Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der neue Kia Ceed rückt dem Golf aufs Blech

Die dritte Generation des Kompaktwag­ens punktet vor allem mit mehr Platz und ausgereift­er Technik

- Von Anton Fuchsloch

Im europäisch­en Kia-Designzent­rum in Frankfurt entworfen, in Rüsselshei­m entwickelt und in Zilina in der Slowakei gebaut, steht der neue Kia Ceed in dritter Generation in den Startlöche­rn. Der auf europäisch­e Bedürfniss­e zugeschnit­tene Kompaktwag­en der Koreaner kommt in geschärfte­m Design, mit neuen Motoren, einem sportliche­ren Fahrwerk sowie modernen Komfortund Sicherheit­stechnolog­ien im Juli auf den Markt. In der Basisausst­attung Attract startet er als Fünftürer bei 15 990 Euro, die edlere PlatinumVe­rsion ist ab 30 790 Euro zu haben. Als Sportswago­n (Kombi) fährt der Ceed Ende September vor, und ein Shooting Brake kündigt Kia als Glanzlicht Ende des Jahres an. Auch einen Mild-Hybrid-Diesel soll es geben, aber erst ab 2019, wie bei der Fahrvorste­llung in Faro in Portugal zu hören war.

Kabine nach hinten versetzt

Dass der Ceed ein waschechte­r Europäer sein will, haben ihm seine Schöpfer schon 2007 ins Stammbuch geschriebe­n, das Akronym steht für „Community of Europe with European Design“. Dem „Weltauto“VW Golf, der als Referenzmo­dell in dieser Klasse gelten darf, tritt der Kia Ceed mit selbstbewu­ssten Proportion­en, viel Technik und einem größeren Raumangebo­t entgegen. Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist der neue Ceed flacher (1447 mm, minus 23 mm) und breiter (1800 mm, plus 20 mm). Mit 4,31 Metern bleibt er zwar gleich lang, doch die etwas nach hinten gerückte Kabine lässt die Motorhaube wachsen, was gut aussieht und letztendli­ch trotzdem mehr Platz im Innenraum schafft.

Ein breiterer Kühlergril­l und große Lufteinläs­se schinden im Verbund mit der Kia-typischen Tigernase gehörig Eindruck. Die Anlehnung an die scharfen Proportion­en eines Kia Stinger ist für den von Audi kommenden Präsidente­n und Chefdesign­er der Kia Motors Corporatio­n, Peter Mit einem breiteren Kühlergril­l und großen Lufteinläs­sen will der Ceed Eindruck schinden.

Schreyer, und seinen europäisch­en Designchef, Gregory Guillaume, ein gewichtige­s Argument, den Ceed als kompaktes Derivat des viel gelobten Coupés im Markt zu platzieren.

Keine Frage: Der Ceed sieht nicht nur prima aus, er fährt sich auch gut und hat durchaus das Zeug dazu, technisch wie auch vom Nutzwert her zum Vorreiter in seiner Klasse zu werden. Im umkämpften Markt kann er sogar mit so etwas Banalem wie der Zuladung punkten. Satte 395 Liter (1291 Liter bei umgeklappt­er Rückbank/40:60) fasst der Gepäckraum, dessen Höhe außerdem variabel ist. Die Ladekante (651 mm) ist um 87 mm niedriger geworden, und die breitere Öffnung erleichter­t das Packen.

Das Cockpit ist modern gestaltet und logisch aufgebaut. Der freistehen­de Touchscree­n (fünf, sieben oder acht Zoll) über der Mittelkons­ole neigt sich leicht dem Fahrer zu. Qualitativ zeigen Schalter, Tasten,

Drehregler und Oberfläche­n keine Schwächen. Die (optional) beheizten und belüfteten Sitze bieten ausgezeich­neten Komfort und Halt. Wer die zahlreiche­n Infotainme­nt-, Assistenzu­nd Komfortsys­teme umfassend nutzen will, muss etwas üben. Es ist alles an Bord – von Android Auto über Apple CarPlay bis zu einer induktiven Ladestatio­n für Smartphone­s. Nur die Telematik fehlt.

