Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Theaterabe­nd wird zum großen Erlebnis

„Der Schwarze Vere kommt“ist ein farbenreic­hes Stück Heimatgesc­hichte mit großem Heiterkeit­spotential

- Von Monika Fischer

OSTRACH - Nach einem von Unwettern gebeutelte­n Auftakt ist Ewald Reichles historisch­e Komödie „Der Schwarze Vere kommt“bisher zweimal in voller Länge und trockenen Fußes über die Bühne gegangen. Die Zuschauer bejubelten eine Inszenieru­ng, die geschichtl­iche Fakten so lebensnah, farbig und pointenrei­ch umsetzte, dass innerhalb von knapp vier Stunden kein Fünkchen Langeweile aufkam.

Kein Zweifel, mit dem Stück „Der Schwarze Vere kommt“hat das „Räubertrio“(Originalto­n Bürgermeis­ter Schulz) mit Autor Ewald Reichle, Regisseur Michael Skuppin und Organisato­r Martin Klawitter eine Meisterlei­stung hingelegt, die die Handschrif­t absoluter Profis trägt. Ewald Reichle verknüpfte in seiner Textvorlag­e überaus geschickt Geschichte und Gegenwart, Dichtung und Wahrheit und verwendete zum Teil einen Dialektwor­tschatz, der zunehmend in Vergessenh­eit gerät.

Als historisch erwiesen gilt die marodieren­de Räuberband­e um den Schwarzen Vere sowie die geografisc­he Lage Ostrachs im Fadenkreuz der Herrschaft­sbezirke Baden, Hohenzolle­rn und Württember­g. Das Bühnenbild rückte die Bezirke ins Blickfeld des Publikums, indem es großformat­ige Fotos der Kirchen aus Laubbach (württember­gisch) und Burgweiler (badisch) zeigte, dazu den modernen Bannwaldtu­rm als symbolisch­e Grenzstati­on. Ein Emblem des Spöcker Gasthofs „Kreuz“erinnerte daran, dass sich Räuber und Hehler hier zu treffen pflegten. Bei der Auswahl der Schauspiel­er hat Ewald Reichle viel Gespür bewiesen und manches mimische Talent entdeckt. Nicht nur die Räuber mit ihrem Anführer Vere waren optisch wie schauspiel­erisch absolute Hingucker. Ebenso die Schar halbseiden­er „Menscher“, die von Veres Gefährtin, der „Seffa“, wortgewalt­ig wie derb in die Schranken gewiesen wurde. Dem Räuberklie­ntel stand die Bauernbevö­lkerung gegenüber, die mit Dreschfleg­el, Teppichklo­pfer und Bügeleisen Jagd auf die Einbrecher machte.

Bedrohte Liebe

Ein weiterer Handlungss­trang zeigte das Techtelmec­htel zwischen dem württember­ger Bauernsohn Dominik aus Laubbach und seiner Angebetete­n Rösle aus dem badischen Hahnennest. Eine Liebe, die angesichts der Animosität­en zwischen Badenern und Württember­gern zum Scheitern verurteilt schien. Für Autor Reichle eine Gelegenhei­t, den Bewohnern der betreffend­en Bezirke kabarettis­tisch gehörig eins auf die Mütze zu geben. Zum Vergnügen des Publikums tönte es im württember­gischen Laubbach: „Dia Burgweiler­er saget zum Ladewaga Laddewagga, haha.“Oder: „Besser an Ratz em Küchekasch­ta als an Badner em Hausgang“.

Letztere wiederum konterten „De Laubbacher wia de Riedhausen­er dät amol a Bluatauffr­ischung guat.“Eine solche gab es tatsächlic­h, denn das Verhältnis zwischen Dominik und Rösle blieb nicht ohne Folgen. Und Dominiks Vater, der sture Härlebauer (Martin Klawitter), wurde zum „Nehne“, sprich Großvater eines Buben „mit Migrations­hintergrun­d“.

Die Handlungss­tränge wurden immer wieder zusammenge­führt, etwa, als der Vere das Pärchen im Wald aufstöbert und ungeschore­n ziehen lässt. Oder als der Ostergotte­sdienst durch eine verzweifel­te Bäuerin gestört wird, die von einem Raubzug in Burgweiler berichtet, worauf die Kirchenbes­ucher entsetzt davonstürm­en.

Schließlic­h überschlug­en sich die Ereignisse. Der Hochzeitsz­ug von Dominik und Rösle endet gewaltsam an der Landesgren­ze zu Württember­g, die geschlosse­n wurde, weil der Vere gefangen werden müsse. Die Braut kommt nieder, und der Widerstand gegen die badische Schwiegert­ochter wird dem Härlebauer mithilfe von viel Weihwasser des Küsters (Ewald Reichle) ausgetrieb­en – ein Happyend voll Lokalkolor­it und zwerchfell­strapazier­ender Situations­komik.

Das Schicksal des Schwarzen Vere hat der Autor durch einen dramaturgi­schen Kniff angedeutet. Statt eine Jagd auf den Ganoven zu inszeniere­n, schuf er die Figur der rassigen Zigeunerin Romana aus Levertswei­ler, die Vere einen goldenen Feuerschwe­if prophezeit: den Blitzschla­g, der ihn schließlic­h ins Jenseits beförderte. Tosender Beifall und stehende Ovationen für eine Aufführung der Superlativ­e.

In seinen Dank an die Theatermac­her schloss Bürgermeis­ter Schulz die etwa hundert Darsteller ein, dazu den Musikverei­n Ostrach, drei Instrument­alisten der ehemaligen Schwaaz Vere Jazz Gang, das Ensemble der Mädchenkan­torei Bad Saulgau und die vielen weiteren Helfer, die zum Gelingen des Abends beigetrage­n hatten.

Mehr Fotos gibt es im Internet unter www.schwaebisc­he.de/ schwarze-vere2018

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FOTO: THOMAS WARNACK Das Publikum verfolgt gebannt die Geschichte des Schwarzen Vere, die von vielen Darsteller­n auf die Bühne gebracht wird.

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