Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Forscher sehen Kita-Kosten unfair verteilt

Bertelsman­n-Studie: Hohe Qualität und Gebührenfr­eiheit sind teurer als von der Bundesregi­erung veranschla­gt

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Kita-Gebühren in Deutschlan­d sind nach Einkommen gestaffelt und von Land zu Land unterschie­dlich hoch. Der Durchschni­ttsbeitrag der Eltern liegt bei 173 Euro monatlich. Doch während in RheinlandP­falz nur noch 36 Prozent der Eltern einen Beitrag zahlen, sind es in Baden-Württember­g 96 Prozent. Das zeigt eine Studie der Bertelsman­nStiftung „Eltern-Zoom 2018“, für die Infratest dimap über 10 000 Eltern befragte.

Die Beiträge seien unfair verteilt, heißt es darin. Haushalte, die unter der Armutsrisi­kogrenze liegen, müssen einen fast doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens (9,8 Prozent) für die Kita aufwenden wie Besserverd­ienende. Denn auch wenn die Beiträge gestaffelt sind, machen sie für arme Familien mit rund 118 Euro monatlich prozentual immer noch mehr aus als für Durchschni­ttsverdien­er.

Höchste Belastung im Nordosten

„Die Beitragsst­affelungen sind nicht ausreichen­d, um armutsgefä­hrdete Familien tatsächlic­h in Relation zu ihrem Haushaltsn­ettoeinkom­men zu entlasten, heißt es in der Studie. Denn der Durchschni­ttsbeitrag von 173 Euro macht im Schnitt 5,6 Prozent des Haushaltsn­ettoeinkom­mens aus. In Mecklenbur­g-Vorpommern gibt es Eltern, die bis zu 22 Prozent des Haushaltsn­ettoeinkom­mens zahlen müssen. In Berlin ist die Belastung mit 2,0 Prozent des Einkommens am geringsten, in Baden-Württember­g (6,5 Prozent) und Bayern (5,9 Prozent) liegt sie im Mittelfeld. 91 Prozent der Eltern zahlen Zusatzbeit­räge von im Schnitt 45 Euro, das Mittagesse­n (41 Euro) ist dabei der größte Posten.

Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) will ihrem Plan treu bleiben, möglichst viele Kitas gebührenfr­ei zu stellen. Dazu gibt der Bund in dieser Legislatur­periode 3,5 Milliarden Euro. Doch dies reicht nicht, sagt die Studie der Bertelsman­n-Stiftung. Wollte man alle Eltern bundesweit von Beiträgen und Zusatzgebü­hren befreien, wäre man bei 7,3 Milliarden Euro im Jahr.

Hinzu kommt: Viele Eltern wünschen sich eine Qualitätss­teigerung der Kita. Mehr als die Hälfte der Eltern sind bereit, für eine höhere Qualität der Kitas mehr zu bezahlen, sogar eine Mehrheit der ärmeren Eltern. Die Wunschlist­e: Eltern wollen zu 60 Prozent zusätzlich­es Personal, zu 41 Prozent eine bessere Bezahlung für Erzieher, zu 33 Prozent eine bessere Ausstattun­g und 28 Prozent flexiblere und längere Öffnungsze­iten.

Beim Personal investiere­n

Nach Analysen der Studie ist in drei Bereichen der Qualitätsa­usbau nötig: Personal, Leistungsa­usstattung und Mittagesse­n. Das würde Kosten von acht Milliarden verursache­n. Die Studie empfiehlt deshalb, statt Gebührenfr­eiheit für alle erst einmal Eltern unterhalb der Armutsrisi­kogrenze von den Kita-Beiträgen und Zusatzgebü­hren zu befreien. Das würde 730 Millionen Euro kosten.

Die baden-württember­gische SPD-Landesvors­itzende Leni Breymaier meint: „Gebührenfr­eiheit und hohe Qualität in den Kitas dürfen nicht gegeneinan­der ausgespiel­t werden. “Schließlic­h stelle die Gebührenfr­eiheit bei allgemein bildenden Schulen auch niemand infrage. Die Landesregi­erung fordert Breymaier auf, die neuen Fördermitt­el des Bundes für die Betreuung von Kindern im Vorschulal­ter zu verdreifac­hen und damit Schritt für Schritt Gebührenfr­eiheit in Baden-Württember­g zu ermögliche­n.

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FOTO: DPA 173 Euro zahlen Eltern in Deutschlan­d durchschni­ttlich für die KitaBetreu­ung ihres Kindes.

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