Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Elektrifizierung könnte teuer werden
Der Landkreis rechnet mit Kosten in Höhe von mindestens 29,2 Millionen Euro.
SIGMARINGEN - Der Kreis will sich von „Stuttgart 21“nicht abhängen lassen und hat deswegen ein Signal zur Elektrifizierung der Zollernalbbahn auf dem Teilstück zwischen Albstadt und Sigmaringen gesetzt: Nachdem das Land das betreffende Teilstück in den vordringlichen Bedarf (zweite von drei Prioritätsstufen) seines Elektrifizierungskonzepts aufgenommen hat, aber sich nicht selbst an den Planungen beteiligt, haben die Kreisräte des Umwelt-, Kultur- und Schulausschusses am Dienstag die Kreisverwaltung damit beauftragt, in die Vorplanungen einzusteigen – vorausgesetzt, der Kreistag stimmt dem am 23. Juli ebenfalls zu. Im schlimmsten Fall, ohne die Beteiligung Dritter, könnte den Kreis die Elektrifizierung des Teilstücks bis Albstadt 29,2 Millionen Euro kosten.
Der Kreis wird nun mit beteiligten Akteuren Gespräche führen. Nächste Schritte sind laut Landrätin Stefanie Bürkle Elektrifizierungsworkshops zum betreffenden Streckenabschnitt. Außerdem geht es dann an die Grundlagenermittlung und Vorplanung mit Kostenschätzung. Erst dann gibt es für den Kreis Klarheit bei den Kosten.
Die Baukosten variieren je nach Schätzung
Die Kreisverwaltung hat sich aber schon mal ausgerechnet, was auf sie zukommen könnte: Die Baukosten werden vom Land mit mindestens einer Million Euro pro elektrifiziertem Kilometer angegeben, für das 28 Kilometer lange Teilstück zwischen Sigmaringen und Albstadt wären dies 28 Millionen Euro, wovon auf Sigmaringer Kreisgemarkung 18,117 Kilometer entfallen.
Auf Grundlage eines vom Kreis in Auftrag gegebenen Gutachtens rech- net der Kreis aber mit höheren Baukosten – zwischen 52 und 65 Millionen Euro. Für Planungskosten würden nochmal 25 Prozent der Baukosten fällig.
In der Vergangenheit kamen bei vergleichbaren Projekten 60 Prozent der Baukosten vom Bund, 20 vom Land und 20 von den Kommunen. Der Kreis rechnet daher im schlimmsten Fall mit 13 Millionen Euro Anteil an den Baukosten, hinzu kämen, wenn kein anderer Partner mitfinanziert, 16,3 Millionen Euro Planungskosten. Die Finanzierung hängt zudem noch von einem Förderprogramm des Bundes ab, zu dem noch keine Eckpunkte vorliegen. „Wir müssen die Hand, die uns das Land reicht, ergreifen“, appellierte Landrätin Bürkle an die Kreisräte un- ter Berücksichtigung der „hohen monetären Auswirkungen“.
Die Elektrifizierung soll laut Angaben des Landes bis 2025 umgesetzt werden, um die Anbindung an Stuttgart zu sichern und nicht im Dieselloch zu verschwinden. Ansonsten gäbe es keine direkte Zugverbindung mehr nach Stuttgart. Laut Landrätin Stefanie Bürkle würde eine Fahrt von Sigmaringen dann mehr als zweieinhalb Stunden dauern, was unmittelbare Auswirkungen auf Pendler und hier ansässige Unternehmen hätte.
Indes planen die Landkreise Reutlingen und Tübingen sowie der Zollernalbkreis und die Städte Reutlingen und Tübingen in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Neckar-Alb seit 2008 die Umsetzung des Regionalstadtbahnkonzepts Ne- ckar-Alb, das die Elektrifizierung der Strecke Tübingen-Albstadt vorsieht. Die Elektrifizierung der Strecke Sigmaringen-Albstadt ist somit als Lückenschluss zu verstehen.
Donautalbahn soll nicht vergessen werden
Die Strecke der Donautalbahn zwischen Sigmaringen, Herbertingen und schließlich bis Aulendorf ist von den aktuellen Planungen vorerst nicht betroffen – das Teilstück wurde vom Land unter der dritten Kategorie „Langfristiger Bedarf/ fahrzeugseitige Elektrifizierung“kategorisiert, soll aber laut Landrätin trotzdem nicht vergessen werden. Der Kreis wolle seine Ziele schrittweise erreichen und schließt auch den Einsatz alternativer Antriebsmodelle nicht aus. Bürkle sei im Gespräch mit einem Unternehmen im Bereich der Hybridtechnologie, dass seine Fahrzeuge vielleicht ab 2021/2022 im Kreis testen wird. Die Fraktionen waren von der Wichtigkeit der Maßnahme überzeugt. Kreisrat Wolfgang Sigrist (CDU) bezeichnete das Vorhaben als „Infrastrukturmaßnahme der Zukunft“und bat, auch die Strecke bis Aulendorf nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Klaus Kubenz (Freie Wähler) sagte, die Chance dürfe sich der Kreis nicht entgehen lassen. Auch Richard Gruber (SPD) befürwortete die Maßnahme trotz der „gewaltigen Kosten“. „Man spürt, dass die Sache von Ihnen persönlich mit Nachdruck verfolgt wird“, lobte Helmut Bussmann (Grüne) die Landrätin.