Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Engpässe wegen Abgastests bei VW
Dem Wolfsburger Autobauer drohen Lieferschwierigkeiten wegen neuer Prüfmethoden
WOLFSBURG/BERLIN (dpa) - Die Umstellung auf den neuen Abgasteststandard WLTP könnte für Volkswagen Lieferengpässe bei bestimmten Modellen zur Folge haben. Wenn der Prüfzyklus für Verbrauch sowie Schadstoff- und CO2-Emissionen eingeführt wird, dürfte es in der zweiten Jahreshälfte bei der Kernmarke „Anpassungen in der Produktion“geben, teilte das Unternehmen am Samstag mit. Das bedeutet, dass der Autobauer gezwungen sein könnte, einen Teil der Produktionsabläufe wegen zusätzlichen Aufwands umzuplanen.
Einem Bericht der Branchenzeitung „Automobilwoche“zufolge prüft VW deshalb auch eine Verkürzung der Werksferien. Nach Informationen aus Branchenkreisen geht es allerdings vor allem um mögliche Lieferengpässe. Davor hatte der neue Konzernchef Herbert Diess jüngst auf der Hauptversammlung gewarnt.
Auch BMW hatte angedeutet, dass die Umstellung auf das weltweit einheitliche Leichtfahrzeuge-Testverfahren (englisch: Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, abgekürzt: WLTP) Folgen haben wird. Dort wird vorübergehend die Fertigung mehrerer Modelle mit Benzinmotoren für den europäischen Markt gestoppt, um diese schrittweise für die neuen EU-Messungen fit zu machen.
Zur Lage bei Volkswagen schrieb die „Automobilwoche“: „Falls es Entscheidungen zu veränderten Fahrweisen an Fertigungsstandorten geben sollte, werden die Mitarbeiter frühestmöglich informiert.“Nach VWAngaben arbeite man mit Hochdruck daran, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.
Zum 1. September 2018 sind für neu zugelassene Pkw zertifizierte WLTPMessungen erforderlich. Derzeit müssen VW-Kunden dem Bericht zufolge bei einer Neuwagen-Bestellung eine „Zusatzvereinbarung WLTP“unterschreiben, wenn ihnen die neuen Verbrauchs- und CO2-Emissionswerte noch nicht mitgeteilt werden können.
Gleichzeitig strafft VW sein Angebot. So wird etwa der Passat mit 120PS-Dieselmotor nach der Überarbeitung serienmäßig über ein SCR-System zur Abgasreinigung verfügen. SCR-Katalysatoren sind auch Thema in der Diskussion um HardwareNachrüstungen alter Diesel. Sie können die Abgasreinigung verbessern, die Frage der Kostenübernahme ist aber unklar. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt auf SoftwareUpdates, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) dringt auf Umbauten an Motorsteuerung und Abgasanlage auf Kosten der Hersteller.
Nach der US-Anklage und dem Haftbefehl gegen Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn ist das Unternehmen zudem weiter mit der Aufarbeitung von „Dieselgate“beschäftigt. Aus Firmenkreisen hieß es, diese Schritte änderten nichts an der grundsätzlichen Rechtslage für VW. Es sei auch für die zivilrechtlichen Verfahren vergleichsweise wichtig, was Winterkorn in der Abgasaffäre gewusst habe und was nicht. Denn auch im Fall der Kundenklagen werde vorgetragen, dass er erst im September 2015 zweifelsfrei von den DieselManipulationen erfahren habe.