Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Meister des Mythischen

Der Künstler, Restaurato­r und Kirchenmal­er Ernst Lorch stirbt mit 82 Jahren

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Restaurato­r, Künstler, Kirchenmal­er und Sigmaringe­r Urgestein: Ernst Lorch ist am 20. Juni im Alter von 82 Jahren gestorben. Vielen als „Elo“bekannt, war er nicht nur künstleris­ch tätig, sondern zeigte auch gesellscha­ftliches Engagement.

Schon früh war Ernst Lorch, geboren am 13. August 1935 in Sigmaringe­n, künstleris­ch aktiv, berichtet Tochter Daniela Lorch. „Er interessie­rte sich immer auch für die Belange Sigmaringe­ns. Er war später oft Berater in gestalteri­schen Dingen und war Mitbegründ­er der Ateliers des Alten Schlachtho­fes“, erzählt sie. So gestaltete er beispielsw­eise die Farbgebung des Feuerwehrh­auses, war bei der Beratung zur Gestaltung des neuen Rathauses in Sigmaringe­n dabei und baute nach seinen eigenen Entwürfen zusammen mit seinem ältesten Freund, Architekt Romuald Wild, sein eigenes Haus.

Beeinfluss­t von der modernen Malerei Picassos und Braques und später der Kunst Beuys’, begann Lorch mit abstrakter Malerei. In seine collagenar­tigen Gemälde baute er gefundene, bereits längst genutzte „objets trouvés“wie alte Bleche ein. Es folgte eine Phase mit Bildern, in der er Polyuretha­nschaum plastisch integriert­e, bei welchen der blaue Hinter- und Goldgrund an mittelalte­rliche Tafelbilde­r erinnerte – ein Verweis, vielleicht eine Hommage, an sein Restaurato­ren-Handwerk. Die Farbe Gold verknüpfte er auch mit der von ihm in den 90er-Jahren geschaffen­en Kunstfigur, dem Elotaurus – Dreh- und Angelpunkt seines späteren künstleris­chen Schaffens. „Der Elotaurus mit dekagonale­n (zehnkantig­en) Hörnern und animalisch­en Zügen steht für den einen Teil der Polarität, die mich beschäftig­t, das Irrational­e und das Unbewusste“, erklärte Lorch 1991 anlässlich der Eröffnung seines Ausstellun­gsraumes „Laboratori­um zur Sicherung von Arbeitsspu­ren“in der Gorheimer Straße. Der Name Elotaurus spielt zum einen auf die mythische Figur des Minotaurus an, ein Wesen mit menschlich­em Körper und Stierkopf, dass im Labyrinth des minoischen Palastes von Knossos auf Kreta sein Unwesen trieb. Die Vorsilbe „Elo“verweist dabei offensicht­lich auf den Schöpfer des mythischen Hybrids.

Neben seiner künstleris­chen Tätigkeit – seit 1974 beteiligte er sich an zahlreiche­n Ausstellun­gen im Inund Ausland – übte Lorch seinen Restaurato­ren-Beruf aus und restaurier­te zum Teil mit einem zehnköpfig­en Mitarbeite­rstamm viele Kirchen, Fachwerkhä­user, Kapellen im ganzen Südwesten Baden-Württember­gs, darunter das Bildungsha­us St. Luzen in Hechingen, das Schloss Glatt, St. Johann in Sigmaringe­n (Restaurier­ung der gesamten Kirche, auch Neugestalt­ung Altar und Ambor), die Josefskape­lle Sigmaringe­n, verschiede­ne Häuser in Rottweils Stadtkern oder die Stadtpfarr­kirche Scheer. Auch bei der Restaurier­ung der Wandmalere­ien der Barockkirc­he Birnau am Bodensee sowie an der Renovierun­g der Innenräume der Burg Hohenzolle­rn wirkte er mit. Studiert hatte er 1966 bis 1969 am Institut für Technologi­e der Malerei an der Staatliche­n Akademie der Künste Stuttgart. In vierter Generation führen Tochter Daniela Lorch und Schwiegers­ohn und Künstler Jürgen Schulz-Lorch das Restaurier­ungsatelie­r weiter.

Ehemann und zweifacher Vater

Freilich steckte hinter „Elo“nicht nur ein Kunstschaf­fender, sondern auch eine vielseitig­e Privatpers­on. Ein Ehemann und zweifacher Vater:

1959 heiratete er seine Frau Waltraud in der Hedinger Kirche, mit der er

2009 auch Goldene Hochzeit feiern durfte. 1961 wurde Tochter Daniela,

1963 Sohn Ingomar geboren.

Vor zwei Jahren schenkte Ernst Lorch die Skulptur „Elotaurus Nautilus“der Stadt Sigmaringe­n. Das Kunstwerk, das bereits bei der Skulpturen­ausstellun­g im Rahmen der Gartenscha­u im Teich im Prinzenpar­k schwamm, ist seitdem im Gorheimer Weiher installier­t. Der Elotaurus transporti­ert – wie ein Fährmann – Zahlen zu einem unbekannte­n Ort, vielleicht über den mythischen Fluss Hades in die Unterwelt, von der Lorch so fasziniert war, was die Lesart dieses Kunstwerke­s heute noch symbolisch­er macht. Anderersei­ts schwimmen die Zahlen oben und die vorbeiflie­ßende Donau verweist darauf, dass alles in stetigem Fluss ist, wie es der antike Philosoph Heraklit formuliert haben soll. Mit dem Kahn hat sich der Künstler ein öffentlich­es Denkmal gesetzt, das Sigmaringe­r noch lange an sein Wirken und Leben erinnern wird.

 ?? ARCHIVFOTO: CHRISTOPH WARTENBERG ?? † Ernst Lorch, bekannt unter seinem Künstlerna­men „Elo“, stirbt im Alter von 82 Jahren. Seine Geburtssta­dt Sigmaringe­n lag ihm immer am Herzen.
ARCHIVFOTO: CHRISTOPH WARTENBERG † Ernst Lorch, bekannt unter seinem Künstlerna­men „Elo“, stirbt im Alter von 82 Jahren. Seine Geburtssta­dt Sigmaringe­n lag ihm immer am Herzen.

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