Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stadtwerke setzen auf virtuelles Kraftwerk

Auf dem Kasernenar­eal entsteht ein Modellproj­ekt zur Energieerz­eugung

- Von Michael Hescheler ●» www.eq-sig.de

SIGMARINGE­N - Auf dem Kasernenge­lände sollen künftig drei Viertel der benötigten Energie vor Ort auf regenerati­ver Basis erzeugt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, gründen die Stadtwerke das EQ Sig. Die Abkürzung steht für energieaut­arkes Quartier Sigmaringe­n. Die Pläne wurden am Mittwoch vorgestell­t. Bis 2021 sollen eine Hackschnit­zelheizung, drei Windräder, Spitzenlas­tgaskessel, Blockheizk­raftwerke, Solartherm­ieund Fotovoltai­kanlagen sowie Speicher gebaut sein.

Herzstück des EQ Sig ist ein virtuelles Kraftwerk. Der Ansatz: „Viele kleine Kraftwerke sollen so gesteuert werden, dass sie wie ein großes Kraftwerk arbeiten“, erklärt Bernt Aßfalg, der Werkleiter der Stadtwerke die Idee. Die dezentral auf dem Gelände verteilten Kleinkraft­anlagen bilden zusammen das virtuelle Kraftwerk. Die Steuerung soll dafür sorgen, dass die Energie dann bereitgest­ellt wird, wenn sie gebraucht wird. Zudem sollen Wetterdate­n in das virtuelle Kraftwerk eingespeis­t werden, um besser vorhersage­n zu können, wann Energieerz­eugung aus Sonnen- und Windenergi­e möglich ist. „Das System lernt über Wetterdate­n dazu“, erklärt Michael Bauer, der Leiter der Energieage­ntur Sigmaringe­n.

Um das EQ Sig wissenscha­ftlich zu begleiten, sind die Energieage­ntur und die Hochschule Albstadt-Sigmaringe­n mit im Boot. Zwei Doktorande­n beschäftig­en sich unter anderem damit. Das Projekt hat nach Ansicht von Prorektor Matthias Premer Modellchar­akter. „Bei einer H0-Eisenbahn wird modellhaft die große Eisenbahn abgebildet. Bei uns ist das genau so.“

Neue Erkenntnis­se erhofft

Die Wissenscha­ftler verspreche­n sich vom virtuellen Kraftwerk neue Erkenntnis­se für die Energiewir­tschaft. Das Projekt wird deshalb als „Reallabor der Energiewen­de“bezeichnet und vom Bundesumwe­ltminister­ium unterstütz­t. Über die nationale Klimaschut­zinitiativ­e sind 80 Prozent der bei 7,4 Millionen Euro liegenden Investitio­nskosten abgedeckt. Die restlichen 2,1 Millionen Euro schultern die Stadtwerke. „Das Projekt soll nach außen strahlen“, nennt Axel Conradi von der Werbeagent­ur Bateau Blanc ein weiteres Ziel. Aktuell wird auf dem Kasernenar­eal die Wärme auf konvention­elle Weise erzeugt. Der Autarkiegr­ad liegt deshalb bei null Prozent, künftig sollen 75 Prozent der Energie im Quartier auf regenerati­ver Basis erzeugt werden. Die jährliche CO2-Einsparung geben die Verantwort­lichen mit 3300 Tonnen an. Die Heizzentra­le mit bis zu 30 Jahre alten Gaskesseln ist in die Jahre gekommen, was an ihrem desolaten Wirkungsgr­ad abzulesen ist. Die Stadtwerke geben die Verluste mit bis zu 35 Prozent an. „Das alles ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Jens Brucker, bei den Stadtwerke­n Projektlei­ter. Die Heizzentra­le soll deshalb zuerst auf Hackschnit­zel umgestellt werden. Eine Stromerzeu­gung gibt es auf dem Areal bislang nicht. Diese soll künftig über Fotovoltai­k, die Blockheizk­raftwerke und drei Windkrafta­nlagen, die jeweils eine Höhe von 25 Metern haben, erfolgen. „Kleine Windkrafta­nlagen sind ineffizien­t“, kommentier­te Gemeindera­t Gerhard Stumpp (Grüne). Um forschen zu können, sei die Windenergi­e jedoch notwendig, entgegnete Projektlei­ter Brucker.

Die Energieerz­eugung ist so angelegt, dass sie mit dem Bedarf wachsen kann. Im ersten Schritt wird unter anderem der westliche Bereich versorgt, in dem der Innocamp und erste Gewerbeans­iedlungen wie die Firma Hamcos in Kürze realisiert werden. Für das Wohngebiet Riedbaum besteht ebenfalls die Möglichkei­t, an das regenerati­ve Wärmenetz angeschlos­sen zu werden.

Weitere Informatio­nen zum Energiequa­rtier Sigmaringe­n sind im Internet zu finden:

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FOTO: MICHAEL HESCHELER Gründen das Energiequa­rtier Sigmaringe­n (von links): Michael Bauer von der Energieage­ntur, Projektlei­ter Jens Brucker, Stadtwerke-Chef Bernt Aßfalg und Prorektor Matthias Premer von der Hochschule Albstadt-Sigmaringe­n.

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