Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Besucher stellen sich Programm zusammen

Baden-Württember­g macht Spaß kommt bei Sigmaringe­rn gut an.

- Von Susanne Grimm

-● Baden-Württember­g SIGMARINGE­N macht Spaß – so heißt das erfolgreic­hste Comedy- und Kabarettfe­stival des Ländles. Obwohl es bereits über 20 Jahre alt ist, hat es nichts von seiner Attraktivi­tät und Anziehungs­kraft verloren – ganz im Gegenteil. Am Sonntag präsentier­te sich das Gute-Laune-Festival überaus frisch und spritzig auf dem Stadthalle­nareal vor einem mehr als begeistert­en Publikum. Neben den Auftritten der vier Künstler Bülent Ceylan, Lisa Feller, Florian Schroeder und Özcan Cosar (anstelle von Markus Krebs), die für sich schon allein der Hammer waren, beruht der Erfolg der Events sicher auch auf dem genialen Showkonzep­t, das den Veranstalt­ern nach (SWR1, Schwäbisch­e Zeitung und Stadt Sigmaringe­n) einmalig in Deutschlan­d ist. Denn die Comedy-Stars traten dabei an einem Abend im Wechsel auf mehreren Bühnen auf.

In Sigmaringe­n waren das die Stadthalle­nbühne und einer Bühne in einem Zelt auf dem Festplatz neben der Halle. Zwischen den einzelnen Auftritten ist auf jeder Bühne zeitgleich eine Pause von etwa 30 Minuten eingeräumt worden, in der die Zuschauer zur nächsten Bühne und damit zum nächsten Künstler wechseln konnten. Natürlich war dabei noch Zeit, sich auf den „Verpflegun­gsstatione­n“mit reichlich Nahrung und Getränken zu versorgen, denn durch die Wechsel zog sich die Veranstalt­ung über vier Stunden hin. Das schien das Publikum jedoch nicht zu stören, eher sogar zu genießen, bescherten die

Pausen und der Wechsel von einer Bühne zur anderen auch ein wenig Bewegung und Frischluft. Durch dieses Konzept konnten sich die Gäste wie bei einem Brunch selber aussuchen, wann sie welchen Künstler wo erleben wollten. Damit waren die Zuschauer in der Lage, ihr eigenes zweistündi­ges Comedy-Programm individuel­l zu gestalten. Also entweder seinen Lieblingsk­abarettist­en mehrfach erleben oder alle vier Künstler im Wechsel sehen.

Mit Bülent Ceylan trat ein bundesweit bekannter Comedian auf, dessen deutsch-türkische Wurzeln fest im Ländle verankert sind, das machte er in seinen rasanten Auftritten mehr als deutlich. Trotz aller satirische­r Klischeebe­arbeitung verschiede­ner nationaler Besonderhe­iten, für die er ja bekannt und beliebt ist, wollte er hervorgeho­ben wissen, dass das „Mensch-Sein“an erster Stelle stehen sollte, denn letztendli­ch könne keiner etwas für seine Herkunft. Die nicht enden wollenden Beifallsst­ürme, die Ceylan für seine kernigen Darbietung­en und messerscha­rfen Pointen kassierte, schien den Mannheimer zu überwältig­en, obwohl er weitaus größere Arenen gewohnt ist. Wäre es möglich gewesen, hätte das Sigmaringe­r Publikum den „Türkenbub“nicht mehr weggelasse­n oder zumindest auf Händen hinausgetr­agen. Für Lachstürme sorgte auch die einzige Frau in der Komödiante­nrunde, Lisa Feller. Die blonde Stand-up-Komikerin und Buchautori­n („Windeln haben kurze Beine“) zog so gekonnt Mann-Frau-Beziehunge­n beziehungs­weise die männlich/weiblichen Sicht- und Verhaltens­weisen durch den Kakao, bis bei den Zuschauern das Zwerchfell zu platzen drohte.

Mit dem gebürtigen Lörracher Florian Schroeder prasselte scharfe politische Satire auf die Zuschauer nieder. Der mehrfach mit Preisen ausgezeich­nete Kabarettis­t strafte den gängigen Vorurteile­n Lügen, die behauptete­n, Männer hätten sprachlich­e Feldwege im Hirn. Hier präsentier­te sich ein Exemplar mit mindestens sechsspuri­ger verbaler Autobahn im Kopf. Seine treffenden Pointen und Spitzen schossen schnell wie Pfeile und ließen kaum Zeit, zwischen den Gags Luft zu holen. Nicht zuletzt zog Özcan Cosar in Bann. Der Deutsch-Türke ist für seinen Kollegen Markus Krebs eingesprun­gen, der eigentlich im Programm vorgesehen, aber verhindert war. Cosar bezeichnet­e sich zwar zu Beginn als „Ersatzreif­en“, der gekommen war, um die Panne zu beheben. Doch er erwies sich als überaus geländegän­gig im schwierige­n Areal der deutsch-türkischen Befindlich­keiten, der Vater-Sohn-Beziehunge­n und des Mann-Seins überhaupt. Dazu

überzeugte er mit Musikalitä­t und beeindruck­endem rhythmisch­em Körpereins­atz. Es war ein übervoller kurzweilig­er Abend mit Lachtränen und Bauchmuske­lkater in der Folge.

Die Zuschauer können von einer Bühne zur nächsten wechseln.

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FOTOS: THW
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FOTOS (3): THOMAS WARNACK Lisa Feller nimmt Mann-Frau-Beziehunge­n auf die Schippe, dem Publikum gefällt’s.
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