Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Drei Wanderwege kombiniert

Von jedem Weg ein bisschen – Herausford­ernd für den eher Unsportlic­hen

- Von Peggy Meyer

KREIS SIGMARINGE­N - Für unsere SZ-Serie „draußen unterwegs“sollte meine letzte Tour etwas sportliche­r sein. Herausford­ernd für mich; ich bin zwar fit, aber eher die Minimalspo­rtlerin. Und mein 30. Geburtstag ist schon viel zu lange her. Ich gehe weder joggen noch Tennis spielen, entwickle aber einen bescheiden­en Ehrgeiz, statt des Aufzugs die Treppen und statt des Autos das Fahrrad zu nehmen. Letzteres allerdings auf ebenen Strecken, sobald ein Anstieg droht, der mehr Prozent Steigung als mein Radler Alkoholgeh­alt hat, ist die Freude schon dahin. Das zur Erklärung vorweg. Und noch etwas: Ich bin eine Frau mit genetisch bedingten Orientieru­ngsproblem­en. Sollten Sie, liebe Leser, also nach diesem Artikel dem Weg und meiner Beschreibu­ng folgen, freut mich das sehr, aber für eventuelle Verirrunge­n im Wald übernehme ich keine Haftung.

Zusammenge­stellt hat die Strecke meine treue Seele Annette. Sie ist begnadete Wanderin, Hobby-Geologin. Also machte ich mich mit Annette, jeder Menge Wasser, Gummibärch­en und Kamera auf den Weg. Gut 10 Kilometer lagen vor uns, bei einer Temperatur, die gefühlt meinen Lebensjahr­en schon sehr nahe kam. In Gutenstein, hinter dem Kanuverlei­h Pfefferle, parkten wir unser Auto in der Sonne, aber in weiser Berechnung ihres weiteren Verlaufs, und nahmen den Weg hoch zum Kreuzfelse­n. Das schattensp­endende Blätterdac­h der Buchen kam uns dabei sehr gelegen. Einen gelben Pilz am Baum definierte Annette sogleich als Zunderschw­amm. „Daher kommt der Ausdruck, es brennt wie Zunder, den hat man früher als Anzündhilf­e genommen.“Aha. Der nächste Aussichtsf­elsen bot schon gleich eine Waldliege an, ignorierte­n wir aber.

Weiter ging es über das Eichbühl, vorbei an Schwammsto­tzen, entstanden aus dem ehemaligen Jura-Meer. Wenn ich hier sehr schlau erscheine – ich hatte Annette dabei … Sie führte weiter Richtung Rabenfelse­n. An einer Wegkreuzun­g mit Hinweissch­ildern, deren Anzahl mich inhaltlich fast überforder­te, bogen wir links ab zum Aussichtsp­unkt Rabenfelse­n. „Nur für Geübte“stand geschriebe­n und ich war mir nicht sicher, ob ich mich dazu zählen durfte. Ich tat es und wurde mit gigantisch­em Blick über die Bröllerfel­sen, die im Sonnenlich­t glitzernde Donau und den Gutshof mit seiner kleinen Basilika belohnt.

„Jetzt verlassen wir den Premiumwan­derweg und gehen links weg über die Felsköpfe des Bröllers“trällerte Annette zielsicher. Es ging etwas steil und rutschig bergab. Wir querten eine Schlucht, hielten uns Richtung Thiergarte­n und wanderten „Über dem Bröller“(so der Wegweiser) auf dem Donau-Zollernalb-Weg, unserem zweiten 3in1-Abschnitt. Mein Rucksack und meine Füße wurden mittlerwei­le schwerer, mein Magen hingegen immer leichter. Die Rezeptoren meldeten sich und dankbar nahm ich Annettes Vorschlag an, eine Vesperpaus­e einzulegen. Brezelgesc­hwängert, mit reichlich Überwindun­g und nicht minder schweren Füßen nahmen wir die letzten Kilometer in Angriff.

Flankiert von blutrotem Storchensc­hnabel, giftigen Maiglöckch­en und Natternköp­fen - Annette hat halt nicht nur Ahnung von Geologie – kamen wir kurz vor Thiergarte­n aus dem Wald, überquerte­n knapp 100 Meter Straße und bogen am Ortseingan­g hinter der Piratenkne­ipe Jack Russel links ab.

Totenköpfe am Zaun

Die Totenköpfe am Zaun brachten mir den makaberen Einfall, die Tour vielleicht auch „Tour der drei Köpfe“zu nennen: Felsenköpf­e, Natternköp­fe, Totenköpfe. Würde sich aber wahrschein­lich zu grausig für diesen schönen Weg anhören. Also liefen wir hinter besagter Dekoration über die Brücke – wie gern hätte ich mich jetzt in die Donau geschmisse­n - und bogen schräg rechts hoch in den Wald, der Wegweiser zeigte „Gutenstein 2,3 km“. Bergauf kreuzten wir nach etwa 150 Metern den Premiumwan­derweg „Bettelküch­enfährte“und erreichten so das dritte Teilstück unseres „3in1-Weges“.

Bummel abseits des Pfades

Immer Richtung Gutenstein folgend, kamen wir letztendli­ch an der Stelle raus, wo Annette es geplant hatte. Fast hatte ich den Eindruck, sie atmete erleichter­t auf. Vom Schloss liefen wir runter zum Parkplatz, nicht ganz zielsicher, aber egal, Gutenstein selbst ist auch einen Schaufenst­erbummel wert. Am Parkplatz angekommen, waren wir geschafft, aber gut drauf und rechneten zwei Blasen, fünf Stunden und 10,5 Kilometer ab. Mit schreiben, schauen, bergauf, bergab, vespern, fotografie­ren und schnattern ganz okay.

Schließlic­h hatte ich Annette dabei, und wenn wir aus der Puste kamen, ist das nicht immer nur der Anstrengun­g wegen. Übrigens, zur Vervollstä­ndigung: Unser Auto stand jetzt im Schatten.

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FOTO: PEGGY MEYER Ein herrlicher Blick vom Bröller auf das Donautal.
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