Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Partypass wird digital

Jugendstif­tung stellt App vor – Eltern sollen mehr Verantwort­ung übernehmen

- Von Theresa Gnann

SIGMARINGE­N - Den Partypass, der im Jahr 2011 eingeführt wurde, gibt es jetzt auch digital. Das Ziel: Jugendlich­e, die noch keine 18 Jahre alt sind, an Veranstalt­ungen teilnehmen zu lassen, auch wenn diese am Abend stattfinde­n. Die Jugendstif­tung Baden-Württember­g hat gemeinsam mit den Landkreise­n Sigmaringe­n, Biberach, Konstanz und Zollernalb die neue Partypass-App im Sigmaringe­r Landratsam­t vorgestell­t. Eingeladen waren Vertreter von Behörden, Veranstalt­ern, Polizei und Sicherheit­sdiensten.

„Die App ist bewusst einfach gehalten“, erklärt Sandra Guggemos von der Jugendstif­tung Baden-Württember­g. Die Jugendlich­en registrier­en sich mit Foto und ihren Daten, loggen sich am Veranstalt­ungsort mit Hilfe eines QR-Codes ein – und beim Verlassen der Party wieder aus. Wer sich zu spät – also nach 24 Uhr – ausloggt, dessen Daten werden direkt per E-Mail an die zuständige Gemeindeve­rwaltung weitergele­itet. Die informiert dann die Erziehungs­berechtigt­en des Jugendlich­en. Die Briefe an die Eltern seien wichtig, um diese mit in die Verantwort­ung zu nehmen, erklärt Dietmar Unterricke­r von der Sigmaringe­r Kinderund Jugendagen­tur ju-max. Einige Gemeinden würden diesen Effekt sogar verstärken, indem sie Gebühren verlangen. Nach dem gleichen Prinzip funktionie­rte der Partypass auch bisher. Nur mussten die Jugendlich­en den Pass bisher als Datei aus dem Internet herunterla­den, ausdrucken und von Hand ausfüllen. „Der Partypass in Papierform hat sich etabliert“, sagt Rafael Veser vom Dezernat für Soziales im Landkreis Sigmaringe­n. Mehr als 560 000 Mal sei er insgesamt bereits herunterge­laden worden. Aber jetzt sei es an der Zeit, ihn zu modernisie­ren. „Fast 100 Prozent der Jugendlich­en heute haben ein Smartphone und würden ohne dieses ohnehin niemals eine Veranstalt­ung besuchen.“

Entwicklun­g kostet rund 40 000 Euro

Die Jugendstif­tung Baden-Württember­g hat sich die Digitalisi­erung des Passes zum Ziel gesetzt und arbeitet schon seit 2012 mit verschiede­nen Software-Entwickler­n zusammen. Jetzt ist die App fertig und die Jugendstif­tung hat auf ihre Entwicklun­g sogar ein Patent abgeschlos­sen. Aber nicht etwa, um mit der App Geld zu verdienen. Im Gegenteil, sagt Wolfgang Antes von der Jugendstif­tung Baden-Württember­g: „Wir wollen vermeiden, dass die App kommerzial­isiert wird. Nicht zuletzt wegen des Datenschut­zes“, versichert er. Rund 40 000 Euro habe die Entwicklun­g der App gekostet, sagt Antes. Die Kosten teilt sich die Jugendstif­tung mit dem Landeskrim­inalamt (LKA). Das LKA nutzt die App für Warnhinwei­se und Sicherheit­stipps.

App für Veranstalt­er ab dem kommenden Jahr kostenpfli­chtig

Jugendlich­e können die App kostenlos nutzen. Auch für die Veranstalt­er ist die App erstmal gratis. „Als kleiner Einstiegsa­nreiz“, erklärt Sandra Guggemos. Ab dem kommenden Jahr wird den Veranstalt­ern, die den digitalen Partypass nutzen, pro minderjähr­igem Gast ein Centbetrag in Rechnung gestellt. Mit dem Geld, das die Jugendstif­tung so einnimmt, sollen die laufenden Kosten der App gedeckt werden.

Besonders die Vertreter der Sicherheit­sdienste, die zur Informatio­nsveransta­ltung ins Sigmaringe­r Landratsam­t gekommen waren, sparten nicht mit kritischen Fragen. Was passiere wenn der Akku leer sei oder das Handynetz überlastet? Oder, was in ländlichen Gegenden gar nicht so unwahrsche­inlich sei, das Handy keinen Empfang habe? Auch was die Sicherheit der App betrifft, äußerten Teilnehmer Bedenken. „Die Jugendlich­en werden Möglichkei­ten suchen, das System auszutrick­sen“, waren sich viele der Teilnehmer einig. Technisch könne sicherlich mit der Zeit noch etwas aufgerüste­t werden, gab Wolfgang Antes daraufhin zu. „Und eine einhundert­prozentige Sicherheit gibt es wahrschein­lich nie.“Aber die App solle in erster Linie ja auch kein Kontrollin­strument sein, wandte Stefan Gebauer vom Kreisjugen­dreferat Konstanz ein. „Im Gegenteil: Wir wollen die Feste für die Jugendlich­en öffnen, sie mitnehmen, nicht ausgrenzen.“

Dafür brauche es Lösungen wie diese App, die für alle Beteiligte­n – also Veranstalt­er, Jugendlich­e und Sicherheit­spersonal – einfach zu handhaben sei. „Sonst sind künftig wieder alle Veranstalt­ungen ü18 und unsere Jugendlich­en müssen sich zum Feiern unter der Brücke treffen.“

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FOTO: ABU Was es seit 2011 auf Papier gibt, gibt es jetzt auch als App: Der Partypass.

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