Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Mit den besten Grüßen aus Mengen
Ausstellung im Stadtmuseum zeigt rund 500 historische Postkarten
MENGEN - In Zeiten, in denen ein Schnappschuss oder ein Selfie vom Urlaubsort mit dem Smartphone in Sekundenschnelle an Freunde und Verwandte geschickt werden kann, hat die simple Postkarte kaum noch Bedeutung. Natürlich gibt es immer noch Liebhaber, die sich Karten schicken. Aber die Hochzeiten der Ansichtskarten, auf denen Rathausbrunnen und Gasthäuser zu sehen waren, sind definitiv vorbei. In seiner nächsten Ausstellung widmet sich der Verein für Heimatgeschichte und Museen Mengen „historischen Postkarten unserer Heimat“. Ab Donnerstag, 7. Juni, werden rund 500 Karten im Stadtmuseum Alte Posthalterei zu sehen sein.
Aus Mengen und den Ortsteilen existieren erstaunlich viele Postkarten. Manfred Müller, der selbst viele Karten gesammelt hat, hatte die Idee, zur Ausstellung und ist mit der Bitte um Leihgaben an andere Sammler aus Mengen herangetreten. „Einen Aufruf mussten wir da gar nicht mehr starten, weil wir mehr als genug Karten zusammen hatten“, sagt Otto Karl Linder. Es genügte, die Karten chronologisch zu ordnen und zu Themenblöcken zusammenzufügen. „Besonders schöne Karten haben wir vergrößert“, sagt er. So findet das Auge Halt in den vielen Bilderrahmen voller Postkarten.
Blütezeit der Ansichtskarten ist die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert gewesen. „Damals wurde das Briefgeheimnis insoweit gelockert, dass zur Korrespondenz auch im Porto günstigere Karten verschickt werden konnten“, sagt Linder. Ein richtiger Trend sei entstanden, überall wurden Postkarten gemalt oder Motive fotografiert.
Aus Mengen existieren die obligatorischen Ansichten von Kirchen, dem Rathaus, dem Bahnhof, der Hauptstraße, dem Hotel Baier oder verschiedenen Gastwirtschaften. „Es lässt sich anhand der Karten gut nachvollziehen, wie sich die Stadt topografisch und baulich entwickelt hat“, so Linder. Karten zeigen auch den Missionsberg, das Freibad, das Forsthaus, das Reiserspital oder den Fliegerhorst. Auch Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg ist zu sehen.
„Besonders interessant sind auch die Exemplare, die der Mengener Fotograf Pius Bolter gestaltet hat“, sagt Linder. Auf diesen Karten sieht man etwa eine Kleepflanze, vierblättrig natürlich, mit Blüte. In den Blättern sind Ansichten der Stadt zu sehen. „Und das wurde alles ganz ohne Computer hergestellt.“Neben vielen der Karten ist zu lesen, wohin sie geschickt wurden. 1899 hat es eine Karte etwa bis nach Philadelphia geschafft. Wie lange sie aber gebraucht hat, ist nicht dokumentiert.
„Heute schreibt ja kaum jemand mehr Karten“, sagt Linder. Seine Kinder etwa greifen bei Urlaubsreisen auf besondere Apps zurück. Die übermitteln aus dem Urlaub selbstgemachte Fotos und eingetippte Texte nach Deutschland, wo beides auf individuelle Karten gedruckt und an die Eltern in Mengen versandt wird. Auch diese Karten sind im Museum zu sehen – als Kontrast zu den historischen. Es sind übrigens Karten aus allen Ortsteilen vorhanden, sogar aus Granheim. Ein Rundgang durch die Sammlung lohnt sich also.