Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Naturschüt­zer beklagen Örtlichkei­t

Infotag über Artenschut­z fand in Göggingen, einem Kiesabbaug­ebiet, statt.

- Von Christoph Klawitter

GÖGGINGEN – Sind Kiesgruben eine Chance für den Artenschut­z? Dieser Frage ist am Naturschut­ztag in Göggingen im Gasthaus Linde der Oberschwäb­ische Naturschut­ztag nachgegang­en. Dabei ging es am Rande auch um den Kiesabbau in Göggingen. Rainer Ohmacht vom Verein Lebenswert­es Göggingen und Umgebung kritisiert­e, dass Göggingen als Veranstalt­ungsort ausgewählt worden war.

Der Bund Naturschut­z Oberschwab­en (BNO) und das Naturschut­zzentrum Wurzacher Ried haben in Kooperatio­n mit der NabuOrtsgr­uppe Sigmaringe­n den Naturschut­ztag veranstalt­et. Naturschüt­zer und Naturfreun­de nahmen teil. Rainer Ohmacht ergriff das Wort und kritisiert­e, dass die Veranstalt­ung in Göggingen abgehalten wurde. „Ich weiß nicht, ob Ihnen allen bewusst ist, dass wir hier in Göggingen uns in einem laufenden Verfahren befinden“, sagte er. Er verdeutlic­hte, dass es in der Bevölkerun­g Kritik daran gibt, dass es Kiesuntern­ehmen genehmigt wurde, neue Abbaugebie­te in Göggingen zu erschließe­n. „Wer nicht hier wohnt, kann sich das nicht vorstellen was das für die Leute hier bedeutet“, betonte Ohmacht.

Dann kam er auf seinen Kritikpunk­t zu sprechen: Wenn er, Ohmacht, Kiesuntern­ehmer wäre, würde er so eine Veranstalt­ung, in der es um Kiesgruben als Chance für den Artenschut­z geht, „ausschlach­ten“. „Ich hätte mir bei der Auswahl des Ortes mehr Fingerspit­zengefühl gewünscht, und keine Baggerscha­ufel“, sagte Ohmacht, an den BNO gerichtet.

Ausflug zum Kiesuntern­ehmen

Ebenfalls anwesend war Helge-Alexander List, Geschäftsf­ührer des Kiesuntern­ehmens Valet und Ott, das in Göggingen Kies abbaut. Mit Blick auf die Bemerkung des „Ausschlach­tens“sagte er betont sachlich, dass er Ohmacht beruhigen könne – das habe er nicht vor. Für den Nachmittag war eine Exkursion der Naturschut­ztag-Teilnehmer in eine Kiesgrube von Valet und Ott vorgesehen. List unterstric­h, dass das Unternehme­n im Vorfeld des Naturschut­ztages keinen aktiven Einfluss genommen habe. Er und das Unternehme­n seien selbst überrascht gewesen als der BNO auf sie zugekommen sei.

Horst Weisser, Geschäftsf­ührer des BNO und Moderator des Naturschut­ztages, betonte, dass der Veranstalt­ungsort nicht wegen des Kiesabbaus in Göggingen ausgewählt worden sei. Mit dem Gasthaus Linde sei eine gute Infrastruk­tur zur Durchführu­ng der Veranstalt­ung gegeben. Und inhaltlich gehe es an diesem Tag um den Austausch miteinande­r, um „das Beste für den Artenschut­z nachhaltig zu erreichen“, sagte Weisser. Es gehe nicht um das Thema Göggingen, ergänzte er gegenüber der SZ. Hans-Joachim Masur, stellvertr­etender BNO-Vorsitzend­er, hakte zum Thema Kiesexport nach. „Ja, unser Unternehme­n exportiert Kies in die Schweiz“, antwortete Helge-Alexander List. Er habe in diesem Zusammenha­ng schon die „tollsten Theorien“gehört, bemerkte List voller Ironie. Beispielsw­eise, dass man in der Schweiz Kies bunkere, um das in 100 Jahren dann teuer an Deutsche zu verkaufen. „Diese Vorwürfe kamen, ernsthaft“, sagte List.

Fachvorträ­ge über Artenschut­z

Mehrere Vorträge standen auf dem Programm: Die Vielfalt der Natur im Naturpark Obere Donau, der Lebensraum Kiesgrube sowie die Ziele des Naturschut­zes für Abbaufläch­en waren die Themen der Fachvorträ­ge. Über letzteres beispielsw­eise sprach Jürgen Trautner, ein Experte für tierökolog­ische Gutachten. Er hat über viele Jahre die Entwicklun­g einer Kiesabbaul­andschaft im Hegau beobachtet. Zumindest in größeren Abbaugebie­ten könnten besonders wichtige Arten zum Teil längerfris­tig erhalten werden. Naturschut­zfachlich komme in Kiesgruben den frühen Entwicklun­gsstadien auf nährstoffa­rmen Roh- und Skelettböd­en die höchste Bedeutung zu.

Die Naturschüt­zer besprachen auch einen Entwurf für ein Positionsp­apier des BNO. Darin heißt es, dass es angesichts schwindend­er Artenzahle­n unumgängli­ch sei, entspreche­nde Chancen, die sich durch den Abbau von Rohstoffen ergeben, besser zu nutzen. Die bisherigen Rekultivie­rungskrite­rien und Regeln für die Nachnutzun­g müssten zudem modifizier­t werden.

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FOTO: SIMON SIMAN
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ARCHIVFOTO: SIMON SIMAN Naturschüt­zer kritisiere­n den Kiesabbau in Göggingen, wie hier auf dem Symbolbild vom Kieswerk Baresel in Inzigkofen.
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CHRISTOPH KLAWITTER FOTO: Gögginger Bürger hören den Vorträgen des Naturschut­ztages zu.

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