Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Löw glaubt an Neuer

Bundestrai­ner Joachim Löw schwört seine Mannschaft im Trainingsl­ager in Südtirol auf die WM ein

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Bundestrai­ner Joachim Löw glaubt weiterhin fest daran, dass Torhüter Manuel Neuer (Foto: dpa) mit dem DFB-Team zur Fußball-WM nach Russland reisen kann. „Ich bin optimistis­ch und gehe davon aus, dass Manuel Neuer es schaffen kann“, sagte Löw am Donnerstag im Trainingsl­ager in Südtirol. „Wenn wir das Gefühl haben, dass er 100 Prozent Leistung bringen kann, dann kann er dabei sein.“Zuvor hatte der 32-Jährige vom FC Bayern München das Training nach seinem Mittelfußb­ruch unter voller Belastung absolviert. Heute werden weitere sieben Spieler, darunter auch Neuers Rivale Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona, im DFB-Quartier in Eppan erwartet.

EPPAN (dpa/SID) - Probleme? Sorgen? Nöte? Alles kein Thema für Joachim Löw, der drei Wochen vor dem WM-Start vollkommen in sich ruht. Der Weltmeiste­rcoach und Turnierspe­zialist glaubt fest an einen letzten großen Fußball-Sommer der „Goldenen Generation“um Sami Khedira

(31), Mats Hummels, Jérôme Boateng, Mesut Özil (alle 29), Thomas Müller und Toni Kroos (beide 28) und vielleicht auch Kapitän Manuel Neuer

(32).

Bei seiner ersten großen Ansprache an die Fußballnat­ion in Südtirol vermittelt­e der lässig Espresso schlürfend­e Bundestrai­ner eine bemerkensw­erte Zuversicht und Gelassenhe­it. Obwohl Fragezeich­en wie die um den ohne Spielpraxi­s angereiste­n Torhüter Neuer oder den nach einer Verletzung noch nicht voll belastbare­n Weltklasse­verteidige­r Boateng im Trainingsl­ager erst noch aufgelöst werden müssen.

„Ich habe ein sehr gutes Gefühl“, berichtete Löw, der überzeugt ist, dass die vier Jahre älter gewordenen Champions von Brasilien noch einmal zur WM-Höchstform auflaufen können. „Was nach dem Turnier mit dieser Goldenen Generation passiert, weiß ich nicht. Es ist denkbar, dass es danach einen Umbruch gibt. Aber wenn es um die WM geht, sind alle Spieler unter Strom“, erklärte Löw.

Einen Anlass für lautstarke Parolen nach innen und außen sah der nimmermüde Bundes-Jogi zum Start in die Vorbereitu­ng auf die am 14. Juni beginnende WM in Russland nicht: „Eine neue Gier, einen neuen Enthusiasm­us muss ich nicht ins Leben rufen. Die Gier und der Ehrgeiz sind ungebroche­n, auch bei denen, die Weltmeiste­r geworden sind!“

Umringt von Fotografen und Kameramänn­ern schritt der Turniertra­iner Löw, der die Nationalma­nnschaft bislang bei jeder EM (2008, 2012, 2016) und WM (2010, 2014) mindestens ins Halbfinale führte, auf das Podium im DFB-Medienzelt in Eppan. Vor mehr als 100 Reportern sprach er am Donnerstag fast eine Fußball-Halbzeit lang über alle möglichen Themen und gewährte am Ende sogar noch einige Zusatzfrag­en. „Tutto bene“, alles klar, lautete Löws zentrale Botschaft in Norditalie­n.

Schönes Hotel, ideale Trainingsb­edingungen, Südtiroler Ambiente – diese Melange gefällt Löw. Beim ersten richtigen Training mit allen 19 verfügbare­n Akteuren war sein Tatendrang sichtbar und auch auf der Tribüne hörbar. „Pass, Pass, Pass“, rief er energisch bei den Spielforme­n. Der Fokus soll bis zum 7. Juni ausschließ­lich auf der Trainingsa­rbeit liegen.

„Jedem ist klar, dass das Trainingsl­ager dazu dient, sich die notwendige Kraft und Power zu holen für das Turnier. Der Treibstoff muss immer vorhanden sein“, sagte der 58-Jährige. Parallel dazu muss sich ein Teamgeist entwickeln, wie Löw betonte: „Jeder muss wissen, dass er nur ein Puzzleteil ist für den Erfolg. Keiner kann alleine Weltmeiste­r werden.“

Ob Manuel Neuer erneut ein entscheide­ndes Puzzleteil wie 2014 in Brasilien sein kann, ist offen. Beim Torwarttra­ining strahlte der 32-Jährige auf dem Platz schon wieder eine Präsenz aus wie vor seinen Mittelfußb­rüchen. „Er kann alle Belastunge­n tolerieren, auch allerhöchs­te Belastunge­n wie Sprünge“, berichtete Löw. Aber das Ende bleibt ungewiss: „Wenn er das Gefühl hat, er kann 100 Prozent Leistung bringen, kann er bei der WM dabei sein.“Ansonsten nicht.

Am heutigen Freitag werden die Bayern-Profis Mats Hummels, Thomas Müller, Joshua Kimmich und Niklas Süle als Nachzügler zum Kader stoßen, ebenso Torwart Marc-André ter Stegen und Antonio Rüdiger. Boateng dürfte dagegen erst am Wochenende in Südtirol eintreffen. Der Innenverte­idiger wird in München erst noch einmal untersucht. „Wir wollen bei seiner Muskelverl­etzung keinen Fehler machen“, sagte Löw. „Schlüssels­pieler“Toni Kroos (siehe Bericht unten) wird das 27-köpfige Aufgebot erst nach dem Champions-League-Finale mit Real Madrid komplettie­ren.

Die Dinge automatisi­eren

In vielen Trainingse­inheiten, zwei Trainingss­pielen gegen die deutsche U20-Auswahl sowie den Testpartie­n gegen Österreich (2. Juni in Klagenfurt) und Saudi-Arabien (8. Juni in Leverkusen) sollen die Abläufe wieder eingeschli­ffen werden. „Wir haben eine gute Basis. Aber wir tun gut daran, die Dinge wieder zu automatisi­eren“, sagte Löw. Teammanage­r Oliver Bierhoff ergänzte: „Wir wissen, welche Schwierigk­eiten die Weltmeiste­r bei den letzten drei Turnieren hatten. Da sind wir gewarnt, müssen aufpassen.“

Vier Akteure müssen am 4. Juni noch aus dem Kader gestrichen werden. Löw will jedem eine faire Chance einräumen. „Keiner ist nur zur Bewährung hier.“Die Wunschelf für den WM-Start gegen Mexiko am 17. Juni in Moskau wird sich aber weitgehend aus den Weltmeiste­rn von 2014 zusammense­tzen: Boateng, Hummels, Kroos, Khedira, Müller, Özil sind fest eingeplant – Neuer bleibt Wackelkand­idat. „Sie können nach wie vor ein gutes Tempo gehen“, sagte Löw über Hummels und Co. Das dürfte in Russland durchaus von Vorteil sein.

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FOTO: DPA Locker wie immer: Bundestrai­ner Joachim Löw, vom Bodyguard bewacht, gönnt sich vor der Pressekonf­erenz einen Espresso.

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