Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der neue Kia Ceed rückt dem Golf aufs Blech
Die dritte Generation des Kompaktwagens punktet vor allem mit mehr Platz und ausgereifter Technik
Im europäischen Kia-Designzentrum in Frankfurt entworfen, in Rüsselsheim entwickelt und in Zilina in der Slowakei gebaut, steht der neue Kia Ceed in dritter Generation in den Startlöchern. Der auf europäische Bedürfnisse zugeschnittene Kompaktwagen der Koreaner kommt in geschärftem Design, mit neuen Motoren, einem sportlicheren Fahrwerk sowie modernen Komfortund Sicherheitstechnologien im Juli auf den Markt. In der Basisausstattung Attract startet er als Fünftürer bei 15 990 Euro, die edlere PlatinumVersion ist ab 30 790 Euro zu haben. Als Sportswagon (Kombi) fährt der Ceed Ende September vor, und ein Shooting Brake kündigt Kia als Glanzlicht Ende des Jahres an. Auch einen Mild-Hybrid-Diesel soll es geben, aber erst ab 2019, wie bei der Fahrvorstellung in Faro in Portugal zu hören war.
Kabine nach hinten versetzt
Dass der Ceed ein waschechter Europäer sein will, haben ihm seine Schöpfer schon 2007 ins Stammbuch geschrieben, das Akronym steht für „Community of Europe with European Design“. Dem „Weltauto“VW Golf, der als Referenzmodell in dieser Klasse gelten darf, tritt der Kia Ceed mit selbstbewussten Proportionen, viel Technik und einem größeren Raumangebot entgegen. Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist der neue Ceed flacher (1447 mm, minus 23 mm) und breiter (1800 mm, plus 20 mm). Mit 4,31 Metern bleibt er zwar gleich lang, doch die etwas nach hinten gerückte Kabine lässt die Motorhaube wachsen, was gut aussieht und letztendlich trotzdem mehr Platz im Innenraum schafft.
Ein breiterer Kühlergrill und große Lufteinlässe schinden im Verbund mit der Kia-typischen Tigernase gehörig Eindruck. Die Anlehnung an die scharfen Proportionen eines Kia Stinger ist für den von Audi kommenden Präsidenten und Chefdesigner der Kia Motors Corporation, Peter Mit einem breiteren Kühlergrill und großen Lufteinlässen will der Ceed Eindruck schinden.
Schreyer, und seinen europäischen Designchef, Gregory Guillaume, ein gewichtiges Argument, den Ceed als kompaktes Derivat des viel gelobten Coupés im Markt zu platzieren.
Keine Frage: Der Ceed sieht nicht nur prima aus, er fährt sich auch gut und hat durchaus das Zeug dazu, technisch wie auch vom Nutzwert her zum Vorreiter in seiner Klasse zu werden. Im umkämpften Markt kann er sogar mit so etwas Banalem wie der Zuladung punkten. Satte 395 Liter (1291 Liter bei umgeklappter Rückbank/40:60) fasst der Gepäckraum, dessen Höhe außerdem variabel ist. Die Ladekante (651 mm) ist um 87 mm niedriger geworden, und die breitere Öffnung erleichtert das Packen.
Das Cockpit ist modern gestaltet und logisch aufgebaut. Der freistehende Touchscreen (fünf, sieben oder acht Zoll) über der Mittelkonsole neigt sich leicht dem Fahrer zu. Qualitativ zeigen Schalter, Tasten,
Drehregler und Oberflächen keine Schwächen. Die (optional) beheizten und belüfteten Sitze bieten ausgezeichneten Komfort und Halt. Wer die zahlreichen Infotainment-, Assistenzund Komfortsysteme umfassend nutzen will, muss etwas üben. Es ist alles an Bord – von Android Auto über Apple CarPlay bis zu einer induktiven Ladestation für Smartphones. Nur die Telematik fehlt.
Stressfreies Mitschwimmen
Optional kann der Ceed längs und quer selbstständig einparken und sogar im Stau bremsen, beschleunigen und die Spur halten. Das ist in dieser Klasse top. Der adaptive Tempomat sorgt im Verbund mit dem Spurhalteassistenten für ein entspanntes und stressfreies Mitschwimmen im Verkehr, was sich vor allem bei langen und langweiligen Strecken auf Autobahnen als segensreich erweist. Das System erkennt sogar Querverkehr und bremst im Notfall für Fußgänger. Auf dem Weg zum autonomen
Fahren sind diese Technologien unverzichtbar – und beim Kia Ceed schon ziemlich ausgereift, wie sich auf ersten Testfahrten zeigte.
Die Motoren können zwar nicht ganz mit der sportlichen Stinger-Optik mithalten, sind aber für eine Kompaktlimousine völlig ausreichend. Drei Benziner (110, 120 und
140 PS) und zwei Diesel (115 und
136 PS) stehen zur Wahl, wobei der neue 1.4-Turbobenziner mit 140 PS am besten zu passen scheint. Zusammen mit dem Sieben-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe lässt sich der Ceed damit sportlich bewegen, wobei der Bordcomputer – nach zwei entspannten Fahrstunden über hügeliges Land und auf Autobahnen –
7,8 Liter Durchschnittsverbrauch meldete.
Der ebenfalls neu entwickelte 1.6Liter-Diesel (136 PS) gibt sich nicht ganz so spritzig, dafür kommt er unter vergleichbaren Bedingungen mit
5,6 Litern aus. Der sparsamste Diesel mit 115 PS wird in die Effizienzklasse
„A+“eingestuft und sollte mit einem
50-Liter-Tank locker 1000 Kilometer schaffen. Automatikgetriebe sind nur für die beiden stärksten Benziner und Diesel zu haben. Sämtliche Motoren entsprechen der Abgasnorm Euro 6d-Temp, das heißt, auch mit den Dieselaggregaten läuft man vorerst nicht Gefahr, aus Städten ausgesperrt zu werden.
Hohes Maß an Sicherheit
Seine Agilität und seine sportlichen Qualitäten darf der Ceed bei der Fahrvorstellung auf dem Autódromo Internacional do Algarve in Portimao unter Beweis stellen. Bei 70 km/h das Steuer ruckartig herumreißen, um einem Hindernis auszuweichen, bringt das Auto selbst bei ausgeschaltetem ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) nicht aus der Fassung. Lenkung, Fahrwerk und Dämpfer sind für extreme Belastungen ausgelegt, was nicht zwingend zu einer sportlichen Fahrweise verleitet, aber – im Zusammenspiel mit all den elektronischen Helferlein – für ein hohes Maß an Sicherheit sorgt. Mit einer 17 Zoll großen Sportbereifung macht’s sogar Spaß, den Ceed auf der Rennstrecke durch die Kurven zu jagen.
Die Motoren drehen erstaunlich leise, auch Windgeräusche sind bis
130 km/h kein Störfaktor, wohl aber die Abrollgeräusche. Auf dem groben Asphalt portugiesischer Autobahnen nervt das Gebrumme gehörig. Womöglich liegt’s an den Reifen, denn Unebenheiten nimmt das sportlich abgestimmte Fahrwerk keineswegs krumm.
Geht es nach Produktmanager Steffen Michulski, wird der neue Ceed für Kia wieder zum meistverkauften Automobil in Deutschland. Diesen Rang hatte er nahezu zehn Jahre inne, bevor ihm im Zuge der SUV-Euphorie der Sportage diesen
2017 ablief. Nach den ersten Bildern zu urteilen, könnte die Shooting-Brake-Version dem Ceed den nötigen Drive zum Champion verleihen.