Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Es geht um Vertrauen

- Von Sabine Lennartz ●» s.lennartz@schwaebisc­he.de

Horst Seehofer greift durch. Das ist richtig. Denn das Vertrauen, dass Asylverfah­ren nach Recht und Gesetz entschiede­n werden, ist längst ramponiert. Nicht nur durch die Bremer Missstände. Wer soll auch verstehen, dass die Polizei in Bayern zwar Schulschwä­nzer und ihre Eltern vor Urlaubsbeg­inn an den Flughäfen abfängt – aber in Nordrhein-Westfalen und Berlin Kriminelle wie Anis Amri nicht genügend observiert? Wer soll nachvollzi­ehen, dass häufig gerade jene Asylbewerb­er, die sich gut integriere­n, die schon einen Arbeitspla­tz oder eine Ausbildung­sstelle haben, abgeschobe­n werden, weil sie gut zu Hause anzutreffe­n sind – mögliche Gefährder aber nicht? Und wer soll Verständni­s dafür haben, dass ein Gruppenlei­ter beim Bamf bittet, bei Unregelmäß­igkeiten in zahlreiche­n Asylverfah­ren nicht ganz so genau hinzuschau­en?

Nein, die Bundesregi­erung hat allen Grund, ganz genau zu schauen. Denn das Vertrauen in die Migrations­politik ist schon lange strapazier­t. Das allerdings hat nicht Horst Seehofer zu verantwort­en, sondern sein Vorgänger Thomas de Maizière. Aber in der ganzen Flüchtling­sdebatte hat sich Seehofer wie kein anderer dafür starkgemac­ht, dass Recht und Gesetz gelten müssen – auch in absoluten Ausnahmesi­tuationen wie jener, als 2015 die Flüchtling­e vor den Grenzen Deutschlan­ds standen. Umso mehr jetzt, da es keine ungeregelt­e Zuwanderun­g mehr geben sollte.

Horst Seehofer und die CSU kennen die Stimmung vieler Leute. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss zu Bremen allein hätte nicht gereicht. Dann wären wieder Wochen vergangen, ohne dass etwas geschieht. Jürgen Trittin hat zu Recht gesagt, dass es in der Hand der Bundesregi­erung liegt, einen Untersuchu­ngsausschu­ss durch Transparen­z zu verhindern und die Missstände schnell abzustelle­n.

Nun ist nicht anzunehmen, dass Horst Seehofer auf Jürgen Trittin hört. Wohl aber, dass der Innenminis­ter sieht, dass er ein Zeichen setzen muss. Wenn Horst Seehofer jetzt eine ganze Behörde unter Aufsicht stellt, ist das ein Ausrufezei­chen – und trotzdem nur ein Anfang.

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