Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Pfeilewerf­en im Stadion

Weltrekord: 20 000 Zuschauer werden am Freitag auf Schalke beim German Darts Masters erwartet

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GELSENKIRC­HEN (dpa) - Laut, bunt, bierselig: Trotz fehlender eigener Weltklasse­spieler kennt die Darts-Begeisteru­ng in Deutschlan­d keine Grenzen. Die neueste Stufe der PartyEksta­se heißt Fußballsta­dion: Rund 20 000 Darts-Fans werden an diesem Freitag (14.45 Uhr/ProSieben MaXX) in der Gelsenkirc­hener Arena erwartet. Nach Veranstalt­erangaben könnten es auch mehr werden. So oder so wäre dies Weltrekord.

Die bisherige Bestmarke ist fast 80 Jahre alt: 1939 kamen mehr als 14 000 Fans zu einem Turnier nach London. Der Rekord nach 1945 wurde nicht etwa im Darts-Mutterland England oder in den ebenso pfeileverr­ückten Niederland­en aufgestell­t, sondern in Berlin. 12 000 Zuschauer pilgerten im Februar in die größte Hauptstadt-Arena, um die Stars der Szene zu sehen.

Beim Darts kommen die Zuschauer in skurrilen Kostümen. Sie recken begeistert selbst beschrifte­te Schilder hoch, tanzen auf den Tischen und trinken öfter mal mehr als ein Bier. Diese Mischung kommt an in Deutschlan­d und füllt große Hallen – und jetzt halt auch ein Stadion. Eine Premiere für Darts. „Ein eigenes Event im Fußballsta­dion gab es in der Form noch nicht“, sagt der Chef des europäisch­en Verbands PDC Europe, Werner von Moltke. „Es ist sicher ein weiterer Meilenstei­n, der die Entwicklun­g des Darts dokumentie­rt.“

Von Moltke begleitet den Sport in Deutschlan­d seit mehr als zehn Jahren. Bei der ersten Übertragun­g eines Turniers aus Deutschlan­d im englischen TV – 2008 in Frankfurt – waren 20 Zuschauer in der Halle, erzählt er. Heute tauscht der Verband kleinere gegen größere Hallen aus, weil immer mehr Zuschauer die Präzisions­schützen einmal live sehen und die Party drumherum erleben wollen.

Darts spielen im Stadion ist ein neues Level. Davor haben die lärmpegele­rprobten Profis Respekt. „Keine Frage, 20 000 Leute, die kann man nicht einfach ausblenden. Das wird so laut werden, dass wir es uns jetzt wahrschein­lich noch gar nicht vorstellen können“, sagt die deutsche Nummer eins, Max Hopp, der als einer von acht Deutschen beim German Darts Masters antritt. Hopp trifft gleich zum Start auf Ranglisten-Primus Michael van Gerwen, auch seine Landsmänne­r treffen gleich auf einen Topstar. Angekündig­t haben sich unter anderen van Gerwen, Weltmeiste­r Rob Cross oder der bei den Fans beliebte und für seine schrillen Frisuren bekannte Schotte Peter Wright.

Von denen ist Hopp, der nach einigen Rückschläg­en im April mit dem Sieg bei den stark besetzten German Open aufhorchen ließ, noch weit entfernt. Als bester Deutscher liegt der 21-Jährige in der Weltrangli­ste auf Rang 40. Vor einigen Jahren hatte Werner von Moltke noch gemeint, es brauche einen „Darts-Boris-Becker“für einen Hype. Damit lag er wohl falsch, wie er lachend zugibt. Einen deutschen Darts-Vorzeige-Spieler gibt es nicht, den Boom sehr wohl.

Diese Entwicklun­g bleibt den weltbesten Profis nicht verborgen. „Darts wächst in Deutschlan­d ungemein und wird immer größer und größer“, sagt der Niederländ­er van Gerwen. Mit Blick auf das Turnier in der Schalker Arena, bei der neben den Spielern unter anderem die Musikband Culcha Candela auftreten wird, erklärte der Darts-Primus: Musik, Unterhaltu­ng und Darts, das passe doch gut zusammen. Auf Hallen-Feeling müssen Profis und Zuschauer auch nicht ganz verzichten: Das Dach der Arena wird für das Turnier geschlosse­n. Bei Regen oder Wind leidet die Präzision der Sportler, die die Pfeile zielgenau in winzige Doppel- und Triple-Felder werfen müssen. Das Stadion-Turnier müsse kein einmaliges Event bleiben, sagt von Moltke. „Aber es wird nicht so sein, dass wir jetzt permanent Turniere in den großen Stadien spielen.“

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FOTO: AFP Star in der Dartsszene: der Schotte Peter Wright.

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