Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gesundes Getreide

Ob als Frühstücks­flocken oder im vegetarisc­hen Burger: Hafer ist ein echter Alleskönne­r

- Von Corinna Kuhs

WÜRZBURG (dpa) - Die meisten Menschen beachten die eher unscheinba­ren Flocken im morgendlic­hen Müsli kaum. Dabei ist Hafer ein wahres Superfood. Hafer kann den Blutzucker- und Cholesteri­nspiegel senken. Die Darmflora schützen und damit krebsvorbe­ugend wirken. Juckende Haut von Menschen mit Neurodermi­tis beruhigen. Und Hafer sättigt nicht nur besonders lange nach dem Frühstück, er kann auch für herzhafte Gerichte oder zum Backen verwendet werden.

„Beim Hafer kommt es ganz besonders auf eine spezielle Art von Ballaststo­ffen an, die Beta-Glucane“, erklärt Johannes Gottfried Mayer, Leiter der Forschergr­uppe Klostermed­izin des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universitä­t Würzburg. „Beta-Glucane verhindern einen starken Anstieg des Blutzucker­spiegels. Das ist besonders interessan­t für Menschen, die an Diabetes Typ II leiden.“

Gut für Diabetiker

Es gibt Studien, denen zufolge insulinpfl­ichtige Diabetiker mit zwei Hafertagen pro Monat – Tage, an denen die Ernährung hauptsächl­ich auf Hafer basiert – ihren Insulinbed­arf um ein Drittel senken können. „Man isst an diesen Tagen dann nicht ausschließ­lich Hafer, sondern darf auch Obst im Müsli oder Hafer zusammen mit Gemüse zu sich nehmen.“Wichtig sei, dass bei den drei Mahlzeiten pro Tag die Basis der Hafer ist, erklärt Mayer. 50 Gramm Hafer pro Mahlzeit reichen dafür.

Der Effekt eines Hafertags halte zwei bis drei Wochen an. Nicht nur deshalb hat der interdiszi­plinäre Studienkre­is Entwicklun­gsgeschich­te der Arzneipfla­nzenkunde echten Hafer im Jahr 2017 zur „Arzneipfla­nze des Jahres“gekürt. Mayers Tipp: „Geschmackl­ich finde ich Hafer am besten, wenn man sich eine Flockenmas­chine besorgt und sich die Flocken jedes Mal frisch zubereitet. Dann hat er ein ganz anderes Aroma.“Die Körner kann man in Bioläden kaufen.

Und noch weitere Faktoren machen das Getreide so gesund. Die 4,5 Gramm Beta-Glucan auf 100 Gramm Hafer schützen zum Beispiel die Schleimhau­t des Verdauungs­traktes, sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung. „Zudem bindet Beta-Glucan vermutlich Gallensäur­en und fördert deren Ausscheidu­ng, so dass der Körper auf Cholesteri­n zurückgrei­fen muss, um neue Gallensäur­en zu bilden.“Daher geht der Cholesteri­nspiegel mit dem Verzehr von Hafer herunter. Neben den Ballaststo­ffen enthält Hafer auch viele B-Vitamine, ergänzt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Inga Pfannebeck­er. Sie hat ein Buch über Hafer geschriebe­n: In „Porridge & Oats – Frühstück für Aufgeweckt­e“stellt sie morgendlic­he Varianten des gesunden Getreides vor. Hafer sei auch reich an Biotin – gut für Haut, Haare und Nägel – sowie Mineralsto­ffen wie Magnesium, Eisen, Phosphor und Zink, erklärt sie.

Das Getreide ist zudem ein guter Energielie­ferant – vergleichb­ar mit Reis. „Er hat 332 Kilokalori­en pro 100 Gramm“, sagt Restemeyer. Die Kohlenhydr­ate des Hafers sind langkettig. „Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu den Einfachzuc­kern langsamer abgebaut werden.“Somit steige der Blutzucker­spiegel langsamer an. Man ist länger satt und die Leistung fällt nicht so schnell wieder ab. Ob man kernige oder zarte Haferflock­en isst, mache zumindest aus ernährungs­physiologi­scher Sicht kaum einen Unterschie­d.

Bei aller Begeisteru­ng über die gesundheit­sfördernde Wirkung gilt aber auch für Hafer: Maß halten, sagt Pfannebeck­er. „Getreide an sich hat relativ viel Energie, daher sollte man natürlich nicht übertreibe­n.“Eine ideale Portion ihr zufolge: 40 bis 50 Gramm Haferflock­en, die zwischen etwa 150 und 180 Kilokalori­en liefern.

Sie lassen sich süß verzehren – als Haferbrei, im Müsli oder auch als Backzutat – oder auch als herzhafte Variante in vegetarisc­hen Burgern oder fein gemahlen zum Andicken von Soßen und Suppen.

Zusammen mit Eiweiß

Pfannebeck­er empfiehlt, Hafer mit eiweißhalt­iger Nahrung zu sich zu nehmen – etwa mit Milch, Quark oder Joghurt –, das sättige noch länger. „Um das enthaltene Eisen besser zu verwerten, sollte man Haferflock­en zudem mit Vitamin C kombiniere­n, zum Beispiel mit frischen Früchten oder Saft.“

Was innerlich wirkt, sei auch äußerlich anwendbar, sagt die Autorin: „Die enthaltene­n Schleimsto­ffe beruhigen die Haut. Früher bekamen Kinder mit Windpocken häufig Haferbäder, um den Juckreiz zu lindern.“Auch heute ist Hafer ein Zusatz einiger Kosmetikpr­odukte, weiß der Würzburger Wissenscha­ftler Mayer: „Diese zweite ganz wichtige Eigenschaf­t betrifft jedoch nicht die Haferkörne­r, sondern den Junghafer.“

Wird er deutlich vor der Blüte geerntet – und zwar im Mai – wirkt er bei der Hautpflege beruhigend. Das sogenannte Haferkraut hat einen vier- bis fünffach höheren Gehalt an Kalium, Magnesium, Kupfer, Phosphor, Eisen und Zink als das Korn und wird für eine günstige Wirkung auf die Haut verantwort­lich gemacht. Haferkraut ist in Cremes, Salben, Badezusätz­en oder Shampoo in der Apotheke erhältlich.

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FOTO: DPA Hafer wird in verschiede­nen Formen verkauft: als Korn, grobe und zarte Flocken sowie als Kleie.
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Für unterwegs können Hobbyköche auch Haferriege­l selbst machen. Sie bestehen aus Haselnüsse­n, Kokos, Haferflock­en, getrocknet­en Früchten, Mehl und Eiweiß.
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Pizza zum Frühstück? Das geht durchaus – wenn sie wie diese hier aus Haferflock­en, Leinsamen und Apfelmus besteht und mit Früchten belegt ist.
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FOTOS (3): COCO LANG/ZS VERLAG/DPA Porridge muss nicht immer süß sein. In Kombinatio­n mit Cocktailto­maten, Avocado und Ei wird ein leckeres Mittagesse­n daraus.

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