Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schüler begeistern mit einem intensiven Spiel
Theater-AG des Gymnasiums führt „Die Welle“und „Geschlossene Gesellschaft“auf
ENNETACH - Spannend, aber auch beklemmend: Die Schauspieler der Theater-AG des Gymnasiums Mengen haben mit ihrem Stück „Die Welle“eine großartige Leistung geboten. Besonders anspruchsvoll war das andere Stück des Abends im Bürgerhaus Ennetach, „Geschlossene Gesellschaft“. Regie führte bei beiden Stücken Kalliopi Karra. Die jungen Schauspieler gingen beim Stück „Die Welle“ganz und gar in ihren Rollen auf, das war zu spüren. Ihr Spiel war sehr intensiv: Da wirft schon einmal der impulsive Schüler Brad (Karl Geiger) einen Stuhl im Klassenzimmer um oder piesackt seinen Mitschüler Robert (Felix Prochnow). „Der hat höchstens einen IQ von knapp über der Zimmertemperatur“, höhnt Brad.
Als der Lehrer (Jakob Siegl) über die Gräueltaten des Nationalsozialismus spricht, interessiert das seine Schüler nicht besonders. Er startet ein Experiment: Er gründet mit seinen Schülern die Bewegung „Die Welle“. Die Schüler müssen auf einmal gerade sitzen, dem Lehrer kurze, militärische Antworten geben, eine Armbinde tragen – und dann geschieht das Sonderbare: Den Schülern gefällt es, in der Masse aufzugehen und ihre Individualität quasi abzugeben. Besonders augenfällig wird das an Schüler Robert.
Zu Beginn ist er noch der schüchterne Hinterbänkler, der von Brad gemobbt wird. Dann wird er jedoch zum selbstbewussten und akzeptierten Mitglied der „Welle“und schwingt sich gar zum Leibwächter des Lehrers – den die Schüler nun als ihren Führer bezeichnen – auf. Das Experiment gerät außer Kontrolle. Die Schüler identifizieren sich total mit der Welle, es kommt zu Gewalt gegen Andersdenkende. Eine Schülerin der Klasse (Jana Kuchelmeister) steht dem Experiment skeptisch gegenüber und veröffentlicht einen kritischen Artikel in der Schülerzeitung – ihre Mitschüler sind außer sich vor Wut. Es macht sich eine Atmosphäre der Gemeinschaft, aber auch der Ausgrenzung und der Gewalt breit an der Schule. „Ich weiß, ich bin zu weit gegangen. Ich habe mich mitreißen lassen“, gesteht sich der Lehrer ein. Am Ende löst er die Bewegung auf: Es ist ein Auszug aus einer Hitler-Rede im Bürgerhaus zu hören, und der Lehrer hält seinen Schülern danach vor, dass aus ihnen „gute Nazis“geworden wären. Die Schüler sind ihrer sinnstiftenden Gemeinschaft namens „Die Welle“beraubt und verlassen wütend die Bühne.
Publikum spendet viel Beifall
Das Publikum im Bürgerhaus war nach der Vorstellung begeistert, die Schauspieler bekamen viel Applaus und es gab Bravo-Rufe. Besonders gefiel Jakob Siegl als Lehrer, er spielte seine Rolle mit beeindruckender Ruhe und großer Souveränität. Auch Felix Prochnow spielte glaubhaft den fanatischen Schüler Robert, glänzend agierte Karl Geiger in seiner Rolle. Auch die weiteren Darsteller Lea Maas (Doppelrolle als Schülerin und Ehefrau des Lehrers, die ihren Mann schon zu einem frühen Zeitpunkt vor dem Experiment warnt), Teresa Kuchelmeister (Schulleiterin), Anna Rink (Schüler David), Hanna Binder, Jana Kuchelmeister und Samuel Herdt (weitere Schüler) überzeugten in ihren Rollen auf ganzer Linie.
Ein ganz anderes Stück ist „Geschlossene Gesellschaft“. Es ist allein wegen der schwierigen Thematik kein Stück wie die Welle, das einen sofort in seinen Bann zieht. Es ist intellektuell anspruchsvoll, es stammt aus der Feder des französischen Existenzialisten Jean-Paul Sartre. Die vier Schauspieler schafften es aber, den schwierigen Stoff gekonnt auf die Bühne zu bringen. LisaMarie Stiblo überzeugte als zynische Inès, Nicole Gammel als berechnende Estelle und Jakob Heim als verzweifelter Journalist, Franziska Mayer wiederum beeindruckte als arroganter Kellner.
Die Hölle ist anders, als die drei es sich vorgestellt haben: es ist zwar warm bis heiß, doch es gibt keinen Folterknecht. „Der Folterknecht ist jeder von uns, für die beiden anderen“, stellt Inès fest. In der Folge zeigt sich, wie das gemeint ist: Inès begehrt Estelle, doch die will nichts davon wissen. Auch Garcin und Estelle kommen nicht zusammen. Die Hölle besteht nun darin, dass alle drei in ihrer Unerfülltheit und Schuld auf ewig zusammengepfercht sind. Es gibt keinen Ausweg. Als die drei erkennen, was „Ewigkeit“in diesem Zusammenhang bedeutet, bleibt ihnen das Lachen im Halse stecken.