Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ehm muss heraus aus seiner Wohlfühlzo­ne

- Von Patrick Laabs ●» p.laabs@schwaebisc­he.de

Wer am Dienstagab­end auf einen verbalen Schlagabta­usch zwischen dem Amtsinhabe­r Thomas Schärer und seinem Herausford­erer Marcus

Ehm gehofft hatte, wurde enttäuscht. Ehm, der Jurist, machte keine Anstalten, die Politik Schärers in den vergangene­n acht Jahren kritisiere­n zu wollen. Sigmaringe­n stehe gut da und sei bezüglich aller relevanter Zukunftsfr­agen grundsätzl­ich bestens aufgestell­t. Bezeichnen­d: Das einzige, was derzeit in Sigmaringe­n schlecht laufe, sei aus seiner Sicht das Wetter.

Es ist Ehm nicht vorzuwerfe­n, dass er sich selbst nicht in der Rolle des Kläffers oder Wadenbeiße­rs sieht. Er versteht sich als die bodenständ­ige, als die „Sigmaringe­r Alternativ­e“zu Thomas Schärer. Ehm will mit Eloquenz, Sympathie und Ruhe beim Wähler punkten. Und dass er mit dieser besonnenen Art viele Wähler bereits von sich überzeugt hat, wurde in der Stadthalle schnell deutlich. Die Stimmung ihm gegenüber war von Beginn an wohlwollen­d, er erhielt für seine Aussagen bis zum Schluss mehr Applaus. Der Abend machte aber auch eines deutlich: Alle die Bürger, die noch unentschie­den sind, wen sie am 1. Juli wählen sollen, ließ Ehms Auftritt ratlos zurück. Welche Projekte ihm besonders wichtig sind, was er als Erstes anstoßen will, was er generell unbedingt verbessern will, weshalb er der bessere Bürgermeis­ter für die Stadt Sigmaringe­n sei: alles dies blieb nebulös.

Thomas Schärer wird nicht gejubelt haben, als mit Ehm ein ernsthafte­r Gegenkandi­dat seinen Hut in den Ring geworfen hat. Doch er scheint verstanden zu haben, worum es geht. In der Stadthalle präsentier­te sich der Bürgermeis­ter kämpferisc­h, wenn er etwa betonte, dass Sigmaringe­n nicht zuletzt aufgrund seiner Arbeit eine familienun­d kinderfreu­ndliche Stadt sei. Er positionie­rte sich in aller Deutlichke­it für den Bau eines neuen Hallenbads, während Ehm auch hier unklar blieb. Und Schärer hatte offenbar auch das Bedürfnis, eigene Schwächen zuzugeben. So übernahm er die volle Verantwort­ung für das Millioneng­rab Blütenzaub­er – und der Schweizer, der sich häufig von seinen Emotionen leiten lässt, äußerte den Wunsch, sein Verhalten generell überdenken zu wollen.

Wenn Ehm eine realistisc­he Chance auf einen Wahlsieg über Schärer haben will, muss er in den kommenden zwei Wochen heraus aus seiner Wohlfühlzo­ne – und den Sigmaringe­rn auch inhaltlich eine klare Alternativ­e zu Schärer bieten.

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