Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gutachter: Angeklagte voll schuldfähi­g

Sachverstä­ndiger empfiehlt Therapie – Prozess gegen Hintermann geplant

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F/HECHINGEN - Im Prozess gegen zwei mutmaßlich­e Drogendeal­er aus Pfullendor­f hat der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Dr. Ralph-Michael Schulte vor dem Landgerich­t Hechingen gestern seine Gutachten vorgetrage­n. Sowohl der 38-jährige als auch der 25-jährige Angeklagte seien seiner Meinung nach voll schuldfähi­g gewesen, sagte der Mediziner. Dem 38-Jährigen empfiehlt er einen Drogenentz­ug, dem 25-jährigen eine Behandlung seiner Angststöru­ngen und seiner „Neigung zur Sucht“.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft den beiden Männern den Handel mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge in acht beziehungs­weise sechs Fällen vor. Zu Beginn des Prozesses hatten die Angeklagte­n den mehrfachen Handel mit Marihuana bereits in weiten Teilen eingeräumt. Ein weiterer, 49-jähriger Angeklagte­r aus Engen, hat zudem gestanden, als Drogenkuri­er tätig gewesen zu sein. Allerdings will er erst bei seiner Festnahme erfahren haben, was er transporti­erte. Ins Netz gegangen waren die drei Männer den Ermittlern, als sie am 29. November 2017 ein Scheingesc­häft mit 30 Kilogramm Marihuana abwickelte­n.

Zum Prozessauf­takt am 14. Mai berichtete der 38-jährige Angeklagte selbst von jahrelange­n Problemen mit Alkohol und Drogen. „Er hat vor seiner Festnahme massiv Kokain konsumiert, auch in Verbindung mit Alkohol“, sagte Ralph-Michael Schulte gestern. Die Folge: Wahnvorste­llungen, Halluzinat­ionen und Erinnerung­slücken. Anlässe für die Drogengesc­häfte seien die Finanzieru­ng der eigenen Sucht und wirtschaft­liche Probleme gewesen. Eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit oder gar Schuldunfä­higkeit kann der Sachverstä­ndige allerdings nicht erkennen. Um es mit dem Vorsitzend­en Richter Hanns Breucker zu sagen: „Sie wussten, was Sie taten!“

Ralph-Michael Schulte empfiehlt dem „therapiemo­tivierten“38-Jährigen die anderthalb- bis zweijährig­e Unterbring­ung in einer Entzugsans­talt. Werde der Angeklagte nicht behandelt, drohten vergleichb­are Straftaten und weiterer Drogenkons­um. „Ich glaube aber, dass er straffrei leben könnte, wenn er nicht mehr süchtig ist.“

Behandlung in Klinik empfohlen

Auch bei dem 25-jährigen Angeklagte­n kann der Sachverstä­ndige keine Schuldunfä­higkeit oder vermindert­e Schuldfähi­gkeit erkennen. Die Drogensuch­t sei zudem weniger stark ausgeprägt als beim 38-jährigen Mitangekla­gten. Handlungsb­edarf sieht Ralph-Michael Schulte aber dennoch: Er empfiehlt dem 25-Jährigen die ambulante Behandlung in einer psychosoma­tischen Fachklinik, vor allem wegen seiner Angststöru­ng.

Als Zeuge war gestern auch der Mann geladen, der dem 38-jährigen Angeklagte­n offenbar die 30 Kilogramm Marihuana beschafft hat. Von ihm waren DNA-Spuren an einer Tasche sichergest­ellt worden, in der am 29. November ein Teil der Drogen transporti­ert wurde. Der Mann aus Bad Saulgau, der in Fußfesseln und mit seinem Rechtsanwa­lt erschien, machte allerdings von seinem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch, um sich nicht selbst zu belasten. Wie Richter Hannes Breucker andeutete, ist vor dem Landgerich­t auch ein Prozess gegen diesen Hintermann geplant. Einen genauen Starttermi­n gibt es offenbar aber noch nicht.

Der Prozess wird morgen ab 9 Uhr fortgesetz­t, vermutlich mit den Plädoyers der Staatsanwa­ltschaft und der Verteidige­r. Ob morgen auch das Urteil fällt, ist noch offen.

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FOTO: COLOURBOX Der 38-jährige Hauptangek­lagte hatte vor seiner Festnahme massiv Kokain und Alkohol konsumiert. Ohne Therapie drohe ihm nach der Haft ein Rückfall, sagt der Sachverstä­ndige Dr. Ralph-Michael Schulte.

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