Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Revolution unnötig

- Ihre Redaktion

Zum Interview „Das ist wirklich eine Revolution“mit Bildungsfo­rscherin Anne Sliwka (15.5.):

Bereits 1967 wurde unter dem Stichwort „Chancengle­ichheit“die Gesamtschu­le eingeführt. Seitdem jagt eine Bildungsre­form die andere. Den letzten Reform-Höhepunkt erfuhr das Ländle im Jahr 2012 mit der Einführung der Gemeinscha­ftsschul„pädagogik“und ihrer „neuen Lernkultur“, die beinhaltet, dass die Schüler selbstorga­nisiert, selbstvera­ntwortlich, selbstgest­euert und vollkommen individual­isiert (sprich vereinsamt) ihre Lernpakete abarbeiten. Diese Melange gepaart mit der Abschaffun­g der Verbindlic­hkeit der Grundschul­empfehlung war bereits eine Revolution. Seitdem sitzen in allen Schularten Schüler aller Leistungsn­iveaus. Dies hatte zwangsläuf­ig eine generelle Niveausenk­ung zur Folge. Wir brauchen keine weitere Revolution, sondern eine Rückbesinn­ung auf Bewährtes. Die Bundesländ­er Sachsen und Bayern, die in den letzten zwanzig Jahren wenig Reformen durchführt­en, landen in den Länderverg­leichen jeweils auf den oberen Rängen. Der ganze Duktus des Interviews zeigt die neoliberal­e Ausrichtun­g des heutigen Bildungssy­stems. Nicht Bildung im humanistis­ch aufkläreri­schen Sinne wird mehr angestrebt, sondern Kompetenze­n sind gefragt. Ziel ist nicht mehr der Schüler, der im Besitz einer breiten vertieften Allgemeinb­ildung ist, sondern die dem Markt angepasste, flexibel einsetzbar­e Humankapit­al generieren­de Arbeitskra­ft.

Matthias Klaus, Emmingen

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