Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„In Gedanken bei Kristina“
Bahnrad-Weltmeisterin Vogel nach Trainingsunfall notoperiert – Zustand laut Klinik stabil
BERLIN (dpa/SID/sz) - Der Zustand von Bahnrad-Doppelolympiasiegerin Kristina Vogel „ist stabil“. Die Notoperation in Berlin nach dem schweren Trainingsunfall in Cottbus sei gut verlaufen, teilte der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) am Mittwoch mit. Vogel werde weiterhin intensivmedizinisch betreut. Ihr Manager Jörg Werner gab zu verstehen: „Im Moment ist tatsächlich nicht zu sagen, wo die Reise hingeht.“Freunde und Kollegen bangen um die 27-Jährige. „Geschockt und fassungslos“reagierte Vogels langjährige Teamkollegin Miriam Welte. Sie sei „in Gedanken bei ihr“und hoffe, dass alles gut verlaufe, sagte die Olympiasiegerin aus Kaiserslautern. Und: „Wir müssen abwarten, was passiert.“
Wie ein Sprecher des Unfallkrankenhauses in Berlin-Marzahn sagte, wurde Kristina Vogel in der Nacht mehrere Stunden lang operiert und lag danach weiter auf der Intensivstation. Zum Gesundheitszustand der schwer an der Wirbelsäule verletzten Erfurterin machte der Sprecher keine genaueren Angaben. Kristina Vogels Familie hatte um Zurückhaltung gebeten. Neben der akuten Schädigung der Wirbelsäule sind offenbar Brüche des Schlüsselbeins und mehrerer Knochen Grund für die kollektive Sorge der Bahnrad-Kollegen.
Kollision bei Tempo 60
„Ich habe ihrem Lebensgefährten Michael Seidenbecher geschrieben, dass ich an sie denke“, berichtete die 31-jährige Welte, die 2012 bei den Spielen in London zusammen mit Vogel Gold im Teamsprint gewonnen hatte. Am Dienstag hatte Vogel zusammen mit der vierfachen Junioren-Weltmeisterin Pauline Grabosch für einen Teamsprint in Cottbus trainiert. Als Grabosch von der Betonpiste fuhr, beschleunigte Vogel und kollidierte dann mit fast 60 Stundenkilometern Geschwindigkeit mit einem niederländischen Juniorenfahrer. Der hatte, so berichtete BDR-Sportdirektor Patrick Moster, „aus dem Stand oder langsamer Fahrt heraus einen Antritt absolvieren wollte. Den genauen Hergang müssen Gutachter klären.“
Dass sich mehrere Athleten im Training die Bahn teilen, ist laut Moster „eine tagtägliche Situation. Dass verschiedene Übungen gemacht werden, ist auch klar.“Diese Einschätzung teilte Detlef Uibel. Der Bundestrainer war auch am Tag nach dem Vorfall tief betroffen. „Es ist schwer in Worte zu fassen“, sagte Uibel, der von einem „tragischen Moment“sprach. Ursächlich sei eine Verkettung von vielen unglücklichen Umständen. Kristina Vogel habe keine Chance gehabt, den Fahrer vor ihr zu erkennen.
Weltmeister Maximilian Levy aus Cottbus, der am Dienstag seinen
31. Geburtstag feierte, war als einer der Ersthelfer an der Unfallstelle. „Ein ganz trauriger Tag, den wir heute überstehen mussten. Als Freund das zu erleben, ist qualvoller als jedes eigene Leiden“, schrieb er bei Facebook. „Auch wir müssen das verarbeiten und sind in unseren Gedanken bei Kristina!“
Wie Miriam Welte. „Kristina“, sagte sie, „ist eine absolute Kämpferin und ein positiver Mensch, sie ist schon einmal nach einem schweren Unfall zurückgekommen“. Am 20. Mai
2009 hatte ein Zivilfahrzeug der Polizei der damals 18-jährigen Vogel die Vorfahrt genommen und sie vom Rad gerammt. Sie verlor sechs Zähne, brach sich den Kiefer und vier Handwurzelknochen. Außerdem hatte sie eine leichte Gehirnblutung und gebrochene Brustwirbel, wurde zwei Tage in ein künstliches Koma versetzt. Anschließend bangte die Thüringerin um ihre Karriere – um sie 2012 in London mit ihrem ersten Olympiaerfolg zu krönen. Auch vier Jahre später hatte Kristina Vogel sportlich für Aufsehen gesorgt, als im Finale des olympischen Sprintrennens von Rio de Janeiro ihr Sattel brach und sie dennoch als Erste die Ziellinie überfuhr. Eine Kämpferin ...