Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Besucher stellen sich Programm zusammen
Baden-Württemberg macht Spaß kommt bei Sigmaringern gut an.
-● Baden-Württemberg SIGMARINGEN macht Spaß – so heißt das erfolgreichste Comedy- und Kabarettfestival des Ländles. Obwohl es bereits über 20 Jahre alt ist, hat es nichts von seiner Attraktivität und Anziehungskraft verloren – ganz im Gegenteil. Am Sonntag präsentierte sich das Gute-Laune-Festival überaus frisch und spritzig auf dem Stadthallenareal vor einem mehr als begeisterten Publikum. Neben den Auftritten der vier Künstler Bülent Ceylan, Lisa Feller, Florian Schroeder und Özcan Cosar (anstelle von Markus Krebs), die für sich schon allein der Hammer waren, beruht der Erfolg der Events sicher auch auf dem genialen Showkonzept, das den Veranstaltern nach (SWR1, Schwäbische Zeitung und Stadt Sigmaringen) einmalig in Deutschland ist. Denn die Comedy-Stars traten dabei an einem Abend im Wechsel auf mehreren Bühnen auf.
In Sigmaringen waren das die Stadthallenbühne und einer Bühne in einem Zelt auf dem Festplatz neben der Halle. Zwischen den einzelnen Auftritten ist auf jeder Bühne zeitgleich eine Pause von etwa 30 Minuten eingeräumt worden, in der die Zuschauer zur nächsten Bühne und damit zum nächsten Künstler wechseln konnten. Natürlich war dabei noch Zeit, sich auf den „Verpflegungsstationen“mit reichlich Nahrung und Getränken zu versorgen, denn durch die Wechsel zog sich die Veranstaltung über vier Stunden hin. Das schien das Publikum jedoch nicht zu stören, eher sogar zu genießen, bescherten die
Pausen und der Wechsel von einer Bühne zur anderen auch ein wenig Bewegung und Frischluft. Durch dieses Konzept konnten sich die Gäste wie bei einem Brunch selber aussuchen, wann sie welchen Künstler wo erleben wollten. Damit waren die Zuschauer in der Lage, ihr eigenes zweistündiges Comedy-Programm individuell zu gestalten. Also entweder seinen Lieblingskabarettisten mehrfach erleben oder alle vier Künstler im Wechsel sehen.
Mit Bülent Ceylan trat ein bundesweit bekannter Comedian auf, dessen deutsch-türkische Wurzeln fest im Ländle verankert sind, das machte er in seinen rasanten Auftritten mehr als deutlich. Trotz aller satirischer Klischeebearbeitung verschiedener nationaler Besonderheiten, für die er ja bekannt und beliebt ist, wollte er hervorgehoben wissen, dass das „Mensch-Sein“an erster Stelle stehen sollte, denn letztendlich könne keiner etwas für seine Herkunft. Die nicht enden wollenden Beifallsstürme, die Ceylan für seine kernigen Darbietungen und messerscharfen Pointen kassierte, schien den Mannheimer zu überwältigen, obwohl er weitaus größere Arenen gewohnt ist. Wäre es möglich gewesen, hätte das Sigmaringer Publikum den „Türkenbub“nicht mehr weggelassen oder zumindest auf Händen hinausgetragen. Für Lachstürme sorgte auch die einzige Frau in der Komödiantenrunde, Lisa Feller. Die blonde Stand-up-Komikerin und Buchautorin („Windeln haben kurze Beine“) zog so gekonnt Mann-Frau-Beziehungen beziehungsweise die männlich/weiblichen Sicht- und Verhaltensweisen durch den Kakao, bis bei den Zuschauern das Zwerchfell zu platzen drohte.
Mit dem gebürtigen Lörracher Florian Schroeder prasselte scharfe politische Satire auf die Zuschauer nieder. Der mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Kabarettist strafte den gängigen Vorurteilen Lügen, die behaupteten, Männer hätten sprachliche Feldwege im Hirn. Hier präsentierte sich ein Exemplar mit mindestens sechsspuriger verbaler Autobahn im Kopf. Seine treffenden Pointen und Spitzen schossen schnell wie Pfeile und ließen kaum Zeit, zwischen den Gags Luft zu holen. Nicht zuletzt zog Özcan Cosar in Bann. Der Deutsch-Türke ist für seinen Kollegen Markus Krebs eingesprungen, der eigentlich im Programm vorgesehen, aber verhindert war. Cosar bezeichnete sich zwar zu Beginn als „Ersatzreifen“, der gekommen war, um die Panne zu beheben. Doch er erwies sich als überaus geländegängig im schwierigen Areal der deutsch-türkischen Befindlichkeiten, der Vater-Sohn-Beziehungen und des Mann-Seins überhaupt. Dazu
überzeugte er mit Musikalität und beeindruckendem rhythmischem Körpereinsatz. Es war ein übervoller kurzweiliger Abend mit Lachtränen und Bauchmuskelkater in der Folge.
Die Zuschauer können von einer Bühne zur nächsten wechseln.