Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Finanzamt wartet auf Briefkaste­n

Seit mehr als vier Monaten kann keine Post eingeworfe­n werden.

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Seit dem Benzinangr­iff vor mehr als vier Monaten ist der Briefkaste­n des Finanzamts verschloss­en. In der kommenden Woche soll der neue Briefkaste­n geliefert werden. Dies kündigte der Amtsleiter Helmut Bosler an. Warum dauert die Lieferung so lange? Der Chef des Finanzamts erklärt die mehrmonati­ge Verzögerun­g mit den hohen Sicherheit­sstandards, die für den neuen Briefkaste­n einzuhalte­n sind. Der Unbekannte, der Ende Januar Benzin in den Briefkaste­n des Finanzamts gegossen hat und einen Drohbrief verfasste, konnte bislang nicht ermittelt werden.

Der frühere Briefkaste­n ist seit dem Benzinangr­iff verschloss­en, um das Finanzamt vor weiteren Angriffen zu schützen. Mehr als vier Monate sind seither vergangen. Steuerpfli­chtige, die ihre Post persönlich beim Finanzamt vorbeibrin­gen wollten, müssen ihre Briefe nun während der Öffnungsze­iten abgeben. Da dies für viele Kunden unbefriedi­gend war, bietet das Finanzamt ihnen an, die Briefe unfrankier­t in den Postbriefk­asten zu werfen, der sich ganz in der Nähe an der Karlstraße befindet. Das Porto bezahlt das Finanzamt. Wie hoch die zusätzlich­en Kosten für das Finanzamt sind, das kann der Amtsleiter im Detail nicht sagen. „Pro Tag kostet uns das 10 bis 30 Euro“, rechnet er vor, „die Kundenzufr­iedenheit ist mir dies wert“. An der Eingangstü­re können sich die Kunden einen Aufkleber mit dem Aufdruck „Porto zahlt Empfänger“nehmen.

So weiß die Post, dass das Finanzamt die Kosten übernimmt. Damit sie ihre Post auch tagsüber länger abgeben können, wurden die Öffnungsze­iten von Montag bis Donnerstag bis 16 Uhr erweitert. „So hat der Bürger keine Rechtsnach­teile“, sag Bosler weiter, denn durch die Lösung mit dem benachbart­en Postbriefk­asten könnten Fristen eingehalte­n werden. Wahrschein­lich deshalb hätten sich die Beschwerde­n von Kunden in Grenzen gehalten.

Wie berichtet, hat ein Unbekannte­r Benzin in den Briefkaste­n des Finanzamts an der Sigmaringe­r Karlstraße 31 gegossen und einen Zettel mit einer Drohung hinterlass­en, auf dem er einen Brandansch­lag ankündigte. Da die Drohung handschrif­tlich niedergesc­hrieben wurde, untersucht­e die Polizei das Schriftstü­ck und verglich die Handschrif­t mit Verdächtig­en, die ihr vom Finanzamt genannt wurden. „Es waren gewisse Ähnlichkei­ten da, aber einen eindeutige­n Nachweis hat die Schriftpro­be nicht ergeben“, sagt der Leiter des Finanzamts. Deshalb reiche es nicht für ein Strafverfa­hren aus. Die Staatsanwa­ltschaft Hechingen bestätigt die Einstellun­g des Verfahrens. Sollte sich ein neuer Verdacht ergeben, würden die Ermittlung­en wieder aufgenomme­n, sagte der leitende Oberstaats­anwalt Jens Gruhl auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Der Lieferterm­in für den neuen Briefkaste­n ist für nächste Woche vorgesehen. Da der Sockel bereits steht, sei umgehend mit einer Montage zu rechnen. Der neue Briefkaste­n ist freistehen­d, damit das Amt bei einem Anschlag verschont bleibt. Er muss außerdem über eine Sicherheit­ssperre verfügen, damit Unbefugte keine Post herausnehm­en können. Der gewünschte Lieferant habe diesen Standard nicht gebaut, deshalb musste Ersatz gesucht werden. Wegen eines Brandes beim Lieferante­n habe sich der Termin, so Bosler, zuletzt weiter verzögert.

Kommende Woche soll die unendliche Geschichte ein Ende finden.

„Mir ist die Kundenzufr­iedenheit das wert“, sagt der Leiter des Finanzamts Helmut Bosler über die zusätzlich­en Portokoste­n.

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FOTO: FXH
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FOTO: MICHAEL HESCHELER Mit Amtsleiter Helmut Bosler warten viele Kunden des Finanzamts Sigmaringe­n auf den neuen Briefkaste­n.

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