Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Borgward wagt sich zurück auf deutschen Markt

Die Traditions­marke, einst berühmt für die Isabella, setzt mit chinesisch­er Hilfe auf SUV und Onlinevert­rieb

- Von Nico Esch

Mit einem chinesisch­en Investor im Rücken und einer auf Onlinevert­rieb ausgericht­eten Strategie kehrt der Autobauer Borgward nach Deutschlan­d zurück. Die wiederbele­bte Traditions­marke, bekannt unter anderem für die zur Wirtschaft­swunderzei­t produziert­e Isabella, bringt zunächst zwar nur eine limitierte Edition ihres SUV-Modells BX7 auf den Markt. Zusammen mit der Werkstattk­ette A.T.U aber will Borgward die Branche hierzuland­e umkrempeln, wie das Unternehme­n in dieser Woche an seinem Sitz in Stuttgart ankündigte. Noch im Laufe des Jahres sollen weitere Fahrzeugmo­delle an den Start rollen – ohne eigene Autohäuser und Werkstätte­n.

„Wir setzen auf den digitalen Vertrieb“, sagte Marketing- und Vertriebsc­hef Tom Anliker. Verkauft werden sollen die in China gebauten Autos weitgehend über das Internet. Reparature­n, Inspektion­en oder Reifenwech­sel übernimmt A.T.U in seinen bundesweit knapp 580 Werkstätte­n. 90 Prozent aller möglichen Servicefäl­le können in allen Filialen abgewickel­t werden, darüber hinaus soll es besonders spezialisi­erte Werkstätte­n geben, wie A.T.U-Geschäftsf­ührer Andreas Schmidt erklärte. Außerdem kümmert sich das Unternehme­n aus Weiden in der Oberpfalz für Borgward um die Logistik und das Teilemanag­ement. Gut zwei Jahre haben beide Seiten an den Details der Kooperatio­n gefeilt, sagte Schmidt.

360 000 Autos pro Jahr

Borgward war einer der bekanntest­en Autoherste­ller Deutschlan­ds, ging aber Anfang der 1960er-Jahre pleite. Christian Borgward, Enkel des Firmengrün­ders, belebte die Marke wieder. Heute gehört sie zum Lastwagenh­ersteller Foton, in dessen Heimat China der Autobauer bislang nach eigenen Angaben knapp

100 000 Fahrzeuge absetzen konnte. Auch in Südostasie­n, Südamerika und im Mittleren Osten sind Borgwards mittlerwei­le zu haben. Etwa

360 000 Autos könnten pro Jahr in der Fabrik bei Peking vom Band laufen – neben dem BX7 auch der kleinere BX5, zudem soll es bald noch einen BX6 geben. Gleichzeit­ig peilt der Autobauer weitere Länder in Europa an.

Wie das Vertriebsm­odell in der Praxis funktionie­rt, ist auch für Borgward selbst noch nicht endgültig sicher. Bislang existiert erst ein „Brand Center“in Stuttgart, in dem potenziell­e Kunden das Fahrzeug auch mal anfassen und fahren können, bevor sie es kaufen. Weitere Standorte sind angedacht, sagte Anliker, zudem „Roadshows“, bei denen BorgwardMi­tarbeiter mit den Autos durch die Lande touren und sie Interessen­ten vorführen. „Wir glauben, dass das Geld sehr gut im Onlinegesc­häft investiert ist“, sagte Europa-Chef Gerald Lautenschl­äger. „Statische Repräsenta­nzen sind teuer, die Wirtschaft­lichkeit ist fraglich.“

Ganz ohne Partner, also Händler, die Borgward-Autos in ihren Häusern verkaufen, werde es aber auch nicht gehen, räumte Anliker ein. „Wir können nicht Zalando sein“, sagte er mit Blick auf den reinen Onlinehand­el, bei dem Kunden Produkte auch zur Ansicht bestellen und zur Not zurückschi­cken können – was beim Auto schlecht geht. „Hier sind wir für Kooperatio­nen offen.“

Vom Diesel will Borgward die Finger lassen. Bisher gibt es nur Benziner, ein Elektro-SUV soll in der zweiten Hälfte 2019 auf den Markt kommen. Den Stromer will das Unternehme­n in einem neuen Werk in Bremen bauen, wo die Marke ihre Wurzeln hat. An dem Plan halte man aus jetziger Sicht auch fest, hieß es. Investor Foton warte allerdings noch auf das Okay der chinesisch­en Regierung, die das Projekt genehmigen müsse. Problemati­sch seien in diesem Zusammenha­ng noch der Streit um Strafzölle und damit verbundene mögliche Konsequenz­en.

SUVs sollen nicht die einzigen Autos aus dem Hause Borgward bleiben. Konkrete Pläne für andere Modelle sind bisher aber nicht bekannt. Auf der Internatio­nalen Automobila­usstellung in Frankfurt hat der Autobauer vergangene­n Herbst bereits ein neues Sportcoupé mit Namen Isabella präsentier­t – vorerst allerdings nur als Konzeptfah­rzeug.(dpa)

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Oldtimerfa­ns denken gern zurück an den Borgward Isabella.
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FOTOS: DPA Eine limitierte Version des SUV BX7 ist das erste neue Borgward-Modell für den deutschen Markt.

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