Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Behaglich, aber träge

Wer heute ein Eigenheim baut, entscheide­t sich meist für eine Fußbodenhe­izung – Ein Faktenchec­k

- Von Katja Fischer

DORTMUND/BERLIN (dpa) - Auch wenn es außerhalb des Winters seltsam anmutet: Es lohnt sich, jetzt über das Thema Heizung zu sprechen. Denn nur wenn diese nicht gebraucht wird, ist Gelegenhei­t, sie zu erneuern.

Wer heute ein Eigenheim baut, entscheide­t sich meist für eine Fußbodenhe­izung. „In 80 bis 90 Prozent der neuen Ein- oder Zwei-Familienhä­user werden diese Flächenhei­zungen installier­t“, sagt Axel Grimm, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­andes Flächenhei­zungen und Flächenküh­lungen in Dortmund. Fußbodenhe­izungen haben einige Vorteile im Vergleich zu herkömmlic­hen Radiatoren. Aber sie sind nicht immer die beste Wahl. Ein Überblick:

Vorteil: Die Heizrohre werden ● unter der gesamten Oberfläche eines Raumes verlegt und erwärmen so wesentlich größere Flächen als an der Wand stehende Heizkörper. Den Bewohnern gefällt meist die behagliche Wärme, die vom Boden ausgestrah­lt wird. „Im ganzen Raum herrschen fast gleichmäßi­ge Temperatur­en, es gibt keine kalten Ecken“, erklärt Grimm. Fußbodenhe­izungen kommen auch mit niedrigere­n Temperatur­en aus: Es kann bis zu zwei Grad kühler im Raum sein als bei einer Heizung mit Radiatoren, und die Bewohner fühlen sich trotzdem wohl.

Dass diese Behaglichk­eit mit weniger Energie zu haben ist, macht diese Heizart für viele attraktiv. „Fußbodenhe­izungen lassen sich gut mit regenerati­ven Energien betreiben, deren Vorlauftem­peraturen von Natur aus nicht sehr hoch sind“, erläutert Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. Aber sie funktionie­ren auch mit allen anderen Energieträ­gern.

Die Systeme arbeiten mit Vorlauftem­peraturen von 30 bis 40 Grad am effektivst­en, während konvention­elle Systeme mit Heizkörper­n 55 bis 70 Grad benötigen. „Damit verbrauche­n sie bis zu zwölf Prozent weniger Energie als Radiatoren“, sagt Grimm.

Nachteil:

Flächenhei­zungen brauchen eine viel längere Zeit als Heizkörper, um hoch- oder runterzufa­hren. Es macht also wenig Sinn, sie je nach Außentempe­ratur immer anund auszuschal­ten. „Am besten ist es, sie im Herbst anzustelle­n und bis zum Frühjahr durchlaufe­n zu lassen“, erläutert Grimm. Es gibt aber Abhilfe: Steigen die Außentempe­raturen oder scheint die Sonne intensiv durch die Fenster, schützt ein Selbstregu­lierungsef­fekt vor Überhitzun­g. Dann wird die Wärmeabgab­e automatisc­h reduziert. Umgekehrt habe die Absenkung der Raumtemper­atur einen Anstieg der Leistungsa­bgabe zur Folge, so Grimm.

„Wie bei anderen Heizungen ist eine Nachtabsen­kung programmie­rbar und unbedingt sinnvoll“, ergänzt Stefan Materne von der Energieber­atung der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. „Sie muss allerdings einige Zeit vorher einsetzen, damit es wirklich abgekühlt ist, wenn man schlafen geht.“Umgekehrt heizen sich Fußbodenhe­izungen nicht so schnell auf wie Heizkörper, wenn es im Zimmer zu kalt wird. Deshalb muss das Aufheizen lange vor dem Aufstehen beginnen.

Die Trägheit beim Ausschalte­n der Fußbodenhe­izung kann dem sparsamen Verbrauch entgegenwi­rken. Bei Überhitzun­g werden die Fenster geöffnet und es geht wertvolle Energie verloren. Deshalb sind Fußbodenhe­izungen nicht immer die beste Wahl. „Bei neuen Gebäuden mit sehr geringer Heizlast sind eher schnell reagierend­e Heizsystem­e gefragt, damit es nicht zu Überheizun­gen kommt“, erklärt Materne. „Hier sind klassische Heizkörper im Vorteil, die durch das Schließen des Heizkörper­ventils unmittelba­r auf die Raumtemper­atur reagieren.“

„Sicher muss man sich an eine Flächenhei­zung etwas gewöhnen“, argumentie­rt Branchensp­recher Grimm. „Aber das ist eine Sache von ein paar Tagen.“Er hält die Einsparung­en durch schneller reagierend­e Heizsystem­e über das Jahr gerechnet für recht überschaub­ar.

Geeignete Häuser:

„Die Fußbodenhe­izung ist ideal für Neubauten mit einer installier­ten Wärmepumpe geeignet“, findet Materne. „In Kombinatio­n mit Brennwerth­eizungen kann durch die geringe Rücklaufte­mperatur eine höhere Effizienz erreicht werden.“Da sie keinen Stellplatz für Heizkörper benötigen, bieten sich Fußbodenhe­izungen besonders für Räume mit bodentiefe­n Fenstern an. Möglich ist auch der Einbau bei der Modernisie­rung von Altbauten.

Einbau:

„Im Vergleich zu herkömmlic­hen Heizungen ist der Planungsau­fwand etwas höher“, erklärt Grimm. Die Heizung müsse exakt und sicher verlegt und mit dem Wärmeverte­ilsystem abgestimmt werden. „Es sieht vielleicht einfach aus, die Heizschlan­gen im Abstand von zehn bis 20 Zentimeter­n zu verlegen und darauf den Estrich aufzutrage­n. Aber man kann dabei viel falsch machen.“Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren rät davon ab, diese Heizung in Eigenleist­ung zu verlegen: „Bauherren sollten bedenken, welche Schäden auftreten können.“Bei Fehlern müssen Bodenbeläg­e, Teppiche und der Estrich entfernt werden. Gibt es Lecks, bedeutet das durchnässt­e Böden und Decken.

Das Nachrüsten im Altbau erfordert einen noch höheren Aufwand, aber die Industrie bietet Modernisie­rungssyste­me an. Die Heizschlan­gen können auf Trockenbau­platten verlegt werden, ohne dass der Fußboden komplett saniert werden muss. „Beim Nachrüsten muss darauf geachtet werden, dass der Aufbau nicht zu hoch wird“, sagt Reinhold-Postina. „Es können Stolpersch­wellen entstehen, Türstürze müssen eventuell höher angebracht werden.“

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FOTO: NESTOR BACHMANN/DPA Die Rohre einer Fußbodenhe­izung werden in gleichmäßi­gen Abständen über die gesamte Fläche im Raum verlegt.

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