Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kein Tempo, keine Härte
Die Probleme der deutschen Mannschaft gegen Mexiko – Hummels klagt an
RAVENSBURG (mp/SID) - Mittelfeldregisseur Toni Kroos versuchte noch, die überraschende WM-Auftaktniederlage gegen Mexiko mit Standardsätzen zu erklären. Dann aber war Innenverteidiger Mats Hummels – selbst einer der schwächsten – dran. Seine Reaktion auf das 0:1 der deutschen FußballNationalmannschaft fiel direkt nach Spielende überdeutlich aus.
„Es ist ziemlich einfach: Wir haben wie gegen Saudi-Arabien (2:1 im letzten WM-Test, die Red.) gespielt, nur eben gegen einen besseren Gegner. Wir haben die Dinge oft intern angesprochen, Dinge wie einfache Ballverluste und fehlende Absicherung. Leider haben wir es überhaupt nicht umgesetzt, deshalb sah die erste Halbzeit so aus, wie sie aussah“, verwies Hummels auf Erkenntnisse aus der Vorbereitung, die offensichtlich nicht gefruchtet hatten.
Überhaupt kritisierte er die taktische Marschrichtung. „Wenn sieben oder acht Spieler offensiv spielen, dann ist klar, dass die offensive Wucht größer ist als die defensive Stabilität“, kritisierte er und beklagte, dass er sich mit Jérôme Boateng häufig allein gelassen gefühlt habe.
Schon in der ersten Minute wurde das deutsche Abwehr-Harakiri erstmals von den Mexikanern schonungslos offen gelegt. Über die linke Seite konnte Lozano in den Strafraum eindringen. Jérôme Boateng rettete per Grätsche – eine Riesentat. Dass der Berliner Marvin Plattenhardt kurzfristig als linker Verteidiger für den erkrankten Jonas Hector einspringen musste, war kein maßgebliches Handicap.
Die Problemzone war die andere Flanke. Der Bösinger Joshua Kimmich spielte praktisch Rechtsaußen. Seine Defensivaufgaben blieben unerledigt. Zudem leistete er sich etliche Stellungsfehler und agierte sehr unsicher. Sami Khedira irrte zudem völlig untypisch im Kreis umher. Weitere Probleme: Fehlende Pressinghärte, fehlendes Tempo.
Torschütze Lozano hatte viel zu viel Raum. Immer wieder stießen die schnellen Mexikaner per Konter in diese Lücke. Löw reagierte auf dieses taktische Problem nicht.
Auch die eigentlich gut eingespielte Innenverteidigung hatte einen Katastrophentag. Abwehrboss Jérôme Boateng konnte die unglaublichen Lücken nicht schließen, produzierte einen falschen Einwurf und eine Kerze in den Moskauer Himmel. Generalkritiker Mats Hummels zeigte sich überfordert und unsicher am Ball. Vor dem 0:1 rutschte er – viel zu weit aufgerückt – unglücklich aus. Insgesamt fand er keinerlei Zugriff zum Gegner.
Eine Niederlage als Weckruf ? Dazu sei es „schon zu spät“, warnte Hummels: „Wir müssen zwei Spiele gewinnen. Sonst war es das mit der WM.“Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich unbeeindruckt: „Den Plan über den Haufen schmeißen – das machen wir schon gar nicht! Wenn wir die Sachen gut machen, die wir können, haben wir die Fähigkeit, zum Abschluss zu kommen.“Dennoch sieht Löw Verbesserungspotenzial: „Alle kamen entgegen und wollten den Ball in den Fuß gespielt haben – das müssen wir verbessern. Wir werden aber nicht von unserem Weg abgehen, wir müssen unsere Stärke wiederfinden.“