Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Amtshaus wird Flüchtlingsunterkunft
Bürgermeister erklärt: Stetten muss auch künftig Asylbewerber aufnehmen
STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung die aus dem Jahr 1994 stammende und nun neu überarbeitete Satzung über die Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte beschlossen. Danach hat der Rat eine Wohnung im ersten Obergeschoss des „Amtshauses“in der Hardtstraße ausgewiesen. Auch ist der dazugehörenden Kalkulation des Gebührensatzes für die Wohnung zugestimmt worden. Wie Bürgermeister Maik Lehn erläuterte, wird die Gemeinde Stetten am kalten Markt auch künftig entsprechend dem Verteilerschlüssel des Landkreises Asylbewerber aufnehmen müssen.
Hierzu soll eine Wohnung in den ehemaligen Räumen des Notariats im Gebäude des früheren Amtshauses eingerichtet werden. Die Gemeinde habe durch die Unterbringung der Asylbewerber in einer gemeindeeigenen oder auch angemieteten Wohnung einen Anspruch auf Erstattung der Unterbringungskosten. Damit ein Asylbewerber einen Anspruch auf „Leistungen für die Unterkunft“bekommt, ist ein „privatrechtliches oder ein öffentlichrechtliches Nutzungsverhältnis“für den Gebrauch der Wohnung erforderlich. Erst dann bestünde eine Zahlungsverpflichtung der Asylbewerber für die Unterkunftskosten gegenüber der Gemeinde, so der Bürgermeister.
Mietkosten übernimmt das Amt
Der Bewerber könne dann gegenüber dem Sozialamt oder dem Jobcenter seinen Bedarf geltend machen. Erst dann kann er mit einer sogenannten Abtretungserklärung veranlassen, dass die Kosten für die Unterkunft direkt auf das Konto der Gemeinde überwiesen werden. Der Rat hat sich nach eingehender Beratung entschlossen, statt eines privatrechtlichen Nutzungsverhältnisses ein öffentlich-rechtliches zu wählen. Dies habe den Vorteil, dass die Benutzung der Wohnung nicht auf einem privatrechtlichen Mietvertrag mit all den Facetten und Besonderheiten des bestehenden Mietrechts beruhe, sondern auf einer „ortspolizeilichen Einweisungsverfügung“. So kann die Nutzung der Wohnung durch eine schriftliche Verfügung der Gemeinde beendet werden.
Alte Satzung überarbeitet
Anders bei einem Mietvertrag, der keine Regelung bereithält, wenn beispielsweise der Mieter plötzlich verschwindet. In einem solchen Fall kann die Wohnung nicht einfach geräumt werden – es besteht ja ein Mietvertrag. Auch stehe dann die Frage im Raum, wer für die Kosten aufkommt. „Das Sozialamt nicht, denn die Personen wären ja nicht mehr hier“, so Lehn. In dem Fall wisse man auch nicht, wann die Wohnung wieder belegt werden könne. Deshalb entschied sich der Rat für die öffentlich-rechtliche Variante.
Dazu hatte die Verwaltung im Vorfeld vorgeschlagen, die aus dem Jahr 1994 stammende Satzung über die Benutzung von Obdachlosenund Flüchtlingsunterkünften an den Bedarf und Standard von heute anzupassen. Zwar enthalte das Satzungsmuster des Gemeindetags von 2014 kaum Veränderungen, allerdings sei hier vorgegeben, dass die Benutzungsgebühren zu kalkulieren seien. In der als Flüchtlingsunterkunft festgelegten Wohnung im Amtshaus können zwei Zimmer mit je zwei Personen belegt werden, deshalb hatte die Verwaltung eine personenbezogene Gebühr einschließlich kalkulierter Betriebskosten festzulegen. Nach der vorgelegten Kalkulation hat sich eine Gebühr von 255,52 Euro je Wohnplatz einschließlich Nebenkosten ergeben, die der Gemeinderat nach Kenntnisnahme der Postenauflistung einstimmig billigte.