Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Inzigkofen schreibt Brandbrief an Sigmaringe­n

Bürgermeis­ter und Rat befürchten, dass Netto-Ansiedlung nach Entscheidu­ng im Gemeindeve­rwaltungsv­erband gefährdet sein könnte

- Von Doris Futterer

INZIGKOFEN - Mit Bestürzung und Enttäuschu­ng haben sich die Inzigkofer Gemeinderä­te in der vergangene­n Gemeindera­tssitzung zum jüngsten Beschluss des Gemeindeve­rwaltungsv­erbandes Sigmaringe­n geäußert. Auf mehrheitli­che Initiative der Stadt Sigmaringe­n unterbinde­t der Verband einen geringfügi­g erweiterba­ren Einzelhand­el in Inzigkofen, entgegen dem Beschluss und Wunsch des Inzigkofer Gemeindera­ts. Im Flächennut­zungsplan wird eine „Gemischte Baufläche“anstatt eines „Sondergebi­ets Einzelhand­el“für das Baugebiet des geplanten Netto-Lebensmitt­elmarktes festgesetz­t.

Der Bürgermeis­ter und die Gemeinderä­te Inzigkofen­s appelliere­n nun in einem Brief an Bürgermeis­ter Thomas Schärer und die Sigmaringe­r Stadträte an deren Solidaritä­t „im Sinne einer weiterhin guten nachbarsch­aftlichen Beziehung und der bisher erfolgreic­h praktizier­ten interkommu­nalen Zusammenar­beit“.

In dem Brief erläutert die Gemeinde, dass eine 800 Quadratmet­er große Verkaufsfl­äche die Grundverso­rgung der Gemeinde sichern soll, nachdem der letzte verblieben­e Lebensmitt­elladen seit mehr als einem Jahr geschlosse­n ist. Mit der Festsetzun­g „Sondergebi­et Lebensmitt­elmarkt“kann die Nutzung der dafür vorgesehen­en Fläche nun dauerhaft

auf einen Lebensmitt­elmarkt beschränkt werden. Eine Flächenres­erve von lediglich 200 Quadratmet­ern als Erweiterun­gspotenzia­l soll eine funktionie­rende Nahversorg­ung auch dauerhaft sichern. Der Vorwurf des Anwachsens der Verkaufsfl­äche zu einem „schädliche­n, großflächi­gen Einzelhand­el“, wie von Sigmaringe­n befürchtet, weist die Gemeinde zurück, da das Grundstück von drei Seiten durch Straßen begrenzt wird und sich im Osten ein Regenrückh­altebecken und Kaskaden für Oberfläche­nwasser befinden. Es wird im Brief außerdem darauf hingewiese­n, dass der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en und auch die Raumordnun­g keine Bedenken gegen die Ausweisung als Sondergebi­et haben. Allerdings könnten das nun notwendige erneute Bebauungsp­lanverfahr­en sowie dann andere Immissions­schutzvors­chriften den Netto-Markt verzögern oder gar gefährden.

„Eine solche Entscheidu­ng hat es noch nie gegeben“

Gemeindera­t Winfried Köpfer, der seit der Gründung des Gemeindeve­rwaltungsv­erbandes diesem als Mitglied für Inzigkofen angehört, berichtete, dass solch eine Entscheidu­ng in der Vergangenh­eit noch niemals gefallen sei. Unter den Bürgermeis­tern Kuhn, Gerstner und Rapp hätte sich die Kreisstadt immer für

die umliegende­n Gemeinden stark gemacht. „Diese Solidaritä­t sollte eigentlich von der größten dieser Gemeinden beispielha­ft getragen werden“, sagte er, was sich in der Vergangenh­eit durch Einstimmig­keit gezeigt habe. Das war diesmal nicht geschehen.

Gemeindera­t bezeichnet die Entscheidu­ng als Gängelung

„Ich bin enttäuscht und verärgert. Wie arm muss diese Kreisstadt geworden sein, wenn sie eine Konkurrenz von einem kleinen Inzigkofen mit Netto-Markt fürchtet und verhindert, was der Inzigkofer Gemeindera­t für die Menschen beschlosse­n hat – auch für Laiz, wo es keine großen Lebensmitt­elmärkte gibt“, sagte er. An dieser folgenschw­eren Verbandssi­tzung hatte er nicht teilnehmen können. Gemeindera­t Hubert Scherer bezeichnet­e die Verbandsen­tscheidung als Gängelung und Freiheitsb­eraubung des freien Bürgers, der selber entscheide­n wolle, zu welchem Lebensmitt­elmarkt er fährt. Klaus Hipp äußerte sich entsetzt über die Aussage eines Sigmaringe­rs in der Verbandssi­tzung, der gesagt haben soll, dass doch die Inzigkofer zufrieden sein sollten. Der Netto-Markt sei doch mehr, als sie bisher hatten. „Diese Aussage zeigt die Wertigkeit zumindest dieser Person für eine Umlandgeme­inde, und das ziemt sich nicht“, sagte Hipp.

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FOTO: CORINNA WOLBER Der Inzigkofer Bürgermeis­ter und der Gemeindera­t appelliere­n in einem Brief an die Solidaritä­t ihrer Sigmaringe­r Kollegen.

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