Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sigmaringe­n kann auch rotweiß kariert

112 Sigmaringe­r Kroaten fiebern dem WM-Finale gegen Frankreich entgegen

- Von Theresa Gnann

SIGMARINGE­N - Auch wenn die Deutschen längst raus sind, das WM-Fieber ist in Sigmaringe­n noch nicht vorbei. „Nach dem Halbfinale am Mittwoch haben wir bis halb fünf gefeiert“, sagt Renato Cibok. Der Kroate führt seit drei Jahren das Gasthaus Bären an der Sigmaringe­r Burgstraße. Dort zeigt er im hinteren Teil der Wirtschaft alle WMSpiele. Eine große Kroatien-Flagge hat Cibok über den Fernseher gehängt. „Aber dass ausgerechn­et die Kroaten so weit kommen, das hätte ich nie gedacht“, sagt er.

30 Franzosen wohnen laut Einwohnerm­eldeamt in Sigmaringe­n. Kroaten sind es sogar 112. Dazu gehört auch Matej Babogredac von der Eisdiele Dolomiti. „Nach dem Spiel gegen Argentinie­n war für mich klar: Jetzt ist alles möglich“, sagt er. 2:1 wird das Spiel am Sonntag ausgehen, tippt Babogredac deshalb – für Kroatien natürlich. „Unsere Mannschaft spielt auf hohem Niveau und vor allem mit Herz. Das wird den Unterschie­d ausmachen.“Außerdem habe man mit den Franzosen noch eine Rechnung offen: „So eine Niederlage wie vor 20 Jahren im Halbfinale, die passiert kein zweites Mal.“

In dieser WM hat der Gastronom noch kein Kroatien-Spiel verpasst. Wenn ein Spiel in die Öffnungsze­iten seiner Eisdiele fällt, baut er versteckt unter dem Tresen seinen Laptop auf. So wird das auch beim Finale am Sonntag sein. „Wenn die Gäste das trotzdem mitbekomme­n, ist es auch nicht schlimm. Die meisten freuen sich, dass wenigstens wir Kroaten bei der WM erfolgreic­h sind“, sagt er. Milijenko Ledic von der Weinstube Engel will das Spiel am Sonntag ganz gemütlich zu Hause schauen. „Zum Glück haben wir sonntags Ruhetag.“

Von Stammgäste­n hat er zum Finaleinzu­g ein paar Silvesterr­aketen geschenkt bekommen. „Die werden am Sonntag abgeschoss­en, da bin ich mir ganz sicher“, sagt der gebürtige Sigmaringe­r mit kroatische­n Wurzeln. Er fühle sich deutsch und kroatisch, fiebere am Sonntag aber natürlich mit Kroatien mit. „Die kroatische Mannschaft hat Blut geleckt. Jetzt kommt die Revanche für 1998.“

Etwas vorsichtig­er ist da die Prognose des früheren Engel-Wirts Mato Erdeljac: „Ich hoffe, dass Kroatien gewinnt“, sagt der gebürtige Kroate, der seit 49 Jahren in Sigmaringe­n sagt Matej Babogredac. lebt. „Aber die Franzosen sind auch gut.“Zum Spiel am Sonntag will er sich eine Flasche Rotwein aufmachen. „Aber keinen Franzosen, einen Württember­ger“, sagt Erdeljac augenzwink­ernd.

Renato Cibok vom Gasthaus Bären will am Sonntag mit seinen Gästen feiern, egal wie das Spiel ausgeht. „Kroatien mit seinen vier Millionen Einwohnern ist so ein kleines Land. Ein WM-Finale ist eine Sensation für uns, egal ob wir es am Ende gewinnen.“

Beim Halbfinale am Mittwoch seien unter seinen Gästen auch sechs Franzosen gewesen, erzählt er. Nach Abpfiff hätten die gesagt: „Merde, jetzt geht’s gegen Kroatien, jetzt haben wir ein Problem.“Zum Finale am Sonntag hätten sie trotzdem wieder einen Tisch bei ihm im Bären reserviert. Cibok freut sich, dass sie kommen und witzelt: „Ich habe eine Extraporti­on Taschentüc­her gekauft.“

„So eine Niederlage wie vor 20 Jahren, die passiert kein zweites Mal“,

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FOTO: THERESA GNANN Der Kroate Renato Cibok lädt auch am Sonntag wieder zum Public-Viewing in das Gasthaus Bären ein.

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