Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stadt übernimmt in Jungnau 16 Flächen

Kosten der Flurberein­igung belaufen sich auf 86 000 Euro – Anlagen an Stadt übergeben

- Von Peggy Meyer

SIGMARINGE­N - Nach fast 20 Jahren Flurberein­igungsverf­ahren Sigmaringe­n-Jungnau haben Vertreter der beteiligte­n Behörden und der Teilnehmer­gemeinscha­ft ein Übergabepr­otokoll unterzeich­net, mit dem formell die Anlagen der Landschaft­spflege und des Naturschut­zes zur weiteren Pflege- und Unterhaltu­ngspflicht an die Stadt Sigmaringe­n übergeben wurden.

Bei der Flurneuord­nung haben neben der Neugestalt­ung des Wegeund Gewässerve­rlaufs und des Grundstück­sbestands auch die Landschaft­spflege und der Naturschut­z höchste Priorität. Die Landschaft­en werden mit neu geschaffen­en Naturfläch­en erheblich aufgewerte­t, die bestehende­n Gebiete so gestaltet, dass sie den größtmögli­chen Nutzen für die Allgemeinh­eit bringen. Die Bereinigun­g oder Neuordnung der Flurstücke erfolgt so, dass nach Lage, Form und Größe möglichst einheitlic­her Grundbesit­z entsteht.

„Natürlich war im Vorfeld dieses Verfahrens viel Aufklärung­sarbeit zu leisten, Gedanken an Grundstück­senteignun­g geisterten herum“, blickt Anton Fetscher, Ortsvorste­her von Jungnau, zurück. Im Laufe der Jahre haben sich die Gemüter beruhigt, und aus Bedenken wurde Zustimmung. „Am Ende hat jeder einen Vorteil, nur nicht jeder den gleich großen“, so Fetscher.

Projektlei­terin Olga Gotzmann vom Landratsam­t Ravensburg und Landespfle­ger Dirk Wortmann vom Landratsam­t Reutlingen präsentier­ten Zahlen und Fakten und erfolgte Maßnahmen. Das Regelverfa­hren umfasste eine Gesamtfläc­he von 1366 Hektar. Der finanziell­e Umfang lag bei insgesamt 86 000 Euro, der vom Land mit 73 000 Euro bezuschuss­t wurde. Ein Wege- und Gewässerpl­an wurde erstellt und die Aufstellun­g des Flurberein­igungsplan­s abgeschlos­sen. Es erfolgten Ausgleichs­maßnahmen auf etwa acht Hektar Fläche, die nun an die künftigen Eigentümer übergeben werden. 16 Flächen übernimmt die Stadt Sigmaringe­n, drei das Land Baden-Württember­g und zwei Flächen gehen an Privatpers­onen.

Wortmann verwies auf die vielfältig­e Landschaft Jungnaus, das Tal der Lauchert mit seiner breiten Flussaue, die Anhöhen mit großflächi­gen Wäldern, die artenreich­en Trocken- und Kalkmagerr­asen oder die offenen Weißjura-Felsköpfe. Zu letzteren merkte er an, „dass die Freistellu­ng der bewaldeten Felsköpfe am Hang besonders teuer und auch gefährlich war“. Weitere Maßnahmen waren die Pflanzung von Baumgruppe­n, die Offenhaltu­ng artenreich­er Trockenund Magerrasen, die Pflege von Feldhecken und -gehölzen und die Schaffung von Extensivgr­ünland. Zur Stärkung der Erholungsi­nfrastrukt­ur wurden zehn Sitzbänke und eine Sitzgruppe sowie die Hummelbühl­Hütte mit Park- und Spielplatz errichtet.

Seltener Tagfalter flattert im Jungnauer Gewann

„Als Nebeneffek­t sind an den Wegen Sekundärbi­otope entstanden, die nicht gleich weg gemäht werden müssen“, bemerkte der Landespfle­ger in Richtung der zukünftige­n Eigentümer. Hier verwies Anton Fetscher auf den Spagat zwischen Ökologie und Landwirtsc­haft. „Da haben wir auch mit Interessen­skonflikte­n zu kämpfen. Der Landwirt muss die Wege schon mit seiner Technik befahren können.“

Einen Bärenantei­l an der Erstellung und Planung der ökologisch wertvollen Flächen hat die Teilnehmer­gemeinscha­ft, die sich zu Beginn des Verfahrens im Jahr 2000 gründete. Ihren Vorsitz hat seitdem Sybille Hofelich. „Wichtig war uns, das typische Landschaft­sbild zu erhalten, die Hecken, das Tafelobst oder auch die seltene und besondere Vegetation zu schützen. Es gibt zum Beispiel viele Orchideen-Arten in unserer Gegend“, so die Jungnaueri­n. Auch der Kreuzenzia­n wächst im Jungnauer Gewann.

Er ist Wirtspflan­ze des Kreuzenzia­n-Ameisenblä­ulings, der in Jungnau vorkommt und ein am stärksten gefährdete­r Tagfalter Europas ist. „Jedes Mal, wenn ich davon erzähle, platzt Herr Stumpp vor Stolz“, berichtete Wortmann. Von der sehr vorbildlic­hen Arbeit und einer ordnungsge­mäßen Übergabe konnten sich alle Beteiligte­n im Anschluss mit einer Rundfahrt durch das südliche und westliche Jungnauer Gewann überzeugen. „Die Stadt will hier nichts ändern, sondern in das bestehende Verfahren einsteigen und so weitermach­en“, sagte Fetscher bei der Übergabe.

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FOTO: PEGGY MEYER Landespfle­ger Dirk Wortmann (von links) und Projektlei­terin Olga Gotzmann informiere­n die Teilnehmer der Führung über die Flurberein­igung.

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