Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zur Person Anti-Trump

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John McCain ahnt, dass er bald sterben wird. Seit zehn Monaten weiß er, dass er an einem unheilbare­n Hirntumor leidet. Auf seiner Ranch empfängt der US-Senator für den Bundesstaa­t Arizona alte Weggefährt­en, republikan­ische Parteifreu­nde wie opposition­elle Demokraten, die ein Hohelied auf die Charakters­tärke des todkranken Mannes singen.

„Meine Stunde hat geschlagen“, schreibt McCain in dem Buch „The Restless Wave“, das am Dienstag in den USA erschienen ist. Es ist mehr als ein Memoirenba­nd. Es ist ein Plädoyer für eine Republik, die für ihre Ideale kämpft, statt sich von der Welt abzuschott­en und an den eigenen Vorteil zu denken. Und da mit Donald Trump ein auf den eigenen Vorteil bedachter Nationalis­t im Weißen Haus regiert, ist es auch eine Kritik an dem US-Präsidente­n. Der 81-Jährige rügt Trump etwa dafür, dass er in der Flüchtling­skrise jegliche Empathie vermissen lasse. Trump, schreibt McCain an anderer Stelle, scheine der moralische Charakter von Herrschern nicht zu interessie­ren.

McCain, auch das gehört zu seinem Vermächtni­s, hat im Zweifel fast immer für bewaffnete Interventi­onen plädiert. Auch entgegen der Mehrheit seiner Landsleute. Barack Obama, der sich weigerte, in Syrien einzugreif­en, war in seinen Augen der ewige Zauderer. Als Kandidat für die Republikan­er unterlag McCain Obama bei der Präsidente­nwahl 2008.

Trotz aller Befürwortu­ng für Militärein­sätze: McCain ging auch auf die Barrikaden, als bekannt wurde, dass die CIA unter George W. Bush Terrorverd­ächtige folterte. Er warnte davor, Gina Haspel, einst Leiterin eines Foltergefä­ngnisses, zur neuen CIA-Direktorin zu küren. Eine Mitarbeite­rin des Weißen Hauses quittierte dies mit den Worten, es spiele keine Rolle, „er stirbt ja sowieso“. Statt sich zu entschuldi­gen, konzentrie­rte sich die Regierungs­zentrale auf die Jagd nach der Quelle, die den kalten Satz an die Medien durchstach. Schon das zeigt, welche Schluchten in Sachen Ethik zwischen McCain und Trump liegen. Frank Herrmann

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FOTO: AFP Der republikan­ische US-Senator John McCain hat seine Memoiren veröffentl­icht.

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