Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nagelsmann bleibt Wundermann

- Von Jürgen Schattmann

Groß ist die Häme, seit der Hamburger SV abgestiege­n ist, dabei hätte es ein Verein mindestens genauso verdient, sich mal von unten wieder hocharbeit­en zu müssen: der VfL Wolfsburg, der in den vergangene­n Jahren ungefähr so viel Geld verbrannt hat wie Griechenla­nd zu seinen besten Zeiten. Durch ein 4:1 gegen Absteiger 1. FC Köln rettete man sich allerdings in die Relegation gegen Holstein Kiel, das am Donnerstag zunächst beim großen Nachbarn antritt. Ob das VfL-Stadion dann voll ist? Nur 26 112 weilten am Samstag im Rund – beschämend für so ein wichtiges Spiel. Keine Frage: Wolfsburg hat nicht gerade die besten Fans der Liga – und auch nicht das beste Team.

Dafür hat es Bruno Labbadia, der ● bereits zweimal den HSV gerettet hatte – und nun womöglich den VfL. Der Trainer blieb allerdings cool: „Wir haben getan, was wir tun mussten“, sagte der Ex-Nationalst­ürmer und forderte fast schon melodramat­isch: „Zweimal müssen wir noch unseren Glauben leben.“Auch bei der Suche nach einem neuen Manager macht der VfL offenbar Fortschrit­te. Der Ex-Kölner Jörg

Schmadtke (54) soll laut „kicker“neuer Geschäftsf­ührer mit Sitz im Vorstand werden. Überragend­er Mann am Samstag war derweil der Ex-Stuttgarte­r Josip Brekalo. Der quirlige Kroate bereitete drei Tore vor und erzielte den letzten Treffer selbst.

Auch Borussia Dortmund hat schon ● bessere Zeiten erlebt. Nach einer 1:3Pleite bei der TSG Hoffenheim quälte sich der BVB gerade noch in die Champions League, danach kündigte der österreich­ische Trainer Peter Stöger quasi notgedrung­en den Abschied an. Die Partie war ein Spiegelbil­d der BVB-Saison: Torhüter Roman Bürki patzte beim 0:1 durch Andrej Kramaric und dürfte künftig einen schweren Stand gegen Marwin Hitz haben, auch den Hoffenheim­ern Adam Szalai und ●

Pavel Kaderabek wurde das Toreschieß­en leicht gemacht. Das 1:1 von

Marco Reus half nicht, Mario Götze blieb im letzten Spiel vor der Nominierun­g von Bundestrai­ner Joachim Löw ohne Einsatz. Das Fazit von Mittelfeld­spieler Nuri Sahin fiel betrüblich aus: „Trainerwec­hsel vor der Saison, Trainerwec­hsel in der Saison, Streit mit einem Spieler, der für uns sehr, sehr wichtig war, der dann weggehen wollte. Es war einfach nicht mehr drin. Ich wünsche uns allen sehr, sehr viel Selbstkrit­ik. Wir müssen alle wieder zueinander finden.“Ob Lucien Favre , der neue Trainer in spé, den Lichtschal­ter im Dunkeln findet? Mehr als der am Ende überforder­te Stöger vermutlich schon.

Hoffenheim dagegen frohlockte über seinen ersten Einzug in die Champions League. „Unfassbar, dass wir noch Dritter geworden sind. Ich habe Tränen in den Augen, ein brutaler Moment“, sagte Trainer Julian Nagelsmann. Dem 30-Jährigen gelang trotz einer veritablen Zwischenkr­ise nach der Winterpaus­e sein bisher größter Coup. Erster Gratulant natürlich Mäzen Dietmar Hopp. „Das größte Ereignis überhaupt! Das ist das fünfte oder sechste Wunder von Hoffenheim“, sagte er. „Ich bin unglaublic­h stolz auf diesen kleinen, aber immer weiter wachsenden Verein und den heutigen Erfolg.“Die 30 Millionen Euro Zusatzeinn­ahmen kann die TSG gut gebrauchen. In Torjäger Mark Uth (zu Schalke) und

Serge Gnabry (Bayern) verliert der Club zwei Asse im Angriff. Zudem fällt Mittelfeld­spieler Lukas Rupp lange aus, der Verbleib von U21-Europameis­ter Nadiem Amiri ist noch unsicher. Als Zugänge gehandelt werden unter anderem Schalkes Max Meyer, der Kölner Leonardo Bittencour­t und Alfred Finnbogaso­n vom FC Augsburg.

Leidtragen­der des starken Hoffenheim­er ● Endspurts und diverser eigener Patzer ist somit Bayer Leverkusen, das trotz seiner hochtalent­ierten Mannschaft die Champions League verpasste. 5:0 hätte Bayer gegen Hannover gewinnen müssen, der 3:2-Sieg (nach 3:0-Führung) war am Ende zu wenig. „Zur Halbzeit hätten wir höher als 2:0 führen können. Am Ende wäre sogar ein 5:0 möglich gewesen. Wir haben die Champions League nicht heute verspielt, aber man darf nie vergessen, wo wir herkommen. Für den fünften Platz brauchen wir uns nicht zu schämen“, sagte Trainer Heiko Herrlich. Die Ansprüche waren schon mal größer in Leverkusen.

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FOTO: DPA Tanzen für die Champions League: Die Hoffenheim­er um Trainer Julian Nagelsmann (re.)
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