Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Weg zur neuen Pflegeausbildung ist frei
Der Weg für die Reform der Pflegeausbildung ist frei. Künftig werden Alten-, Krankenund Kinderkrankenpfleger gemeinsam ausgebildet – zumindest zwei Jahre lang. Nach langem Streit hat der Bundestag die „Ausbildungsund Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe“verabschiedet. Ziel der Reform ist es, die Pflegeausbildung attraktiver zu machen und an die Bedürfnisse der alternden Gesellschaft anzupassen.
Die Schüler durchlaufen eine zweijährige „generalistische“Phase, in der sie Kompetenzen zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen und in allen Versorgungsbereichen vermittelt bekommen. Für das dritte Jahr können die künftigen Pflegenden zwischen Generalistik oder einer Spezialisierung in der Alten- oder Kinderkrankenpflege wählen
Es gibt einen Mangel an Pflegekräften, vor allem in der Altenpflege. Dort wird die Lücke auf 30 000 geschätzt. Auch in der Krankenpflege wird Personal gesucht, der Mangel ist aber nicht ganz so groß. Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um die Hälfte auf knapp 3,5 Millionen Menschen steigen, 2050 werden es bereits
4,5 Millionen sein.
Nach Schätzungen gibt es derzeit
6000 Ausbildungsplätze in der Kinderkrankenpflege und 130 000 in der Kranken- und Altenpflege. Die Zahl der Personen, die eine Pflegeausbildung machen wollen, ist zuletzt angestiegen. Zum Schuljahr 2016/17 haben
63 200 Jugendliche eine Ausbildung in der Pflege begonnen – knapp 2000 mehr als im Jahr zuvor. 78 Prozent der Auszubildenden waren Frauen. Spitzenreiter ist mit 24 130 Menschen die Gruppe der Azubis, die Altenpfleger werden wollen.
Pflegende sollen künftig leichter zwischen den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen wechseln können und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten. Die neue Pflegeausbildung ist in der EU anerkannt. Zugleich reagiert die Reform auf die Einschätzung, dass sich die Tätigkeitsbereiche in Altenund Krankenpflege in der alternden Gesellschaft immer mehr angleichen: In Heimen leben immer mehr Menschen mit chronischen Krankheiten und Mehrfacherkrankungen; die Krankenhäuser müssen sich um immer mehr ältere Patienten, auch mit Demenzerkrankungen, kümmern.
Verflachung befürchtet
Das Pflegeberufegesetz gilt für alle Ausbildungen ab dem 1. Januar 2020. Zugang zur Pflegeausbildung haben alle Schüler mit einer zehnjährigen allgemeinen Schulbildung. Für Schüler mit einem neunjährigen Hauptschulabschluss bietet die Pflegehelferinnenund Pflegehelferausbildung beziehungsweise Pflegeassistenzausbildung einen Einstieg. Anders als bisher in manchen Bundesländern soll die berufliche Pflegeausbildung kostenlos sein. Das Schulgeld wird abgeschafft, es wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Finanziert werden soll die Ausbildung über Landesausbildungsfonds. Ergänzend zur Pflegeberufsausbildung wird es ein berufsqualifizierendes Pflegestudium geben.
Kritiker befürchten, dass es bei der generalistischen Ausbildung zu einer Verflachung der Ausbildungsinhalte kommt. Andererseits hatten Arbeitgeberverbände die Sorge geäußert, dass die Anforderungen an die Ausbildung so groß würden, dass Hauptschüler vom Einstieg in die Altenpflege abgeschreckt würden. Vertreter der Altenpflege befürchten , dass viele Pflegekräfte in die besser bezahlte Krankenpflege abwandern. Zuletzt setzte die Union durch, dass Ausbildungsinhalte im dritten Ausbildungsjahr abgespeckt wurden. (KNA)