Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Exklusives Seenland zwischen Palmen und Almen

Wo das Schweizer Tessin an Italien grenzt, verschmelz­en die Kulturen miteinande­r

- Von Bernhard Krieger

LUGANO (dpa) - An Luganer See, Lago Maggiore und Comer See wird mediterran­es Dolce Vita vor alpiner Kulisse zelebriert. Jeder See hat seinen eigenen Charakter.

Sanft gleitet die „Italia“mit Kurs auf den Monte San Salvatore über den spiegelgla­tten Luganer See. Links klammern sich moderne Villen und alte Steinhäuse­r an die steil abfallende­n Hänge des Schweizer Ortes Morcote. Auf der rechten Seite des Dampfers liegt schon Italien. So nah wie am Luganer See sind sich die Schweiz und Italien selten – und das nicht nur geografisc­h.

Am südlichen Zipfel des Kantons Tessin verschmelz­en die beiden so gegensätzl­ichen Länder zu einer Region. Sprachlich, kulturell, landschaft­lich. Fjordartig dringt der Luganer See in die von Kastanienw­äldern überzogene­n Täler. Oft weiß man nicht, in welchem Land man von Bord geht, auf beiden Seiten wird Italienisc­h gesprochen. Orientieru­ng bietet ein Blick auf die Speisekart­en der Restaurant­s. Die Gerichte sind gleich, die Preise sehr verschiede­n. Im schweizeri­schen Caslano kostet die Pasta doppelt so viel wie gegenüber im italienisc­hen Ponte Tresa.

Der Lago di Lugano ist die Perle der Südschweiz, und Perlen sind nun mal nicht billig. Seit Jahrzehnte­n zieht Lugano Menschen mit Vermögen an. In den Banken hinter dem Parco Ciani wird traditione­ll das seriöse wie auch das mafiöse Geld aus Italien gebunkert. Mit röhrenden Motoren brettern Ferraris die Uferpromen­ade Lungolago entlang. In den Schaufenst­ern der Juweliere in der Via Nassa sind die meisten Preise fünfstelli­g, mindestens. Entspreche­nd fein sind viele Hotels am Luganer See, von dem schon Hermann Hesse fasziniert war. Sein Haus in Montagnola ist heute ein Museum.

Luxushotel­s prägen das Bild

Es gibt Unterkünft­e in allen Preislagen, das Bild aber prägen Luxushotel­s wie die altehrwürd­ige Villa Castagnola am Fuße des Monte Bré mit ihrem erstklassi­gen Restaurant im Park und dem Sternerest­aurant Arté am See. Der Bré auf der einen und der wie ein Zuckerhut in den Himmel ragende San Salvatore auf der anderen Seite machen das pittoreske Bild perfekt.

Der Lago Maggiore ist weitläufig­er. Die Ufer des zweitgrößt­en Sees in Italien bieten zum Beispiel auch genügend Raum für Campingplä­tze. Nur der Norden des Gewässers liegt in der Schweiz, der Großteil südlich der Brissago-Inseln in Italien. Verbania, Luino und Stresa sind dort die bekanntest­en Städte.

Am Lago Maggiore geht es weniger exklusiv zu, auch auf der Schweizer Seite. Ausnahmen sind das Filmfestiv­al auf der Piazza Grande in Locarno und Ascona. An den Hängen des Monte Verità stehen teure Villen. Die Luxushotel­s reihen sich rund um den Golfplatz von Ascona aneinander. Wo Merlot-Weine und RisottoRei­s angebaut werden, locken natürlich auch Top-Restaurant­s. Erste Adresse der gesamten Südschweiz ist das Ecco im Hotel Giardino, in dem die deutsche Fußballnat­ionalmanns­chaft während der EM 2008 abgestiege­n war.

Die beiden Seen auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien sind ein Traum für Wasserspor­tler, die sie umgebenden Berge tolle Ziele für Wanderer und Mountainbi­ker. Rund um Lugano, Locarno und Ascona ziehen sich immer mehr Radstrecke­n über die teils fast 2000 Meter hohen Berge. Wenn es nördlich der Alpen ungemütlic­h ist, scheint südlich des Gotthard-Massivs häufig die Sonne. Der Alpenhaupt­kamm trennt zwar das Wetter, aber nicht mehr die Landesteil­e. Vor allem dank des neuen Gotthard-Basistunne­ls ist der Süden des Landes für viele Schweizer und Süddeutsch­e noch näher gerückt. Von der schnellere­n Zugverbind­ung und von günstigen Flügen nach Mailand und Bergamo profitiere­n auch die oberitalie­nischen Seen – allen voran der Comer See mit seinen langen, geradlinig verlaufend­en Ufern. Im Norden ist er enger und alpiner. Dort fegen oft starke Winde über das Wasser, sehr zur Freude der Windsurfer und Segler.

George Clooneys Wohnsitz

Zwischen Como und Cadenabbia ist der See lieblicher und vor allem am Westufer auch nobler. Hier reihen sich, angefangen bei der legendären Villa d’Este, Luxushotel­s und herrschaft­liche Palazzi aneinander. Die Villa Oleandra von George Clooney in Laglio ist eine der großen Attraktion­en der Schiffsrun­dfahrten. Doch nur die wenigsten bekommen den Hollywoods­tar zu Gesicht. Der Comer See war schon immer feiner als der italienisc­he Teil des Lago Maggiore. Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten die Deutschen den Lago di Como, weil Bundeskanz­ler Konrad Adenauer gerne nach Cadenabbia fuhr und ausgiebig Boccia spielte.

Mit dem Kugelspiel lässt sich heute kein Tourist mehr an den Comer See locken, wohl aber mit günstiger Cucina und italienisc­her Mode. Como mit seiner Fußgängerz­one rund um den Dom ist ein beliebtes Ziel für Genießer und Modebewuss­te.

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FOTOS: DPA Die Kirche von Morcote steht hoch über dem Luganer See.
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Locarno liegt zwar in der Schweiz, versprüht aber italienisc­hen Charme.

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