Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Drazen D. hat sein Ziel erreicht: seine frühere Partnerin leiden zu sehen“
Landgericht Rottweil verurteilt Dreifachmörder von Villingendorf zu lebenslanger Haft und stellt „die besondere Schwere der Schuld“fest
ROTTWEIL - Höchststrafe für Drazen D. Das Landgericht Rottweil hat den Dreifachmörder von Villingendorf gestern nach mehr als 120 Verhandlungsstunden an 17 Prozesstagen und nach der Anhörung von 102 Zeugen sowie sieben Sachverständigen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und zudem „die besondere Schwere der Schuld“festgestellt.
Das bedeutet: Drazen D. kommt, wie bei „lebenslang“vielfach üblich, auf keinen Fall nach 15 Jahren frei, sondern muss so lange im Gefängnis bleiben, wie es sein Verhalten und sein Zustand erfordern.
Drazen D. nimmt das Urteil mit unbewegter Miene auf. „Wir haben ihn darauf vorbereitet“, sagt Verteidiger Bernhard Mussgnug. Karlheinz Münzer, der Vorsitzende Richter, nennt einen weiteren tiefer gehenden Grund: Dem Täter sei es einzig darum gegangen, seine frühere Partnerin „ein Leben lang leiden zu sehen. Drazen D. hat sein Ziel erreicht.“Dafür habe er von Anfang an eine lebenslange Gefängnisstrafe in Kauf genommen. Das Motiv seien „abgrundtiefer Hass und Rache“gewesen, weil ihn seine Freundin verlassen habe.
Während der fast zweistündigen Urteilsbegründung des Richters hört man immer wieder, wie Zuhörer im voll besetzten Gerichtssaal leise weinen, schluchzen und sich schnäuzen. Münzer rollt noch einmal „die ganze Dimension dieses Verbrechens“auf, bei dem drei Menschen getötet wurden, vier Kinder ihren Vater und zwei weitere ihre Mutter verloren haben und drei Familien mit mehr als 50 Betroffenen zerstört wurden. Der Richter schildert, wie Drazen D. seinen vor Angst zitternden und weinenden sechsjährigen Sohn „aus höchstens 50 Zentimeter Entfernung“erschoss. Wie er den neuen Freund seiner ehemaligen Partnerin und dessen Cousine niederstreckte. Wie er der Mutter des gemeinsamen Sohnes noch in die Augen schaute, um ihre Angst zu sehen und wie er sie ganz bewusst verschonte, um sie lebenslang leiden zu lassen.
Das seien keine Morde im Affekt gewesen, sondern sehr gezielte und langfristig geplante, sagt der Vorsitzende Richter. Er stellt fest, das Gericht teile die Diagnose des psychiatrischen Gutachters über den Angeklagten: kombinierte Persönlickeitsstörung mit instabilen, dissozialen und paranoiden Zügen“, narzisstisch, erhebliche Charakterdefizite. Bei der Tat sei der Angeklagte steuerungsfähig und somit auch schuldfähig gewesen. Eine Therapie habe nach Ansicht des Sachverständigen kaum Aussicht auf Erfolg. „Die Prognose ist insgesamt negativ. Er wird gefährlich bleiben“, betont Münzer.
Ein prägendes Merkmal von Drazen D. sei es, immer die Schuld bei anderen zu suchen. Positiv müsse man ihm sein Geständnis anrechnen, auch wenn es spät kam.
Verteidiger Mussgnug teilt anschließend mit, Drazen D. werde – „um Verantwortung für die Tat zu übernehmen“– das Urteil akzeptieren und auf eine Revision verzichten. Damit ist es rechtskräftig.
Auch die ehemalige Freundin von Drazen D. ist zur Urteilsverkündung gekommen. Sie will offenbar Stärke vor Drazen D. demonstrieren und fixiert ihn immer wieder. Am Schluus aber, als er schon mit Hand- und Fußschellen abgeführt ist, zeigt sich, dass das alles ihre Kräfte doch überfordert hat: Weinend liegt sie in den Armen einer Bekannten.