Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Geschäfte verkaufen harten Alkohol an Jugendliche
Kontrollen zeigen Nachholbedarf beim Jugendschutz – Vier von neun Verkäufern müssen mit Strafen rechnen
PFULLENDORF - Schlecht haben die Pfullendorfer Geschäfte bei gemeinsamen Alkohol-Testkäufen von Polizei und Ordnungsamt abgeschnitten: Vier von neun Betrieben verkauften hochprozentigen Alkohol an Jugendliche – obwohl sie vorab über die Testkäufe informiert worden waren. „Erklären können wir uns dieses Ergebnis selbst nicht so recht“, sagt Ordnungsamtsleiter Simon Klaiber. Mit weiterer Aufklärungsarbeit sollten die Betriebe nun verstärkt für das Thema sensibilisiert werden. „Außerdem werden wir die Testkäufe in absehbarer Zeit wiederholen.“
Im Mai hatte das Pfullendorfer Ordnungsamt die Testkäufe angekündigt. Dabei wies der Ordnungsamtsleiter darauf hin, dass es nicht darum gehe, Verstöße möglichst hart zu bestrafen. Klaiber unterstrich aber auch, dass jeder Verstoß geahndet wird. „Wir werden nun gegen die eingeteilten Verkäufer Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten“, sagt er. Über die Höhe des entsprechenden Verwarn- oder Bußgelds würden die Betroffenen in den kommenden Wochen informiert. „Sie wurden aber auch schon direkt vor Ort belehrt, sodass sie wissen, was in etwa auf sie zukommt.“
Absolviert wurden die Testkäufe im Juni von zwei Jugendlichen einer Sigmaringer Schule, die von Polizeibeamten in Zivil begleitet wurden. Fünfmal wurde ihnen nach der Alterskontrolle die Abgabe von hochprozentigem Alkohol untersagt. „In zwei weiteren Fällen wurde ihr Ausweis gar nicht erst erfragt – obwohl die Jugendlichen ganz offensichtlich jünger waren als 18 Jahre“, sagt Simon Klaiber. In den anderen beiden Fällen sei das Geburtsdatum falsch abgelesen worden.
Dabei hatten die Markt- beziehungsweise Filialleiter ihre Angestellten offenbar durchaus auf die bevorstehenden Testkäufe hingewiesen: In einigen Geschäften hing sogar das Schreiben des Ordnungsamts aus. „Außerdem sind die Kassensysteme heutzutage so ausgereift, dass sie den Verkäufern sogar den nötigen Stichtag für das Geburtsdatum anzeigen“, sagt Simon Klaiber. „Normalerweise kann man dabei nichts falsch machen.“Für Polizei und Ordnungsamt sei unterm Strich aber auch unerheblich, ob sich ein Verkäufer den Ausweis gar nicht erst zeigen lasse oder das Geburtsdatum nicht gewissenhaft genug ablese.
Fehler eingeräumt
Alle Betroffenen wurden direkt im Anschluss an die Testkäufe darüber aufgeklärt – unabhängig davon, ob sie gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen hatten oder nicht. Die Begleiter der Jugendlichen suchten sowohl das Gespräch mit den Verkäufern als auch mit den Markt- oder Filialleitern beziehungsweise ihren Stellvertretern. Diese hätten immerhin mit generellem Verständnis auf die Testkäufe reagiert. „Alle haben ihren Fehler unmittelbar eingeräumt“, sagt Simon Klaiber. Trotz allem würden die Verstöße geahndet. „Nach wie vor steht die Sensibilisierung im Vordergrund – und nicht, die Betroffenen möglichst hart zu bestrafen“, sagt Klaiber. „Aber es wäre auch das falsche Signal, auf Konsequenzen zu verzichten.“
Angesichts der Ergebnisse sehen Polizei und Ordnungsamt weiteren Handlungsbedarf. Das Thema Jugendschutz sei offenbar noch nicht in allen Betrieben angekommen, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Pfullendorf. „Wir werden die Filialen noch einmal schriftlich informieren“, sagt Simon Klaiber. Die Behörden wollten weiterhin Aufklärungsarbeit leisten, insbesondere vor Schulferien oder der Fasnet.
Noch im Sommer wollen Mitarbeiter beliebte Treffpunkte von Jugendlichen aufsuchen, um mit diesen über das Thema zu sprechen. Außerdem werden die Testkäufe noch einmal wiederholt. Dann bekommen die Geschäfte eine zweite Chance, sich beim Jugendschutz zu bewähren.