Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Freiburg feiert: „Mir sin noch debii“
Der SC darf sich auf die 19. Saison in der Bundesliga freuen – Kapitän Schuster verabschiedet
FREIBURG - Für Christian Streich gab es kein Entkommen. Der Trainer des SC Freiburg flüchtet nach dem Schlusspfiff oft in die Kabine – diesmal wurde er aufgehalten. Torjäger Nils Petersen umarmte direkt nach Spielende den 52-Jährigen. Nach dem 2:0-Sieg gegen Augsburg sollte die Feier nicht ohne Freiburgs Energiezentrum beginnen. „Ohne Christian fangen wir nicht an“, sangen die Fans lautstark. Streich folgte der Aufforderung und zog sich wie die Spieler das T-Shirt an, dessen Aufdruck vom Klassenerhalt kündet: „SChaffer – mir sin noch debii“(wir sind noch dabei).
Clubs wie Freiburg, Augsburg und Mainz mit ihren begrenzten finanziellen Mitteln sind noch dabei, die Metropolen Hamburg und Köln sind zweitklassig. „Der Klassenerhalt fühlt sich für uns an wie ein Meistertitel“, sagte Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier. Voriges Jahr hatte der SC die Europa-League-Qualifikation erreicht, der 15. Platz in dieser Saison ist für Streich dennoch „gefühlt mehr als der siebte Platz im vergangenen Jahr“. Langfristige Verletzungen (Florian Niederlechner, Mike Frantz), der Verlust von Leistungsträgern (Maximilian Philipp, Vinzenco Grifo), Leihspieler, die keine Verstärkung waren (Bartosz Kapustka, Ryan Kent), unglückliche Schiedsrichterentscheidungen – all das hatte Freiburg zugesetzt. „Es gab Phasen in dieser Saison, da hat uns keiner zugetraut, dass wir drei Mannschaften hinter uns lassen“, meinte Petersen. „Ein Kontertor von Augsburg und du liegst hinten, dann musst du vielleicht zum Relegationsspiel nach Kiel reisen“, schauderte es Petersen noch hinterher. „Darauf hatte keiner Bock. Es gibt andere schöne Orte, die man diese Woche als Flugziel haben kann.“Den Urlaub ermöglichten der gebürtige Überlinger Nicolas Höfler, der beim 1:0 (49.) eine Hereingabe von Mike Frantz verwertete, und Tim Kleindienst, der beim 2:0 (65.) Augsburgs Torhüter Andreas Luthe tunnelte. FCA-Trainer Manuel Baum war sauer: „Die ersten 45 Minuten waren noch ausgeglichen, aber dann sind wir überhaupt nicht mehr ins Spiel gekommen. Wenn wir nicht hundert Prozent Gas geben, wird’s für uns schwierig.“FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter empfand zwar „Ärger über die Leistung. Dennoch haben wir über weite Strecken eine sehr gute Saison gespielt, sind nie in ernste Abstiegsgefahr gekommen.“
Kapitän Schuster verabschiedet
Das kann Freiburg nicht von sich behaupten. „Es passt zum SC, dass man sich 40 Minuten vor dem Saisonende erst so richtig retten kann“, sagte Petersen amüsiert. Der Torjäger wird die Lebensversicherung für den SC bleiben. Sieben Spieler wurden verabschiedet: Marc-Oliver Kempf, Gaetan Bussmann, Karim Guede, Bartosz Kapustka, die Ersatztorhüter Rafal Gikiewicz und Patrick Klandt sowie Kapitän Julian Schuster (Karriereende), der beim SC in anderer Funktion weitermacht. Zudem dürfte Caglar Söyüncü (Arsenal London?) nicht zu halten sein.
Der kleinste Bundesligastandort ist seit 1993 – mit Unterbrechungen – im 19. Jahr erstklassig. Der Umzug vom Schwarzwaldstadion (Fassungsvermögen 24 000) in den Neubau im Wolfswinkel (34 700) spätestens zur Saison 2020/21 verbessert die wirtschaftlichen Möglichkeiten. Der Fluchtweg in die Kabine wird für den Trainer dann ein anderer sein, die Kleidermode soll aber aktuell bleiben: „Mir sin noch debii.“