Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Eigentlich selbstverständlich
„Love, Simon“ist eine Komödie über eine schwule Teenie-Liebe
Im Kern ist „Love, Simon“ein ganz klassischer Teenagerfilm: eine romantische Komödie mit dramatischen Elementen. Alles wie immer eigentlich – nur, dass die Hauptfigur, die hier im Heranwachsen zwischen Liebe und Freundschaft navigieren muss, eben homosexuell ist. Keine große Sache im Jahr 2018, möchte man meinen. Aber tatsächlich ist „Love, Simon“der erste größere Hollywoodfilm, bei dem eine schwule Teenager-Romanze im Mittelpunkt steht. Bislang wurde homosexuellen Charakteren allenfalls die Rolle des Außenseiters zugestanden.
„Love, Simon“nähert sich seinem Thema recht leichtfüßig, was dem Film aber nichts von seiner Strahlkraft nimmt und Raum für Zwischentöne lässt. Die Hauptfigur ist Simon Spier (Nick Robinson), 17 Jahre alt, mit entspannten und verständnisvollen Eltern (Jennifer Garner und Josh Duhamel). Im Freundeskreis geht es ebenfalls sehr tolerant zu, und an der Schule hat sich sogar bereits ein Mitschüler geoutet und dafür zwar Provokationen aber durchaus auch Akzeptanz erfahren.
Dennoch zögert Simon, seine sexuelle Orientierung öffentlich bekannt zu machen. Dahinter steckt auch seine Frustration über die nach wie vor vorherrschende Heteronormativität, sprich: Der Sichtweise auf Heterosexualität als Normalfall und allen anderen Orientierungen als Abweichungen. Der Film veranschaulicht das in einer witzigen Sequenz, in der Simon den Spieß umdreht und sich vorstellt, wie seine Freunde ihren Eltern offenbaren, dass sie auf das jeweils andere Geschlecht stehen, was zu teils entsetzten Reaktionen führt.
Schwieriges Thema leicht verdaulich dargestellt
So hat Simon beschlossen, sein Geheimnis erst einmal für sich zu behalten und die gelegentlichen Sprüche seines Vaters über Schwule ebenso zu ignorieren wie die Fragen seiner Freunde, auf welches Mädchen er denn nun gerade stehe. Dies alles wird aber in Frage gestellt, als sich ein Schulkamerad anonym auf einem Internetportal als schwul outet. Ebenfalls anonym nimmt Simon mit diesem „Blue“Kontakt auf, und es entspinnt sich ein feinfühliger Austausch, der in ihm das Bedürfnis weckt, seinen Internet-Freund auch einmal im richtigen Leben zu treffen. Immer wieder spekuliert Simon, wer in seinem Umfeld „Blue“denn nun sein könne, und gemäß diesen Vermutungen wird der Online-Gesprächspartner immer wieder von anderen Darstellern verkörpert.
All dies wird allerdings bedroht, als sich Simon eines Tages nicht vom Computer in der Schulbibliothek abmeldet, und Außenseiter Martin (Logan Miller) seinem Geheimnis auf die Spur kommt. Der erpresst ihn darauf mit der Drohung, den E-Mailverkehr zu veröffentlichen – es sei denn, Simon helfe ihm, der attraktiven neuen Mitschülerin Abby (Alexandra Shipp) näherzukommen. Aus Angst, „Blue“zu verlieren, lässt sich Simon darauf ein – und stößt in der Folge seine ältesten Freunde Leah (Katherine Langford) und Nick (Jorge Lendeborg Jr.) vor den Kopf.
Liebeswirren und Intrigen, Halloween-Party und ein schräger Schulleiter (Tony Hale) – die Verfilmung des Buches „Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“von Becky Albertalli (in Deutschland unter „Nur drei Worte“erschienen) lässt wirklich kaum ein bekanntes TeeniefilmAttribut aus. Simons ironische Kommentare als Erzähler und die sympathischen Darsteller machen den Film dabei so unterhaltsam wie leichtverdaulich, sodass die zugrundeliegende Botschaft zu dem wird, was sie schon lange sein sollte: eine Selbstverständlichkeit.