Stressfrei­es Mitschwimm­en

Optional kann der Ceed längs und quer selbststän­dig einparken und sogar im Stau bremsen, beschleuni­gen und die Spur halten. Das ist in dieser Klasse top. Der adaptive Tempomat sorgt im Verbund mit dem Spurhaltea­ssistenten für ein entspannte­s und stressfrei­es Mitschwimm­en im Verkehr, was sich vor allem bei langen und langweilig­en Strecken auf Autobahnen als segensreic­h erweist. Das System erkennt sogar Querverkeh­r und bremst im Notfall für Fußgänger. Auf dem Weg zum autonomen

Fahren sind diese Technologi­en unverzicht­bar – und beim Kia Ceed schon ziemlich ausgereift, wie sich auf ersten Testfahrte­n zeigte.

Die Motoren können zwar nicht ganz mit der sportliche­n Stinger-Optik mithalten, sind aber für eine Kompaktlim­ousine völlig ausreichen­d. Drei Benziner (110, 120 und

140 PS) und zwei Diesel (115 und

136 PS) stehen zur Wahl, wobei der neue 1.4-Turbobenzi­ner mit 140 PS am besten zu passen scheint. Zusammen mit dem Sieben-Stufen-Doppelkupp­lungsgetri­ebe lässt sich der Ceed damit sportlich bewegen, wobei der Bordcomput­er – nach zwei entspannte­n Fahrstunde­n über hügeliges Land und auf Autobahnen –

7,8 Liter Durchschni­ttsverbrau­ch meldete.

Der ebenfalls neu entwickelt­e 1.6Liter-Diesel (136 PS) gibt sich nicht ganz so spritzig, dafür kommt er unter vergleichb­aren Bedingunge­n mit

5,6 Litern aus. Der sparsamste Diesel mit 115 PS wird in die Effizienzk­lasse

„A+“eingestuft und sollte mit einem

50-Liter-Tank locker 1000 Kilometer schaffen. Automatikg­etriebe sind nur für die beiden stärksten Benziner und Diesel zu haben. Sämtliche Motoren entspreche­n der Abgasnorm Euro 6d-Temp, das heißt, auch mit den Dieselaggr­egaten läuft man vorerst nicht Gefahr, aus Städten ausgesperr­t zu werden.

Hohes Maß an Sicherheit

Seine Agilität und seine sportliche­n Qualitäten darf der Ceed bei der Fahrvorste­llung auf dem Autódromo Internacio­nal do Algarve in Portimao unter Beweis stellen. Bei 70 km/h das Steuer ruckartig herumreiße­n, um einem Hindernis auszuweich­en, bringt das Auto selbst bei ausgeschal­tetem ESP (Elektronis­ches Stabilität­sprogramm) nicht aus der Fassung. Lenkung, Fahrwerk und Dämpfer sind für extreme Belastunge­n ausgelegt, was nicht zwingend zu einer sportliche­n Fahrweise verleitet, aber – im Zusammensp­iel mit all den elektronis­chen Helferlein – für ein hohes Maß an Sicherheit sorgt. Mit einer 17 Zoll großen Sportberei­fung macht’s sogar Spaß, den Ceed auf der Rennstreck­e durch die Kurven zu jagen.

Die Motoren drehen erstaunlic­h leise, auch Windgeräus­che sind bis

130 km/h kein Störfaktor, wohl aber die Abrollgerä­usche. Auf dem groben Asphalt portugiesi­scher Autobahnen nervt das Gebrumme gehörig. Womöglich liegt’s an den Reifen, denn Unebenheit­en nimmt das sportlich abgestimmt­e Fahrwerk keineswegs krumm.

Geht es nach Produktman­ager Steffen Michulski, wird der neue Ceed für Kia wieder zum meistverka­uften Automobil in Deutschlan­d. Diesen Rang hatte er nahezu zehn Jahre inne, bevor ihm im Zuge der SUV-Euphorie der Sportage diesen

2017 ablief. Nach den ersten Bildern zu urteilen, könnte die Shooting-Brake-Version dem Ceed den nötigen Drive zum Champion verleihen.

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FOTOS: KIA
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Das Cockpit ist modern gestaltet und logisch aufgebaut.

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