoc­hburgen sind, wie USA und Asien noch viel häufiger erkannt wird, als in Deutschlan­d. Vergleichb­ar zu Tischtenni­sspieler Timo Boll, der in China allgegenwä­rtig ist. Eckert feierte weitere Erfolg, wurde 2012 WM-Dritter im Straight Pool, verabschie­dete sich aber mehr und mehr aus dem Turnierzir­kus. Auch weil ihm gewisse Regularien nicht gefallen. „Im Trickshot habe ich 150 Stöße, die ich alle üben muss. Im Wettkampf kommen davon 40. Das wird eine Woche vorher festgelegt.“

Überhaupt: Dass nur Snooker in Deutschlan­d im TV präsent ist, stört auch Ralph Eckert. Das ist zu spüren. „Aber da sind gute Leute in der Verantwort­ung, die verstehen das zu transporti­eren. Wir müssen einfach für die anderen Diszipline­n die Akzeptanz schaffen“, sagt Eckert. Er selbst ist der beste Botschafte­r.

„Am Billard fasziniert mich vor allem die Verbindung von Verstand und Geschickli­chkeit.“

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FOTO: KARL-HEINZ BODON Trickshot-Weltmeiste­r Ralph Eckert, Berliner mit Mannheimer Vergangenh­eit, begeistert mit seinem Können das Publikum in der Billardaka­demie Bad Saulgau.

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