Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Finanzamt wartet auf Briefkasten
Seit mehr als vier Monaten kann keine Post eingeworfen werden.
SIGMARINGEN - Seit dem Benzinangriff vor mehr als vier Monaten ist der Briefkasten des Finanzamts verschlossen. In der kommenden Woche soll der neue Briefkasten geliefert werden. Dies kündigte der Amtsleiter Helmut Bosler an. Warum dauert die Lieferung so lange? Der Chef des Finanzamts erklärt die mehrmonatige Verzögerung mit den hohen Sicherheitsstandards, die für den neuen Briefkasten einzuhalten sind. Der Unbekannte, der Ende Januar Benzin in den Briefkasten des Finanzamts gegossen hat und einen Drohbrief verfasste, konnte bislang nicht ermittelt werden.
Der frühere Briefkasten ist seit dem Benzinangriff verschlossen, um das Finanzamt vor weiteren Angriffen zu schützen. Mehr als vier Monate sind seither vergangen. Steuerpflichtige, die ihre Post persönlich beim Finanzamt vorbeibringen wollten, müssen ihre Briefe nun während der Öffnungszeiten abgeben. Da dies für viele Kunden unbefriedigend war, bietet das Finanzamt ihnen an, die Briefe unfrankiert in den Postbriefkasten zu werfen, der sich ganz in der Nähe an der Karlstraße befindet. Das Porto bezahlt das Finanzamt. Wie hoch die zusätzlichen Kosten für das Finanzamt sind, das kann der Amtsleiter im Detail nicht sagen. „Pro Tag kostet uns das 10 bis 30 Euro“, rechnet er vor, „die Kundenzufriedenheit ist mir dies wert“. An der Eingangstüre können sich die Kunden einen Aufkleber mit dem Aufdruck „Porto zahlt Empfänger“nehmen.
So weiß die Post, dass das Finanzamt die Kosten übernimmt. Damit sie ihre Post auch tagsüber länger abgeben können, wurden die Öffnungszeiten von Montag bis Donnerstag bis 16 Uhr erweitert. „So hat der Bürger keine Rechtsnachteile“, sag Bosler weiter, denn durch die Lösung mit dem benachbarten Postbriefkasten könnten Fristen eingehalten werden. Wahrscheinlich deshalb hätten sich die Beschwerden von Kunden in Grenzen gehalten.
Wie berichtet, hat ein Unbekannter Benzin in den Briefkasten des Finanzamts an der Sigmaringer Karlstraße 31 gegossen und einen Zettel mit einer Drohung hinterlassen, auf dem er einen Brandanschlag ankündigte. Da die Drohung handschriftlich niedergeschrieben wurde, untersuchte die Polizei das Schriftstück und verglich die Handschrift mit Verdächtigen, die ihr vom Finanzamt genannt wurden. „Es waren gewisse Ähnlichkeiten da, aber einen eindeutigen Nachweis hat die Schriftprobe nicht ergeben“, sagt der Leiter des Finanzamts. Deshalb reiche es nicht für ein Strafverfahren aus. Die Staatsanwaltschaft Hechingen bestätigt die Einstellung des Verfahrens. Sollte sich ein neuer Verdacht ergeben, würden die Ermittlungen wieder aufgenommen, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Jens Gruhl auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Der Liefertermin für den neuen Briefkasten ist für nächste Woche vorgesehen. Da der Sockel bereits steht, sei umgehend mit einer Montage zu rechnen. Der neue Briefkasten ist freistehend, damit das Amt bei einem Anschlag verschont bleibt. Er muss außerdem über eine Sicherheitssperre verfügen, damit Unbefugte keine Post herausnehmen können. Der gewünschte Lieferant habe diesen Standard nicht gebaut, deshalb musste Ersatz gesucht werden. Wegen eines Brandes beim Lieferanten habe sich der Termin, so Bosler, zuletzt weiter verzögert.
Kommende Woche soll die unendliche Geschichte ein Ende finden.
„Mir ist die Kundenzufriedenheit das wert“, sagt der Leiter des Finanzamts Helmut Bosler über die zusätzlichen Portokosten.