Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Hochmut schießt keine Tore
Niemand hat 2014 behauptet, dass die deutsche Nationalmannschaft „auf Jahre hinaus unschlagbar“sein würde. Immerhin das. Ansonsten aber sind sie beim DFB, Verantwortliche und Spieler gleichermaßen, nach dem Titelgewinn von Rio ganz offensichtlich leider in die gleiche Arroganzfalle getappt wie einst Franz Beckenbauer und die Klasse von 1990. Nur, dass das Scheitern diesmal natürlich noch weit krachender war als 1994.
Ein historisches Aus in der WMVorrunde! Gescheitert an Mexiko, Schweden und Südkorea, Glückslose! Ausgeschieden durch ein 0:2 gegen eine Mannschaft, über die sogar deren größter Star gesagt hat, sie sei die schwächste der WM.
Natürlich tut dieses Ausscheiden weh. Weil wohl noch nie so viel Talent in einem einzigen deutschen WM-Kader versammelt war – und schon weniger verschwendetes Talent eine Sünde wäre. Weil sich das Scheitern vom ersten Spiel an drohend angekündigt hatte, es aber keiner wahrhaben wollte.
Tatsächlich war schon in den ersten Tagen der Vorbereitung eine gewisse bräsige Aufgeblasenheit sichtbar geworden in der Nationalmannschaft, der es zudem an Struktur fehlte – der an der Strandpromenade von Sotschi lustwandelnde Bundestrainer Joachim Löw verstärkte das eine und behob das andere nicht.
Hochmut aber hat noch nie Tore geschossen. Die Weltmeister waren nicht scharf genug auf dieses Turnier. Erst im Moment des Ausscheidens wachten die Spieler auf. Zu spät. Aber ihre selbstkritische Analyse macht Mut für den Wiederaufbau.