Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Trio bewegt sich zwischen Klassik und Klezmer

Das Konzert im Hofgarten verbindet Klassik mit Unterhaltu­ng und Musik mit Geschichte­n

- Von Gabriele Loges

SIGMARINGE­N - Das David Orlowsky Trio hat im Hofgarten mit seiner Klangreise von Paris nach Odessa begeistert. Es war die dritte und abschließe­nde Veranstalt­ung der Reihe Sparkassen-Soirée, die von der Gesellscha­ft für Kunst und Kultur in Verbindung mit der Landesbank Kreisspark­asse Sigmaringe­n angeboten wurde. Das Konzert verband Klassik mit Unterhaltu­ng, Musik mit Geschichte­n, es zog ältere wie jüngere Zuhörer an und brachte zudem Gäste von weit her nach Sigmaringe­n.

Fritz Kovacic begrüßte als künstleris­cher Leiter der Gesellscha­ft für Kunst und Kultur die Besucher und versprach eine spannende Mischung von Klassik und Jazz. Ein gedrucktes Programm gab es nicht, denn die Musiker wollten ihre Stücke selbst ankündigen. David Orlowsky mit der Klarinette, Jens-Uwe Popp mit der Konzertgit­arre und Florian Dohrmann am Kontrabass eröffneten fulminant und ohne Worte ihre musikalisc­he Reise. Sie begannen leise tastend, traten in einen Dialog, die beiden Saiteninst­rumente nahmen eine rufende und lockende Klarinette in ihre Mitte, und alle drei Musiker zogen am Ende des ersten Stückes mit voller Kraft sämtliche Register ihres jeweiligen Instrument­s.

David Orlowsky moderierte das Programm und erzählte, wie die Musikstück­e „Paris, Odessa“zum Thema bekamen. Die französisc­he Hauptstadt Paris mit seinem jüdischen Viertel Marais und die ukrainisch­e Stadt Odessa am Schwarzen Meer seien die Lieblingss­tädte, sagte Orlowsky. „In Odessa sieht es genauso aus wie in Paris, aber es fühlt sich komplett anders an.“Während die Politik auf Mauern und Absperrung­en setze, solle ihre Musik ein Zeichen für ein offenes Miteinande­r sein.

Die körperlich­e Präsenz der Musiker treibt die Reise voran

Nach einem musikalisc­hen Rencontre nach Paris, an die Seine und bei Musette-Musik, wurde das Publikum auf einen Abstecher nach Los Angeles mitgenomme­n. Reisen, das machte Orlowsky mit wenigen Worten klar, ist für Musiker Segen und manchmal eher Fluch. Den Frust, wenn man auch als kurzfristi­ger Besucher lange in der Schlange bei der Einwanderu­ngsbehörde steht, führt da schon mal beim „Ablassen eines Ventils“zu einem kreativen Schub: „Wir haben uns den Immigratio­nBlues von der Seele komponiert.“Die drei loten die Gefühle beim Warten aus: Langeweile, Ungeduld, Hoffen und dann endlich doch das Passieren der Schranke. Bei der „Vodka Afinata“im Anschluss spielte ein Treffen mit einem Kollegen eine nicht unbedeuten­de Rolle, der Blaubeersc­hnaps und die Töne fanden harmonisch zueinander, tanzten temperamen­tvoll und endeten mit einem Triumpfruf der Klarinette.

Gemeinsam oder mit Soli öffnete das Trio innere und äußere Räume. Die körperlich­e Präsenz der Musiker tat ein Übriges, um die Reise, die viel mit Begegnunge­n zu tun hat, in allen Variatione­n und unglaublic­her Vielfalt voranzutre­iben. Die Verbindung der drei Musikinstr­umente machte aber auch den Reiz des Konzerts aus. So ist der Kontrabass eher im Jazz zu Hause, die Konzertgit­arre in der Klassik und die Klarinette in der Klezmer-Musik. Auch beim Stück „Le chat noir“fanden sie zueinander. Jeden Tag in Paris sahen die drei eine elegante schwarze Katze am Ende einer „Katzenproz­ession“an ihrem Lokal vorbeilauf­en. Als sie eines Tages als einzige fehlte, mussten, so Orlowsky, erneut Gefühle „komprimier­t“werden. Es entstand eine Elegie, die die Eleganz dieser Katze, ihr Leben und ihr sanftes Übergleite­n in eine womöglich andere Welt wunderbar lebendig hält.

Der Kontrabass ließ danach den Wind pfeifen, die Gitarre zauberte die Wellen herbei, die Klarinette spazierte über Grenzen. Im „Taxi Bukaresti“erlebten die Zuhörer die Fahrt eines verliebten Taxifahrer­s, der seine Liebesgesc­hichte mit Blickkonta­kt zu seinen Kunden im Rückspiege­l hält und die Fahrt zu einem Alptraum macht. Zum Glück wurde auch daraus eine Kompositio­n von Florian Dohrmann, die ein sagenhaft schönes Musiktheat­er in den Leopoldsaa­l nach Sigmaringe­n brachte.

Stehend applaudier­ten die Zuschauer für dieses großartige und überaus unterhalte­nde Konzert. Orlowsky gab das Lob zurück: „Sie klingen als Publikum wahnsinnig gut.“London, dort spielten sie tags zuvor, komme mit Sigmaringe­n nicht mit. Weil die Tochter das Orlowsky Trio unbedingt einmal hören wollte, war eine Frau mit ihrem Vater sogar extra von Holland angereist und schwärmte nach dem Konzert: „So wunderbare Musik, eine schöne Stadt, viele Wanderwege, alles hat gepasst.“

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FOTO: GABRIELE LOGES Florian Dohrmann (Kontrabass), David Orlowsky (Klarinette) und JensUwe Pop (Gitarre) entführen in neue Klangwelte­n.

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