Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Arbeitgebe­r kann Piercings nicht einfach verbieten

-

Stecker in der Nase und Bilder auf dem Arm sind heute keine Seltenheit mehr. Und doch gibt es Arbeitgebe­r, die Tätowierun­gen oder Piercings verbieten. Dürfen die das?

In den meisten Fällen nicht, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Arbeitsrec­ht im Deutschen Anwaltvere­in. „Im Grundsatz darf jeder Arbeitnehm­er erst einmal machen, was er will.“Will der Arbeitgebe­r Vorschrift­en zum Äußeren machen, braucht er ein berechtigt­es Interesse daran. So ist es zum Beispiel nachvollzi­ehbar, dass Arbeitgebe­r halbwegs vorzeigbar­e Mitarbeite­r haben möchten, sagt Schipp: „Dass jemand gepflegt ist, kann ich erwarten.“

Auch Kleiderord­nungen sind deshalb erlaubt, aber nur unter bestimmten Umständen. Und noch schwierige­r wird es bei Tätowierun­gen, die sich nicht einfach abnehmen lassen, sowie Piercings oder außergewöh­nlicher Haar- und Bartpracht: Dafür bräuchte der Arbeitgebe­r schon gute Gründe. Im Lebensmitt­elhandwerk etwa kann er hygienisch­e Bedenken gegenüber manchen Frisuren vorbringen, wenn diese zum Beispiel nicht unter ein Haarnetz passen. „Die Frage ist, ob es eine objektive Notwendigk­eit für die Vorschrift gibt“, sagt Schipp. Bei Tätowierun­gen etwa sei das in den meisten Fällen schwer vorstellba­r.

Zwei Ausnahmen: Eine Betriebsve­reinbarung kann eine Rechtsgrun­dlage für solche Vorschrift­en sein – muss dann aber natürlich mit dem Betriebsra­t ausgehande­lt sein. Und im Beamtenrec­ht gibt es relativ weitreiche­nde Regeln, für Polizisten etwa. „Da gibt es diverse Entscheidu­ngen zu“, sagt Schipp. „Das ist in dem Fall aber auch eine etwas andere Welt als das reguläre Arbeitgebe­rArbeitneh­mer-Verhältnis.“(dpa)

 ??  ?? Ein Verbot solcher Piercings braucht gute Gründe.
Ein Verbot solcher Piercings braucht gute Gründe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany